Kabarett:Flache Witze

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Comedian Abdelkarim gastiert im Lindenkeller und lässt erahnen, dass er es eigentlich besser könnte

Von Florian Beck, Freising

Wer am vergangenen Freitag den Aufstieg hinauf durch den lauen Frühlingsabend in den rappelvollen Lindenkeller wagte, der durfte sich auf Abdelkarim freuen, den immer etwas grimmig wirkenden Marokkaner, der sicherlich dem einen oder anderen aus der Heute Show, der Sendung Die Anstalt oder sogar noch von TV Total ein Begriff sein dürfte. Man sieht ihn dort vor allem in witzigen, fünfminütigen Einspielern oder kurzen Soli. Er macht recht flache, politisch meist inkorrekte Witze, benutzt Wörter wie "Kanake" und das Publikum lacht Tränen. Das geht auf, das macht Spaß. Das reicht aber nicht für ein fast zweistündiges Abendprogramm - möchte man meinen.

Das Publikum am Freitag hat ebenfalls Tränen gelacht und zwar nicht zu knapp. Und das trotz der Tatsache, dass Abdelkarim an seiner Masche so gut wie nichts geändert hat. Er reiht endlos zwei- bis dreiminütige Anekdoten von Zivilpolizisten, die natürlich immer ihn, den auffälligen Marokkaner kontrollieren, seinem Freund Ali, der sich zum Kleidungskauf Einkaufszettel schreibt und von typischen Migrantenklischees aneinander. Eine Grundstruktur fehlt dem Programm leider komplett. Dem Publikum gefällt all das - es johlt, es lacht, es verschluckt sich fast und man hört es nach der Vorstellung an allen Ecken Abdelkarim über den grünen Klee loben: Er zeige seine Klasse, weil er gleich zweimal Anspielungen aus dem ersten Teil nach der Pause wieder aufgriff. Er sei einfach so ein guter Kabarettist, da könnten alle anderen einpacken.

Doch das, was Abdelkarim macht, ist kein Kabarett. Das ist Comedy, am Anfang gemischt mit ein bisschen Stand-up. Von den annähernd zwei Stunden widmet er zehn Minuten dem Thema Integration, allerdings nur, um auf einen Freund, der im Bamf, dem Bundesamt für Migration, arbeitet und der zur besseren Verständigung nur "Assi-Deutsch" spricht, überzuleiten. Das steht symbolisch für den ganzen Abend. Es scheint immer wieder durch, dass Abdelkarim es durchaus besser, politischer, bissiger könnte - aber er will offenbar nicht. Abdelkarim füllt lieber die Reihen und hält es dafür etwas seichter. Weniger Michael Mittermeier, mehr Mario Barth. Es kommt einem so vor, als wären der Großteil seiner Fans schüchterne Menschen, die sich gerne hin und wieder mit politischer Inkorrektheit konfrontieren lassen und immer, wenn Wörter wie "Kanake" fallen, zwanghaft anfangen zu lachen. Das ist zwar schade, aber für Abdelkarim funktioniert es. Insgesamt hinterlässt es dennoch einen leicht faden Beigeschmack, wenn die schönste Erinnerung an den Abend wohl die sein wird, wie man sich während der viertelstündigen Pause bei angenehmen Temperaturen im Stadtcafé-Biergarten eine Kugel Obazda genehmigt hat.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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