Jugendpolitik:Wählen gehen

Auch die Jugendorganisationen der Parteien im Landkreis Freising bereiten sich auf die kommende Bundestagswahl im Herbst vor und umwerben die Erst- und Jungwähler

Von Julia Kitzmann, Freising

Knapp sechs Monate sind es noch bis zur Bundestagswahl im September. Eine besondere Zielgruppe der Parteien beim Kampf um Wählerstimmen sind wieder die Erst- und Jungwähler. In der Stadt Freising werden es nach einer ersten Schätzung allein um die 1900 junge Bürger sein, die bei dieser Wahl ihre Stimme abgeben dürfen, so Christl Steinhart, die Pressesprecherin der Stadt. Dass möglichst viele junge Leute wählen gehen, dafür kämpfen nicht zuletzt die Jugendorganisationen der verschiedenen Parteien. Doch wie wollen sie selbst Gleichaltrige ansprechen? Und welche Möglichkeiten für ein politisches Engagement bieten sie interessierten Jugendlichen

Welche Jugendparteien gibt es?

Im Landkreis sind mit der Jungen Union Freising (JU), den Jusos Freising, den Jungen Liberalen Freising-Pfaffenhofen (JuLis) und der Grünen Jugend Freising (GJ) Jugendorganisationen von vier der fünf im Bundestag vertretenen Parteien aktiv. Als mitgliederstärkste Organisation stellt die Junge Union eigene Ortsverbände. Die Freisinger Linke hat einen Jugendvertreter. Die "Junge Alternative" solle dann erst nach der Bundestagswahl auf Kreisebene gegründet werden, so der stellvertretende AfD-Kreisvorsitzende Johannes Huber.

Mit welchen Themen will man junge Leute im Wahlkampf überzeugen?

Ein Thema treibt alle um: Die Wohnungsnot im Landkreis Freising. Andreas Mehltretter, der Vorsitzende des Kreisverbandes der Jusos und Direktkandidat der SPD für die Bundestagswahl, konstatiert: "Auf der Strecke bleiben vor allem junge Menschen." Der Masterstudent sagt: "Es kann doch nicht sein, dass Auszubildende sich ein Leben in der Region nicht leisten können." Deswegen trete er für eine Mindestausbildungsvergütung ein. Befristete Verträge seien ein weiteres Problem für junge Menschen.

Jugendpolitik: Martin Hauner von der Jungen Union.

Martin Hauner von der Jungen Union.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die JU setze vor allem auf das Schlagwort Generationengerechtigkeit, so Martin Hauner, der Vorsitzende des JU- Kreisverbandes. "Daher möchten wir zum Beispiel betonen, wie wichtig die Schwarze 0 im Haushalt ist. Schulden dürfen nicht auf unsere Kosten gemacht werden." Außerdem seien dabei Fragen von Altersarmut oder Umweltschutz relevant. Marcus Fleischmann, der den JU-Ortsverband Freising leitet, erläutert: "Ein Thema wie Altersvorsorge hört sich erst mal nicht attraktiv an. Aber junge Leute machen sich darüber Gedanken, spätestens beim Start in den Beruf."

Generationengerechtigkeit - das ist für Jens Barschdorf, den Vorsitzenden der JuLis Freising-Pfaffenhofen, ebenfalls ein entscheidendes Thema. Er möchte außerdem "Hemmschwellen" abbauen: "Wir wollen deutlich machen, was es bedeutet, liberal zu sein." Ein Aspekt: Die FDP setze sich für die Legalisierung von Cannabis ein.

Die Grüne Jugend möchte mit klassischen "grünen" Themen wie Umweltschutz, Menschenrechte und Gleichberechtigung punkten. Verena Kuch, die Sprecherin, sagt: "Natürlich wollen wir auf die Folgen des Klimawandels oder der Energiewende eingehen."

Der Jugendvertreter der Freisinger Linken, Simon Pfenninger, meint: "Für junge Leute sind besonders die Themen sichere Arbeit und gute Zukunft wichtig. Hier legen wir das Hauptaugenmerk auf die Abschaffung von Zeitarbeit, einen gerechten Mindestlohn für alle, bessere Bezahlung in der Pflege und Stärkung der Arbeitnehmerrechte."

Huber, der auch Bundestagskandidat der AfD ist, möchte junge Leute vor allem mit der Forderung seiner Partei nach mehr Basisdemokratie gewinnen. "Relevant ist zudem, dass wir Leih- und Werkverträge begrenzen möchten. Die traditionelle Familie wollen wir durch Steuersenkungen stärken." Wer während des Studiums oder kurz danach ein Kind bekommt, solle BAföG später nicht zurückzahlen müssen. Außerdem wolle die Partei das Bachelor-/Master-System abschaffen. Finanziert werden sollten die Pläne durch den Austritt aus dem Euro.

Jugendpolitik: Andreas Mehltretter von den Jusos.

