Innenstadt, Westtangente, Asamkomplex und neue Schule:Schwindelerregende Ausgaben

Innenstadt, Westtangente, Asamkomplex und neue Schule: Blickt Oberbürgermeister Tobias Eschenbach vom Turm der Kirche St. Georg auf Freising, sieht er auch Projekte, die angepackt werden müssen.

Blickt Oberbürgermeister Tobias Eschenbach vom Turm der Kirche St. Georg auf Freising, sieht er auch Projekte, die angepackt werden müssen.

(Foto: Marco einfeldt)

Die Stadt Freising muss in den nächsten zehn Jahren enorme Summen investieren. Fast 230 Millionen Euro. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher rechnet in einem Planspiel vor, wie es funktionieren kann.

Von Kerstin Vogel, Freising

Es sind Summen, bei denen einem schon schwindlig werden kann: 50 Millionen Euro für die Sanierung des Asamkomplexes, 86 Millionen für die Westtangente, 40 für die neue Schule im Steinpark, 30 für das Lerchenfelder Kombibad - und nach aktuellen Zahlen noch einmal 20 Millionen für den Umbau der Freisinger Innenstadt. Fast 230 Millionen Euro an Investitionen in den nächsten zehn bis zwölf Jahren - dagegen nehmen sich die lange umstrittenen sechs Millionen für die neue Eishalle schon fast wie die berühmten Peanuts aus.

Kann eine Stadt wie Freising das überhaupt schultern? Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher glaubt, dass es gelingen kann - auch wenn er einräumt, dass die Situation in Freising schon eine besondere ist. "Ich kenne Kollegen, die bauen in dieser Zeit vielleicht eine große Schule", sagt er: "Bei uns sind das lauter unumgängliche Projekte, die jetzt kumuliert kommen." Warum sich all diese Aufgaben so angestaut haben, kann er nicht sagen. Tatsache ist aber, dass der Stadtrat wohl keine davon wirklich schieben könne.

Die Finanzierung sei nicht utopisch, sagt Eschenbacher

Natürlich müssen all diese Großprojekte nicht ganz allein von der Stadt finanziert werden. Verwaltung und Stadträte haben diverse Zuschusstöpfe im Visier und auch der Haushalt bietet noch die eine oder andere Stellschraube, wie Eschenbacher sagt. Für die Freisinger SZ hat er vorgerechnet, warum die Umsetzung aller Maßnahmen in den kommenden zehn Jahren zwar schwer wird, aber "nicht utopisch ist" - und von den 230 Millionen Euro am Ende eine durchaus zu schulternde Summe übrig bleibt.

Bei diesen Überlegungen handele es sich freilich um ein reines "Planspiel", betont der Oberbürgermeister. Es werde schon äußerst schwierig, den kommenden Haushalt aufzustellen. Je weiter in die Zukunft die Vorhaben reichten, desto schwieriger werde es, die Kosten und andere Faktoren abzuschätzen. Aktuell könne man sich lediglich eine sehr grobe Vorstellung davon machen, "ob die Aufgaben völlig unrealistisch sind, oder eine gewisse Chance auf Verwirklichung besteht".

Das Schwimmbad

Vorhaben: Ein neues Kombibad auf dem Gelände des Lerchenfelder Freibades.

Kosten: geschätzt 30 Millionen Euro.

Geplante Fertigstellung: Herbst 2017.

Dringlichkeitsfaktor: Mittelhoch bis hoch. Das bestehende Freibad könnte zwar noch genutzt werden. Das Hallenbad an der Jochamstraße aber ist marode und bereits notsaniert.

Finanzierung: Das Schwimmbad wird von den Stadtwerken gebaut und bezahlt. Es belastet den eigentlichen Haushalt der Stadt Freising damit nicht. Weil das Kombibad auch als Schulschwimmbad dient, gibt es hier auch Zuschüsse. Deren Höhe ist derzeit allerdings nicht absehbar.

Von der Stadt aufzubringen: 0 Euro - auch wenn natürlich in der Gesamtsituation der Haushalt der Stadtwerke der Stadt zuzurechnen ist.

Die Westtangente

Vorhaben: Bau einer Umgehungsstraße von der Bundesstraße 11 am südlichen Stadteingang nach Vötting zur Staatsstraße 2084.

Kosten: 86 Millionen Euro.

Geplante Fertigstellung: 2019.

Dringlichkeitsfaktor: hoch. Die Befürworter der Tangente versprechen sich von der Umgehungsstrecke eine Entlastung der Freisinger Innenstadt. Da es mit dem Planfeststellungsbeschluss Baurecht gibt und sich die Freisinger 2013 in einem Bürgerentscheid für das Projekt ausgesprochen haben, würde jede weitere Verzögerung die Umsetzung nur teurer machen.

Finanzierung: Der Stadt liegt eine von den Ministern Herrmann und Söder unterzeichnete Zusage vor, derzufolge sich der Freistaat mit 70 Prozent der förderfähigen Kosten am Bau der Straße beteiligt. Der Landkreis Freising zahlt dann die Hälfte der restlichen förderfähigen Kosten. Für die Stadt bleiben damit 17 Millionen übrig, von denen sieben allerdings bereits bezahlt sind, wie Eschenbacher sagt.

Von der Stadt aufzubringen: weitere zehn Millionen Euro (offiziell 17Millionen aus haushaltstechnischen Gründen).

Das Asamgebäude

Vorhaben: Sanierung des vor 300 Jahren erbauten Asamkomplexes in der Freisinger Innenstadt. Umbau in ein vielfältig nutzbares "merkantiles Bürgerzentrum".

