Illegale Geschäftsidee:Dicke Gewinne bis zum großen Crash

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Händler least im großen Stil Autos, um sie im Ausland zu verkaufen - er wird zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt

Florian Tempel

"Ich kann da nur den Kopf schütteln", sagt der Vorsitzende Richter. "Das ist abenteuerlich", sagt die Staatsanwältin. "Es steht doch brettbreit in den Verträgen, dass Sie die Autos nicht verkaufen durften", sagt ein beisitzender Richter, "haben Sie das denn nicht gelesen?" Der Angeklagte, ein 46 Jahre alter Autohändler aus dem Landkreis Erding, der auch im Landkreis Freising ein Autohaus betrieb, sagt dazu lieber nichts. Gegen den Vorwurf, er habe im großen Stil Autos geleast, nur um sie als Re-Importe im Ausland zu verkaufen, kann er sich nur schwer verteidigen. Nach einigem Zögern legt er ein Geständnis ab. Die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Landshut rechnet ihm das positiv an und verhängt wegen 70 Fällen der veruntreuenden Unterschlagung sowie Insolvenzverschleppung eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Als Geldbuße muss der Verurteilte 10 000 Euro an die Staatskasse zahlen. Seine 68-jährige Mutter, die als Mitgeschäftsführerin seiner Pleite gegangenen GmbH ebenfalls wegen Insolvenzverschleppung angeklagt war, wird zu 6400 Euro Geldstrafe verurteilt.

Man muss weder Jurist noch Autohändler sein, um zu wissen, dass man etwas Gemietetes nicht einfach verkaufen darf. Doch genau das war, wie der Angeklagte zugibt, sein Geschäftsmodell, mit dem er in guten Jahren Millionen-Umsätze und dicke Gewinne machte. Bis es schief ging. Die Anklage listet mit 70 Fällen erst geleaster und dann sofort verkaufter französischer Neuwagen nur einen kleinen Ausschnitt einer weit umfangreicheren, illegalen Geschäftstätigkeit auf. Der Angeklagte räumt ein, er habe mehrere Jahre lang mehrere tausend Autos geleast und in Frankreich an den Mann gebracht. Über einen Zeitraum von zehn Jahren habe er Autos im Wert von "50 bis 70 Millionen Euro" umgesetzt. An jedem verkauften Wagen habe er "im Schnitt 700 bis 800 Euro" verdient.

Er habe die allermeisten Fahrzeuge über die Münchner Niederlassung eines französischen Herstellers bezogen. Wobei die Verträge mit der Leasingabteilung der zum Konzern gehörenden Autobank abgeschlossen wurden. Sein Verteidiger sagt am ersten Verhandlungstag, "die haben alle gewusst, dass er die Autos verkauft". Und er gibt einen Hinweis darauf, warum die Geschäftspartner in der Münchner Niederlassung seinem Mandanten zu Leasingverträgen geraten hätten: Weil die Provision für den Abschluss höher sei, als bei einem per Kredit finanzierten Kauf von der Autobank gewährt werde.

Ein Vertreter der Münchner Niederlassung sagt dann hingegen, man habe keineswegs gewusst, dass der Angeklagte die Leasingwagen verkaufte. Vielmehr sei man davon ausgegangen, dass er sie als Mietwagen verwendete, so wie es der Name seiner GmbH vorgab, in der von Autoleasing und Vermietung die Rede war. Der Angeklagte gesteht letztlich, dass das irreführend war und er lediglich mit den Autos handelte.

In der Urteilsbegründung sagt der Vorsitzende Richter, die Münchner Niederlassung, über die der Angeklagte die Autos bezog, und die Bank des Autokonzerns treffe eine "gewisse Mitschuld", weil es dort niemanden interessierte, was der Angeklagte mit den vielen Leasingwagen machte,

Im Internet lassen sich die Bilanzen des Unternehmens des Angeklagten für die Geschäftsjahre 2007 bis 2009 einsehen. Dort ist nachzulesen, dass die Firma 2007 noch 20 Millionen Euro Umsatz gemacht hat, für 2008 sind zwölf Millionen angegeben. In beiden Jahresbilanzen ist ein dicker Gewinnvortrag von mehr als vier Millionen Euro ausgewiesen. 2009 bricht die Firma zusammen: Ein Jahresverlust von 7,5 Millionen Euro frisst die zuvor gemachten Gewinne auf und unter dem Strich steht auf einmal ein Minus von 3,5 Millionen Euro. Der Angeklagte erklärt vor Gericht, wie es dazu gekommen sei: Ein Käufer in Frankreich, dem er etwa hundert geleaste Autos geliefert habe, habe ihn nicht bezahlt.

Auch diesen Umstand berücksichtigen die Richter am Ende strafmildernd. Denn zur Anklage kamen nur die geleasten und verkauften Autos, für die der Angeklagte die Leasingraten auf einmal nicht mehr bezahlen konnte, weil er selbst betrogen worden war.

© SZ vom 23.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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