Integration:Solide Grundlagen für junge Flüchtlinge

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Deutsche Sprache und Pünktlichkeit stehen für Jugendliche in Berufsintegrationsklassen ebenso auf dem Lehrplan wie die Vorbereitung auf die Berufs- und Ausbildungsplatzsuche. Die Schüler sind meist sehr motiviert

Von Luise Helmstreit, Freising

Sie fliehen vor Krieg und den Verhältnissen in ihrem Land und hoffen auf ein besseres Leben in Deutschland. Junge Flüchtlinge können in Freising verschiedene Ausbildungswege gehen, welche Möglichkeiten ihnen offen stehen, hängt jedoch von ihrem Asylstatus ab.

"Bei uns an der Berufsschule bleiben sie in der Regel zwei Jahre lang", erklärt Christine Höfler, Mitarbeiterin der Schulleitung. "Im ersten Jahr geht es in erster Linie um das Erlernen der deutschen Sprache, aber auch um das Kennenlernen des Schulalltags. Unter anderem wollen wir vermitteln, wie wichtig Pünktlichkeit und Anwesenheitspflicht sind." Im zweiten Jahr wird es konkreter für die Besucher der Berufsintegrationsklassen: Sie sollen auf die Berufs- und Ausbildungsplatzsuche vorbereitet werden. "Dabei arbeiten wir eng mit dem Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (BFZ) in Freising zusammen", sagt Höfler. Immer zwei Wochen lang besuchen die Schüler die Berufsschule, die nächsten zwei Wochen nehmen sie an Kursen und Bewerbungstrainings im BFZ teil, um zu lernen, sich im Berufsleben zurechtzufinden. "Wir wollen die Jugendlichen dabei unterstützen, selbst einen Praktikumsplatz zu suchen, und betreuen sie während ihrer Praktikumszeit", sagt Charlotte Schweiger, Koordinatorin für Sprache und Migration des BFZ. "Im Idealfall werden sie von einem der Betriebe dann als Auszubildende übernommen oder finden einen Arbeitsplatz." "Wir müssen auf Holz klopfen", meint Höfler, "bisher ist es ausgesprochen gut gelaufen in den Berufsintegrationsklassen. Die Schüler sind hoch motiviert und herzlich, und die Lehrer kommen gerne zu ihnen. Für geflüchtete Jugendliche hat es einen ganz besonderen Stellenwert, zur Schule gehen zu dürfen."

Die Berufsschule setzt größtenteils auf sogenanntes Teamteaching, bei dem zwei Lehrer gleichzeitig eine Klasse betreuen, so dass auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen eingegangen werden kann. "Das ist nötig in derart heterogenen Klassen", sagt Höfler. "Die Voraussetzungen sind sehr unterschiedlich", findet auch Schweiger, "manche bringen aus ihren Heimatländern fast gar keine schulische Vorbildung mit." Am Ende ihrer Berufsschulzeit hält der Großteil der jungen Flüchtlinge einen Mittelschulabschluss in Händen. "Damit haben sie eine solide Grundlage, um den nächsten Schritt zu gehen", sagt Höfler.

Bei der Aufnahme in eine der Berufsintegrationsklassen achtet die Berufsschule zunächst nicht auf den Asylstatus. "Der ist oft recht undurchsichtig", sagt Höfler. "Immer wieder kommen Schüler eines Tages mit einem Abschiebungsbescheid." An solchen Tagen, meint sie, gebe es kaum Unterricht mehr. Alle seien sehr betroffen. Manche Schüler kämen anschließend noch eine Zeit lang weiter in die Schule, andere nicht. Auf die Mitschüler wirkten solche Fälle unter Umständen demotivierend.

"Wir hatten auch diverse Male junge Leute, die bereits einen Ausbildungsplatz in Aussicht hatten, diesen aber wegen fehlender Arbeitserlaubnis oder drohender Abschiebung nicht wahrnehmen konnten", erzählt Schweiger. An der Berufsschule gibt es insgesamt zehn Berufsintegrationsklassen, weitere vier an der Fachoberschule und drei an der Wirtschaftsschule, sagt Höfler. "Alleine könnten wir das gar nicht bewältigen. Zwischen den einzelnen Schulen besteht ein intensiver Austausch." Flüchtlinge, die nicht zunächst eine Berufsintegrationsklasse durchlaufen haben, hätten es später spürbar schwerer. "Es ist unglaublich, was sie in dieser Zeit alles lernen", sagt Höfler.

Finden die Schüler im Anschluss keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, können sie an der Initiative "Perspektive für junge Flüchtlinge" teilnehmen, die ihnen helfen soll, sich auf dem Arbeitsmarkt zurechtzufinden. Zudem können sie die Angebote der Agentur für Arbeit zu Bewerbung und Berufsorientierung in Anspruch nehmen, die auch allen anderen offen stehen. "Im September dieses Jahres waren über 400 Flüchtlinge im Kreis Freising als arbeitssuchend gemeldet", sagt Kathrin Stemberger von der Agentur für Arbeit. "Viele von ihnen wollen lieber gleich arbeiten, als eine Ausbildung aufzunehmen. Wir versuchen ihnen zu vermitteln, dass eine Ausbildung ein Investment in die Zukunft ist, auch wenn das Ausbildungsentgelt geringer ist als das, was sie anderswo verdienen würden", sagt Stemberger.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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