Jugendkorbinian 2012:Bratwurstduft statt Weihrauch

Mehrere Tausend Pilger ziehen wieder bei der Jugendkorbinians-Wallfahrt auf den Freisinger Domberg. Die Jugendliche wünschen sich eine Aufhebung des Zölibats und Frauen als Priester. Und an diesem Tag ist auch Kardinal Marx mal ganz cool.

Birgit Goormann-Prugger

Freising- Es wird ziemlich schnell klar, was sich die Jugend von der katholischen Kirche wünscht, wenn man sie nach ihrer Meinung fragt. "Frischer Wind für die Kirche" nannte die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) dann auch ihr Pinnwand-Konstrukt aus einem offen Fenster und einem Pappkartonhintergrund, auf dem die Jugendkorbinians-Teilnehmer notieren konnten, was sie sich darunter vorstellen. Nämlich, dass "Pfarrer heiraten und Kinder bekommen sollen", dass sich die Kirche ändern muss, weil sie "zu dogmatisch und zu streng ist", dass der Zölibat aufgehoben werden soll und vor allem "Frauen als Priester" und "Frauen in der Kirche", die dann auch etwas zu sagen haben. "Genau!" stand dann noch in einer anderen Schrift hinter dieser Forderung.

"Das ist wirklich ein großes Thema bei uns", bestätigte eine junge Frau, die an diesem Tag am Stand der katholisch Landjugendbewegung mitarbeitete. "Aber erst heute früh in der Kirche hat mir der BDKJ-Diözesanvorsitzender Alois Obermaier versprochen, sie würden daran arbeiten", freute sie sich. Die Jugend hat also die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich auch in ihrer Kirche etwas zum Positiven bewegen kann. Und darum sind sie am gestrigen Sonntag auch wieder zu Tausenden auf den Freisinger Domberg gepilgert, um an der 70. Jugendkorbinians-Wallfahrt teilzunehmen.

Die ersten Pilger kamen schon am Samstagabend. Über 115 Jugendliche hatten sich an der Jubiläumswallfahrt vom Münchner Liebfrauendom zum Freisinger Mariendom beteiligt und hatten tapfer eine Strecke von rund 40 Kilometern zu Fuß hinter sich gebracht. Nur vier Teilnehmer hatten unterwegs schlapp gemacht.

Der Rest hatte sich wie üblich am Sonntag in den frühen Morgenstunden auf den Weg macht. Die Teilnehmer kamen nicht nur von München, sondern auch von anderen Orten aus der Erzdiözese München und Freising, unter anderem aus Rosenheim, Miesbach, Dachau, Fürstenfeldbruck und Ebersberg. Sie alle wollten pünktlich um 8.30 Uhr an der Eucharistiefeier mit Kardinal Reinhard Marx teilnehmen, warm eingepackt, die Isomatte im Gepäck, als Unterlage für das Sitzen auf den kalten Stufen im wie immer überfüllten Dom und gestärkt mit Tee und Kaffee aus dem "Never empty Korbi Cup", den es in der Wallfahrer-Oase gab.

Von Reinhard Marx weiß man jetzt übrigens ganz offiziell, dass ihm seine Arbeit auch richtig Spaß macht. Der Erzbischof hatte es sich nämlich nicht nehmen lassen, am KLJB-Stand auch an der "Ultimativen Interviewaktion ganze ohne Worte" teilzunehmen. Dort konnte man Fragen vor der Kamera, sozusagen per Video-Livestream, pantomimisch beantworten, und Marx reagierte auf die Frage "Ist es cool ein Kardinal zu sein?" ganz lässig mit dem Victory-Zeichen. Klar findet er es auch besser, mit dem Radl unterwegs zu sein, statt mit einer dicken Limousine aus bayerischer Herstellung - der Umwelt zuliebe. Dafür gab es ein dickes "Thumbs up"-Zeichen. Schön auch die Frage "Ist Horst Seehofer ein Traummann?", was von zwei jungen Damen durchaus überzeugend bejaht wurde. Angela Merkel kam hingegen nicht ganz so gut an.

Draußen vor den Zelten beim "Markt der Möglichkeiten" waberten nach dem Gottesdienst statt Weihrauch Bratwurst-Grilldunstschwaden und der Geruch von Sauerkraft über den Domplatz. Pilgern bei drei Grad im Nebel macht hungrig und das kulinarische Angebot war deftig. Nach Kaffee und Tee duftete es in der Wallfahrer-Oase im Kardinal-Döpfner-Haus und auch in der Aula des Dom-Gymnasiums ging es eher heimelig zu. Vor allem im Café "Lyrik-Hopser", in dem man aufgefordert war, eigene Gedichte mitzubringen oder vor Ort im Lyrik-Café zu verfassen. Natürlich hat sich auch die Social-Media-Gemeinde längst einen Platz in der Pilgerschar erobern können und so hieß es auf der Jugendkorbinian-Facebookseite schon um kurz nach halb neun "Die Massen strömen auf den Domberg und die Glocken läuten".

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