Kärgliches Salär:Ein armer Tropf

Schullehrer haben in früheren Jahrhunderten sehr oft am Hungertuch genagt

Lehrer zu sein, das ist heutzutage ein angesehener Beruf. Und obwohl manche Pädagogen auch in der Gegenwart über ihr Salär klagen mögen: In früheren Zeiten nagten die Dorfschullehrer tatsächlich sehr oft am Hungertuch. Josef Brückl, selbst Lehrer, verfasste dazu in einer Ausgabe der Zeitschrift "Amperland" 1965 einen Beitrag mit dem Titel "Der Schulmeister - ein armer Tropf". Darin fragt er in die Runde, welche Kollegen denn noch um die soziale Not ihrer Vorgänger, den Schulmeistern, wüssten. Dabei zitiert er den Schriftsteller Ludwig Thoma, der die Dorfschullehrer auf einer Rangskala gerade noch über dem fahrenden Volk einstufte.

Brückl schildert in seinem Aufsatz das Leben des Stanislaus Franziskus Kellner aus Zolling. Der ist in dem damals acht Höfe umfassenden Dorf-Organist und Schulmeister zugleich. Er stellte 1739 ein Bittgesuch an den Freisinger Fürstbischof, weil er um seine Existenz fürchtet. Er klagt über das "harte, neidvolle und mitleidslose Bauernvolk", das für Totenmessen oder Hochzeiten, zu denen er in der Kirche aufspielen müsse, kaum bezahlen wolle. Was die Schulhaltung betreffe, könne er kaum vom Schulgeld leben. "Diesen Betrag muss ich noch mit Ungestüm erzwingen." Die Eltern versorgten zuerst ihre Rinder, dann ihre Kinder. Im Winter besuchten nur wenige Schüler den Unterricht. Die Eltern wollten oder könnten das Schulgeld nicht zahlen.

1756 klagt er darüber, dass sein armseliges Häuslein so baufällig sei, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohne. Der Verwalter der Zollinger Hofmark, Freiherr von Schleggendorf, bat beim Fürstbischof für den Schulhalter. Dieser bewilligte als Unterstützung zehn Gulden aus den "Zollinger Pfarrgeldern". Mit dieser Summe, der Unterstützung der Nachbarn und des Grafen von Lodron, der Baumaterial spendete, baute Kellner sein Häuslein wieder auf.

Um den ärgsten Hunger stillen zu können, sorgte des Schulmeisters Frau dafür, dass die einzige Kuh in ihrem Besitz genügend Futter erhielt. Sie graste die Feldraine ab, was ihr allerdings eine Anzeige einbrachte: Sie habe im Haferfelde eines Bauern unberechtigt gegrast und dabei Schaden angerichtet. Dafür musste sie 60 Pfennig Strafe zahlen. Der Schulmeister forderte am Ende tatsächlich seinen kargen Verdienst mit "Ungestüm" ein. Er verprügelte zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn einen Wirtssohn aus Freising und einen Knecht, die nicht zahlen wollten.

1766 bat Kellner als 80-jähriger Greis den Fürstbischof im Schuldienst verbleiben zu dürfen, den er 42 Jahre lang versehen habe. Der Dorfpfarrer wolle ihn wegen seines hohen Alters vom Dienst absetzen, was ihn sein Einkommen koste. Er bat deshalb den Fürstbischof seine jährlichen Einkünfte von 36 Gulden behalten zu dürfen, "damit er mit seinem gleichfalls alten Weibe nicht vollends zugrunde gehen muss". Schließlich erbarmt sich die Gemeinde Zolling und gewährt ihrem alten Schulmeister das Gnadenbrot.

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