Reden wir über:08/15-Architektur in Neufahrn

Reden wir über: 08/15-Architektur in Neufahrn Dokumentarfilmer Dieter Wieland macht sich ein eigenes Bild

08/15-Architektur in Neufahrn Dokumentarfilmer Dieter Wieland macht sich ein eigenes Bild

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Dokumentarfilmer Dieter Wieland macht sich ein eigenes Bild

interview Von Birgit Grundner

Der Dokumentarfilmer Dieter Wieland ("Unser Dorf soll hässlich werden", "Grün kaputt) war in Neufahrn und hat bei einer Veranstaltung des Heimat- und Geschichtsvereins über "Unsere Unfähigkeit Städte zu bauen" gesprochen. Zuvor hat er sich selbst ein Bild gemacht.

SZ: Auf dem Weg hierher sind Sie von Westen gekommen - also über die nicht wirklich attraktive Echinger Straße . . .

Wieland: Sie wird dem Ort eigentlich nicht gerecht. Ich habe mich schon gefragt, warum an der Hauptstraße einmal so viele abweisende Gebäude und 08/15-Architektur entstanden sind. Und ich war begeistert, als ich dann in die Dietersheimer Straße gebogen und zur alten Kirche gekommen bin - dort wollte ich meine Besichtigungstour anfangen, und es war eine andere Welt.

Besonders hat Ihnen wohl das Gebäude-Ensemble um die Kirche gefallen.

Das stimmt. Man muss unbedingt neue Inhalte für das alte Mesnerhaus finden. Das passt so gut zur Kirche und zum Friedhof. Und wenn es hergerichtet wird, gescheite Fenster bekommt und verputzt wird, dann ist es nicht mehr der Schandfleck, als der es jetzt oft wahrgenommen wird. Natürlich kostet das was. Aber es wäre eine Aufwertung des letzten interessanten Ensembles hier.

Die Gegend um die alte Kirche ist der alte Dorfkern - wie gefällt Ihnen Neufahrns heutiges Ortszentrum?

Der Marktplatz ist wahnsinnig eingezwickt von Neubauten, und es ist ein langer Schlauch - ich hätte ihn mir breiter gewünscht. Da ist jetzt aber nichts mehr zu machen. Toll finde ich, dass sich die Gemeinde entschlossen hat, überhaupt einen Marktplatz zu bauen. Enttäuscht bin ich aber, dass dort an einem schönen Abend wie heute so wenige Leute sitzen. Ein Problem ist wohl die Mischung: Eine Fahrschule zum Beispiel hat nichts mit einem Marktplatz zu tun.

In Ihrem Vortrag haben Sie das Wohngebiet am Malerwinkel im Neufahrner Süden angesprochen. Toskana-Villen und Geschosswohnungen, das sei "für a Fünferl a Durcheinand", haben Sie gesagt.

Ich habe das Gefühl, dass Häuser hier eigentlich ausschauen dürfen, wie sie wollen. Man fühlt sich ein bisschen wie in der Fertighausausstellung in Poing.

Und wo haben Sie in Neufahrn positive Beispiele gefunden?

In der Gegend am Auweg und an der Robert-Koch-Straße. Das sieht gut aus, auch die Geschossbauten. Und der Baumbestand dort hat mich begeistert. Sehr schön - geradezu ein Wunder - sind auch die alten Bäume auf dem Grundstück (dem Hagn-Grundstück, Anm. d. Red.) neben dem Ortszentrum. Dass über eine spätere Bebauung auf der dahinterliegenden Wiese nachgedacht wird, finde ich unverantwortlich.

Welchen Rat geben Sie den Neufahrner Gemeinderäten und Planern?

Passen Sie auf das Niveau auf! Was jetzt neu entsteht, muss eine bestimmte Klasse haben. Es geht nicht um Showarchitektur, sondern um schöne Objekte, die in die Landschaft und zu einem lebendigen Neufahrn passen. Neufahrn ist ja lebendig, es hat unheimlich viele Vereine und ist wirklich nicht nur eine Schlafstadt. In den 1960er Jahren wurde auch vieles gut gebaut und bepflanzt. Nur leider ist danach nicht alles gut gelaufen.

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