Juwel im Münchner Norden:Neuer Name, altes Ziel

Schmetterlings-Rundgang mit dem Bund Naturschutz in München, 2014

Garchinger Heide und Mallertshofer Holz sind Lebensräume für seltene Pflanzen und Tiere wie den Schachbrettfalter.

(Foto: Florian Peljak)

Der Managementplan für "Natura 2000" sieht in der Garchinger Heide und dem Mallertshofer Holz genau das vor, was der Heideflächenverein seit Jahren tut. Landwirte befürchten trotzdem Einschränkungen

Von Klaus Bachhuber, Eching

Der Eremitenkäfer oder die kleinen Blüten der Finger-Kuhschelle hinterlassen nicht die spektakulärsten Eindrücke. Und "naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien" werden so schnell wahrscheinlich auch keine Touristenziele. Für Naturfreunde und unter ökologischen Aspekten aber sind die Relikte der Heidelandschaft um Eching und Neufahrn nicht weniger als "ein Juwel", schwärmt Elmar Wenisch von der oberbayerischen Bezirksregierung immer wieder, das naturschutzfachlich "ein wichtiger Kernbaustein" für ein europäisches Naturnetz ist. Deshalb sind die "Heideflächen und Lohwälder nördlich von München" nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) vom Land Bayern und der Europäischen Union als europäisches Naturerbe unter exponierten Schutz gestellt.

Was heißt das im Detail, im Umgang mit dem Rasen und dem Käfer, worauf müssen Anlieger achten, worauf Spaziergänger und worauf die Behörden, die auf "Natura 2000" verpflichtet sind? Für jedes dieser Gebiete in Bayern gibt es einen Managementplan und den hat die Bezirksregierung nun in zwei Etappen vorgestellt und diskutiert; zunächst am Dienstag in Oberschleißheim für die südlichen Gebietsteile an der Landeshauptstadt und am Donnerstag in Eching für die Garchinger Heide und das Mallertshofer Holz. Während die Pläne für die Fröttmaninger Heide und die Flächen, die seit jeher weitgehend in öffentlicher Hand sind, am Dienstag komplett ohne Kontroversen durchdekliniert wurden, gab es im bäuerlich geprägten Umfeld der Garchinger Heide durchaus argwöhnische Blicke im Publikum. Weit über ein Dutzend Landwirte aus Eching, Garching und Neufahrn artikulierten ihre Bedenken: Schon wieder eine neue Flächenreglementierung! "Dürfen die Landwirte ihre Felder, die an "Natura 2000" angrenzen, weiter konventionell bebauen?", fragte Martin Steininger vom Gut Neuhof zwischen Eching und Unterschleißheim. "Wenn irgendwo ein ökologischer Pufferstreifen angelegt wird, müssen wir mittlerweile zum Pufferstreifen noch einen Pufferstreifen einhalten", klagte Albert Biersack aus Garching. Mit derartiger Überreglementierung würde "ein Keil zwischen Landwirtschaft und Naturschutz getrieben". Genau den wollte Wenisch tunlichst vermeiden. Der gigantische Nachfragedruck auf landwirtschaftliche Flächen komme nicht vom Naturschutz, erinnerte er, sondern von Siedlungsexpansion und Verkehrsflächen. "Wir beide sind dann immer die letzten, die gefragt werden", sagte er den Landwirten, daher müsse man gemeinsam Positionen vertreten. "Das Problem der Landwirte ist nicht der Naturschutz", betonte auch Jörg Steiner vom Landratsamt Freising.

Zum Erhalt des europäischen Naturerbes der Heide brauche es "ein breites, übergreifendes Bündnis", sagte Steiner, konkret bringe "Natura 2000" den Anrainern aber keine zusätzliche Reglementierung, "gute landwirtschaftliche Praxis" sei das einzige Anforderungsprofil. Der Managementplan für das Schutzgebiet, der ausführlich vorgestellt wurde, verpflichtet Eigentümer oder Pächter zu nichts, lediglich verschlechtern darf sich der Zustand des Gebiets nicht. "Günstiger Erhaltungszustand" ist die Formel, die "Natura 2000" anstrebt. Dahinter zurück darf ein Eigentümer das Gebiet nicht verkommen lassen. Für Aufwertungen oder die Umsetzung konkreter Detailprojekte aus dem Maßnahmenplan sind die Naturschutzbehörden zuständig, die entsprechende Programme umsetzen.

Der Plan lässt sich griffig bündeln: Der Magerrasen muss regelmäßig beweidet oder zur Not gemäht werden. Standortuntypische Arten, die sich nur durch jahrzehntelange Überdüngung des Bodens halten können, sollen reduziert und keinesfalls verbreitet werden. Beweidung durch Schafe, Ziegen oder Pferde ist zu fördern. Und für den Eremiten-Käfer, übrigens auf der "Roten Liste" in Deutschland als stark gefährdet eingestuft, werden Bäume markiert, die als seine Lebensräume erhalten werden.

Generell bringt der Managementplan wenig Neues. Als Unikum in der bayerischen "Natura"-Landschaft sei in der Heide "die Umsetzung dem Plan schon voraus", freute sich Anne Meyer von der Regierung. Der Heideflächenverein Münchner Norden, ein kommunaler Verein aus fünf Anliegerkommunen plus München, betreut seit Jahrzehnten die meisten Teile des FFH-Gebiets. Echings Bürgermeister Sebastian Thaler nannte die Schutzstellung jetzt trotzdem "wegweisend". Eching und der Heideflächenverein seien sehr erfreut über die Aufwertung. Elmar Wenisch lobte das Engagement der Kommunen. Sie seien "sehr gut beraten, vor den Toren Münchens dafür zu sorgen, dass die natürliche Ausstattung erhalten bleibt".

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