Neustifter Bauernmarkt:Tüten ade

Neustifter Bauernmarkt: Der ausrichtende Verein will mit der umweltfreundlichen Alternative zur Müllreduzierung beitragen.

Der ausrichtende Verein will mit der umweltfreundlichen Alternative zur Müllreduzierung beitragen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Abwaschbar, wiederverwertbar und knallgrün ist der neue Beutel, mit dem sich Marktbesucher jetzt sehen lassen können. Der Verein Neustifter Freitagsmarkt hatte an seine Kunden schon lange appelliert, auf Plastiktüten zu verzichten.

Von Anna Dreher, Freising

Die aussterbende Art flattert im Wind, völlig hilflos. Mitten auf dem Kirchenvorplatz St. Peter und Paul in Neustift. Aufgehängt an einem großen Metallhaken, damit möglichst viele Exemplare auf möglichst kleinem Raum drauf passen. Sie kleben aneinander, manche sind schon ein bisschen ausgefranst. Schön sieht das nicht aus, aber niemand kümmert sich darum. Eigentlich will sie hier ja auch niemand mehr haben. Eigentlich sollen auch diese Exemplare ganz verschwinden, aber man wird sie halt so schwer los, die Plastiktüten - auch auf dem Neustifter Freitags-Bauernmarkt.

Fritz Schüller zeigt mit dem Finger auf einen der Gemüsestände. Dorthin, wo ein Bündel von ihnen an der Wand hängt. Gerade legt eine Kundin einen Salatkopf, eingepackt in eine Plastiktüte, in ihren Korb. Daneben liegt ein eingeschweißtes Stück Fleisch. "Mei, was soll man machen?", sagt Schüller, "ganz bekommst die Tüten halt auch nicht weg. Aber wir wollen ein Bewusstsein für den Umgang damit schaffen und vielleicht finden wir irgendwann eine Möglichkeit, ganz darauf zu verzichten." Schüller ist Mitglied im Verein Neustifter Freitagsmarkt, der den Markt 1993 gegründet hat und ihn seitdem betreut. Damals hätten sich nur die wenigsten Gedanken über zu viel Plastik gemacht, sagt Schüller, aber das habe sich mit den Jahren geändert, seit das Problem immer größer werde.

Die Weltmeere sind mit Milliarden von Plastikteilchen verseucht

Das Problem, von dem Schüller spricht, ist fast so groß wie Europa. Er hat es im Fernsehen gesehen, es sah ziemlich bedrohlich aus. Und obwohl dieses riesige Problem weit weg von Neustift ist, war es auf einmal ganz nah. "In einer Dokumentation im Fernsehen haben sie Bilder davon gezeigt: In den Weltmeeren gibt es ganze Inseln aus Plastik, die sich durch Strömungen bilden. Die Fische nehmen das alles beim Fressen auf", sagt Schüller. "Und wir vergiften uns dann beim Essen mit unserem eigenen Müll und sind bei den ganzen Plastiktüten, die benutzt werden, auch noch selbst dran schuld."

Neustifter Bauernmarkt: Einmal Gemüse mit Tasche, bitte! Auf dem Freitags-Bauernmarkt in Neustift bekommen Kunden zu ihrem Einkauf keine Plastiktüten mehr.

Einmal Gemüse mit Tasche, bitte! Auf dem Freitags-Bauernmarkt in Neustift bekommen Kunden zu ihrem Einkauf keine Plastiktüten mehr.

(Foto: Marco Einfeldt)

Zumindest im Kleinen wollte der Verein versuchen, daran etwas zu ändern. Seit Jahren sprechen die Mitglieder mit Kunden und Standbesitzern, doch weitgehend auf Plastiktüten zu verzichten. Seit dieser Woche sieht dieser Appell auch noch schön aus und jeder Kunde des Bauernmarktes kann auf besondere Art und Weise mitmachen - für 1,20 Euro. Wer nicht schon selbst einen Korb oder eine Stofftasche mitbringt, kann so trotzdem auf Plastik verzichten und die eigens entworfene Tasche des Neustifter Marktes kaufen, an jedem Stand. Die Marktleute weisen explizit darauf hin, dabei sind sie ohnehin kaum zu übersehen: Knallgrün mit einem Logo vorne drauf, abwaschbar, standfest. Und das Wichtigste: wiederverwendbar.

1,20 Euro kosten sie, "und schick sind die Taschen auch noch"

Der Auftakt der Aktion zur Müllreduzierung kommt gut an. "Das ist ja eine super Idee! Und schick sind die Taschen auch noch, kann ich auch so eine haben?", fragt eine Frau und zupft Fritz Schüller am Ärmel. "Aber gerne doch!" Schüller hat an dem aus einer Bierbank provisorisch aufgebauten Verkaufsstand kaum eine ruhige Minute. Immer wieder kommen Marktbesucher und wollen eine Tasche. Nach einer halben Stunde sind schon über 100 Stück verkauft, der Kirchenvorplatz ist jetzt grün gepunktet. Insgesamt wurden 2000 Taschen produziert. Sobald diese vergriffen sind, werden neue bestellt.

Auch Georg Sturm, Marktsprecher in Neustift, hat schon einige verkauft. "Das ist eine tolle Sache, dass ein kleiner Markt das so angeht. Neustift ist da schon Vorreiter", sagt der Gärtnermeister. "Bei uns kommen die Kunden leider nicht ganz ohne Plastiktüte aus, bei Schnittsalat oder Sauerkraut geht es leider nicht anders. Ich habe aber das Gefühl, dass die Marktbesucher hier schon versuchen, Plastik zu vermeiden." Zumindest an diesem Freitag gibt ihm der Augenschein Recht: Die meisten Leute auf dem Kirchenvorplatz haben einen Korb oder eine Tasche in der Hand, während sie an den Ständen darauf warten, bedient zu werden.

"Wir sind froh, dass das so gut ankommt. Die Idee dazu hatten wir ja schon lange", sagt Heinz Hofmann, Vereinsvorstand des Bauernmarktes, der mit Fritz Schüller zusammen die Taschen verkauft. Ein Bekannter läuft an ihnen vorbei, eine Plastiktüte mit Äpfeln in der Hand. "So geht das aber nicht", rufen ihm die beiden hinterher. Er lacht entschuldigend. Eigentlich soll auch dieses Exemplar verschwinden, aber man wird sie halt so schwer los, die Plastiktüten - auch auf dem Neustifter Freitags-Bauernmarkt.

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