Kosten: geschätzt 50 Millionen Euro.

Geplante Fertigstellung: 2020.

Dringlichkeitsfaktor: Sehr hoch. Das Gebäude ist marode, der Dachstuhl muss bereits gestützt werden, erst im Herbst vergangenen Jahres schreckte ein Riss in der Decke des Asamtheaters die Verantwortlichen bei der Stadt auf. Der Oberbürgermeister spricht scherzhaft von einem "Sanierungsstau seit 200 Jahren".

Finanzierung: Hier gibt es viele Unwägbarkeiten, wie Eschenbacher einräumt. Man wisse einfach nicht, wie die neuen Programme der Städtebauförderung aussehen werden. Aufgabe der Stadtverwaltung sei es daher, in diesem Jahr zu klären, wie viel Geld die Stadt aus welchen Töpfen erhalten könne. "Das ist eine echte Fieselarbeit, es gibt Töpfe für Theater, Städtebau, Kultur und so weiter." Als eine Art Verbündeten betrachtet der Oberbürgermeister im Fall der Asamsanierung Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle. Der hatte bei einem Besuch zugesagt, bei der Koordinierung und Sicherung der Zuschüsse behilflich zu sein. Fest steht: Ohne Hilfe wird die Stadt das nicht hinbekommen. Eschenbacher hofft aber auf Zuschüsse von bis zu 15 Millionen Euro, wie etwa beim Augsburger Stadttheater, wo die Zuschüsse sogar noch höher ausfielen.

Von der Stadt aufzubringen: geschätzt 35 Millionen Euro.

Die Schule im Steinpark

Vorhaben: Bau einer Grund- und Mittelschule für das neue Wohngebiet "Steinpark" im Norden der Stadt.

Kosten: 40 Millionen Euro.

Erhoffte Fertigstellung: 2020.

Dringlichkeitsfaktor: Hoch. Der Schulbau ist Pflichtaufgabe der Stadt und der geplante Neubau gilt als Ersatz für die "Sternschule", die in die Jahre gekommen ist und ansonsten saniert werden müsste.

Finanzierung: Für eine Schule gibt es Investitionszuschüsse vom Freistaat. Sie liegen üblicherweise bei etwa 30 Prozent der förderfähigen Kosten. Weil man in Freising aber meistens nach höheren Standards und deshalb etwas teurer baue, rechnet der Oberbürgermeister hier nur mit etwas über 20 Prozent.

Von der Stadt aufzubringen: 30 Millionen Euro.

Die Innenstadtkonzeption

Vorhaben: Umbau der Innenstadt zu einem lebendigen merkantilen Zentrum mit geöffneter Stadtmoosach, Fußgängerzone und hoher Aufenthaltsqualität.

Kosten: 20 Millionen Euro (aktuelle Schätzung).

Geplante Fertigstellung: 2025.

Dringlichkeitsfaktor: Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Freisinger Innenstadt in Teilen bereits in einer Abwärtsspirale befindet. Vor allem an der Oberen Hauptstraße gibt es immer wieder Leerstände, die Mieten sinken zwar noch nicht, aber es drohen entsprechende Konsequenzen, wenn nicht gegengesteuert wird. Außerdem fließt insgesamt zu viel Kaufkraft ins Umland ab - speziell nach München und Landshut, aber auch Städte wie Erding oder Dachau stellen eine Konkurrenz dar. Hier will man mit dem Umbau der Innenstadt gegensteuern, der Oberbürgermeister betrachtet die Maßnahmen daher in erster Linie auch als Wirtschaftsförderung.

Finanzierung: Eschenbacher rechnet für die City vor allem mit Mitteln aus der Städtebauförderung. Deren Höhe ist jedoch völlig offen. Für einzelne Bauabschnitte seien jedoch bis zu 50 Prozent denkbar, wie sich bei den ersten Arbeiten am Platz hinter dem Asamgebäude gezeigt habe. Unter anderem deshalb sei eine flexible Planung so wichtig.

Von der Stadt aufzubringen: 20 Millionen Euro minus x.

Die Schlussrechnung

Läuft also alles wie geplant, muss die Stadt für die anstehenden Großprojekte in den kommenden zehn Jahren also nicht 230, sondern um die 100 Millionen Euro selber aufbringen (minus die Zuschüsse, die es für die Innenstadtkonzeption geben dürfte). Das würde etwa zehn Millionen Euro an Investitionen pro Jahr bedeuten.

Auch in "normalen" Jahren investiere die Stadt Freising fünf bis zehn Millionen Euro, so Eschenbachers Überlegungen - "und wenn es weitergeht wie 2013 und 2014, als die Gewerbesteuern deutlich höher als erwartet ausfielen, dann wird es einfach, sogar ohne Netto-Neuverschuldung." Ein weiterer Posten auf der Haben-Seite ist zudem die ehemalige Stein-Kaserne. Mit dem Gewinn aus dem Verkauf der restlichen Grundstücke dort habe man von Anfang an die Schule finanzieren wollen, so Eschenbacher: "Das war der Plan - und das haut jetzt auch in etwa so hin."

Passieren darf bei einer derart engen Kalkulation in den kommenden Jahren natürlich nichts, dessen ist sich Eschenbacher bewusst. Ausbleibende Zuschüsse oder gar ein Einbruch bei der Gewerbesteuer würden die Finanzplanung schnell auf den Kopf stellen. Und dann? "Dann muss der Stadtrat die Liste der notwendigen Investitionen politisch bewerten und Prioritäten setzen", sagt Eschenbacher.

Und dann gibt es ein neues Planspiel.

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