Andreas Mehltretter von den Jusos.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die AfD ist die einzige Partei, die sich - sollte es nicht zu Reformen kommen - für einen Austritt Deutschlands aus der EU oder deren Auflösung in ihrer jetzigen Form starkmacht. Wie hält Johannes Huber es mit dem Austauschprogramm Erasmus, das von der EU finanziert wird? "Daran möchten wir festhalten", meint er. In Zeiten "illegaler Massenmigration" sei gerade für junge Menschen auch die von der AfD ins Spiel gebrachte Leitkultur ein Thema: "Sie brauchen Orientierung in unserer Multi-Kulti-Gesellschaft, die keine Limits kennt und immer mehr zu einer dekadenten Spaßgesellschaft verkommt." Huber ist überzeugt: "Die Leitkultur bietet Halt". Über welche Kanäle wird um junge Wähler geworben?

Alle Jugendparteien haben eigene Facebook-Seiten, über die sie werben wollen. Dem "Wahlkampf der alten Schule" möchten sie aber nicht abschwören. So meint etwa Mehltretter (Jusos): "Die sozialen Medien werden eine wichtige Rolle spielen. Aber für uns Jusos sind auch andere Mittel zentral: Wir werden Materialien verteilen und an Infoständen zu finden sein." Auch für Hauner (JU) ist "Multimedialität", gepaart mit der direkten Ansprache im Umfeld, das Erfolgsrezept. Ähnlich sehen es Kuch (GJ), Pfenninger (Die Linke) und Barschdorf (JuLis).

Verstärkt auf Facebook setzen möchte Huber (AfD). Schließlich sei die AfD "die Facebook-Partei." Er führt aus: "Viele, die für die AfD sind, nutzen Facebook als Plattform." Für ihn steht fest: "Die ganze Fake-News-Debatte und die dagegen erlassenen Gesetze richten sich gegen uns."

Welche Veranstaltungen sind bereits geplant?

"Natürlich machen wir keinen eigenen Wahlkampf, sondern unterstützen unseren Bundestagskandidaten", hält Fleischmann (JU) fest. Aber: "Wir sind nicht nur die Helferfraktion, die Schilder aufhängt oder Informationsstände abbaut." Hauner (JU) erläutert: "Wir wollen Geselligkeit mit Information verbinden. Vor der Landtagswahl haben wir zum Beispiel ein Public Viewing beim Fernsehduell ausgerichtet." Zentral für beide ist es, möglichst viele Jugendliche zu mobilisieren. Die JU veröffentliche deswegen Wahlaufrufe und mache auf die Möglichkeit der Briefwahl aufmerksam. JU, Jusos und JuLis wollen zudem thematische Veranstaltungen ausrichten.

Jugendpolitik: Verena Kuch von der Grünen Jugend.

Verena Kuch von der Grünen Jugend.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wie 2013 möchten die Jugendparteien gemeinsam eine Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten organisieren. Dieses Jahr kooperieren sie mit dem Kreisjugendring. "Dafür werden wir uns bald zusammensetzten", bestätigt Claudia Nertinger, die Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Wie kommt man in Kontakt zu den Jugendparteien?

Interessierte können bei den Stammtischen sowohl der Jugend- als auch ihrer Mutterparteien vorbeikommen, ohne gleich Mitglied werden zu müssen. Die Treffen werden über die Internet- und Facebookseiten angekündigt. Über sie kann auch direkt Kontakt zu den Jugendparteien aufgenommen werden. Eine weitere Möglichkeit ist der Jugendparteienstammtisch, zu dem sie sich mindestens vierteljährig treffen. Ganz konkret: Was hat man davon, wenn man sich in einer Jugendpartei engagiert?

"Wir jungen Leute müssen nicht alles hinnehmen", sagt Fleischmann (JU) mit Entschiedenheit. Mehltretter (Jusos) führt aus: "Oft beginnt die Mitarbeit damit, dass Jugendliche ein lokales Thema bearbeiten wollen. Dazu bieten die regelmäßig stattfindenden Sitzungen und Stammtische die Möglichkeit." Außerdem organisieren die Jugendparteien Veranstaltungen zu politischen Themen: Die JU etwa zur Innenstadtsanierung, die JUSOS zur Trump-Wahl oder die JuLis zur Verlängerung der U6.

Was die Mitarbeit in einer Jugendpartei gegenüber dem Engagement in einer sozialen Bewegung auszeichne, so Martin Hauner (JU), sei der direkte Kontakt zu politischen Amtsinhabern. Bei der JU stehe zudem der Geselligkeitsaspekt im Zentrum: "Es gibt regelmäßig gemeinsame Ausflüge, etwa zum Starkbierfest, in den Bayerischen Landtag oder nach Brüssel." Außerdem führe die JU nicht-politische Veranstaltungen wie die Reihe "Freisinger Geschichte" durch.

Zwar träfen sich die Jusos auch zu gemeinsamen Aktivitäten abseits der Politik, aber ihr Vorsitzender hält fest: "Wir verstehen uns vor allem als politische Organisation."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: