Hochwasser in Freising:Nasse Füße

Pendler waten auf dem Weg zum Bahnhof durch knietiefes Wasser, Schüler suchen nach einem Heimweg, Kindergärten alarmieren die Eltern

Birgit Goormann-Prugger,Anna Staab und Thomas Radlmaier

Hochwasser in Freising: Vollgelaufene Keller und Tiefgaragen an der Gartenstraße. Schon in der Nacht hatte die Feuerwehr die Bewohner alarmiert

Vollgelaufene Keller und Tiefgaragen an der Gartenstraße. Schon in der Nacht hatte die Feuerwehr die Bewohner alarmiert

(Foto: Marco Einfeldt)

Gegen Mittag floss dass Wasser dann schon in Wellen heran. "Hier kommen sie nicht durch, das ist alles ein einziger See", sagte ein Feuerwehrmann einem ratlosen Passanten an der Johannisstraße, der zum Bahnhof wollte, um seinen Zug zu erwischen. Zwei Grundschulkinder standen ebenso ratlos da. Sie wollten nur nach Hause. "Versuchen wir es hintenrum," berieten sich die zwei und kehrten kurzerhand wieder um. Schon am Morgen war der Bereich überflutet gewesen und überall aus den Kellern wurde das Wasser nach oben gepumpt. Die Mitarbeiter der Lebenshilfe-Werkstatt für Behinderte an der Gartenstraße wurden, sozusagen am Ufer, von einem Lebenshilfe-Betreuer, abgefangen. Der junge Mann stand dort barfuß im knöcheltiefen Wasser. Sein Versuch, jemanden auf dem Gepäckträger seines Fahrrades durch die Fluten zu transportieren, scheiterte. Das Wasser war schon zu hoch, da war es nicht mehr möglich, zu zweit auf dem Radl die Balance zu halten.

Ein anderer Passant bahnte sich ebenfalls barfuß einen Weg durch das knietiefe Wasser. Er müsse einfach seine S-Bahn erwischen, sagte der Mann, als er sich mit einem Handtuch abtrocknete und seine Socken wieder über die Füße streifte. In den überfluteten Hauseingängen standen viele Anwohner mit hochgekrempelten Hosenbeinen und blickten sorgenvoll auf die Wassermassen. Um die Seenplatte herum versammelten sich auch etliche Schaulustige und filmten und fotografierten mit ihren Handys das Spektakel. Andere dagegen boten den Hilfskräften ihre Unterstützung an. "Machen können wir da eigentlich nicht sehr viel, wir hoffen, dass es nicht noch mehr regnet", sagt Marco Eisenmann vom Technischen Hilfswerk Freising, "momentan wissen wir gar nicht, wohin wir das Wasser abpumpen sollen. Das ist eigentlich gehüpft wie gesprungen." Mit Sandsäcken, die auf Booten verteilt wurden, wollten die Hilfskräfte weitere Schäden verhindern.

Ein paar Stunden später stand das THW mit einem Schlauchboot parat, und die Mitarbeiter des Kindergartens "Am Veitshof" machten sich langsam Sorgen, dass die Moosach die Zufahrtsstraße zur Kinderkrippe gänzlich erobern würde. Die Annahme war nicht ganz unbegründet. Kindergartenleiterin Alexandra Voll reagierte schließlich, als das Wasser den Kinderspielplatz bereits in ein kleines Schwimmbecken verwandelte. Sie und ihre Kollegen alarmierten daraufhin die Eltern der Kinder telefonisch und baten diese, ihre Sprösslinge zügig abzuholen. Von einer Evakuierung der Einrichtung wollte Alexandra Voll jedoch noch nicht zu sprechen. "So dramatisch ist die Lage auch wieder nicht", versicherte sie. Man habe die Eltern lediglich darüber informiert, dass die Zufahrt zum Kindergarten bald unter Wasser stehen könnte.

Die Maßnahme sollte verhindern, dass Eltern und Kinder nasse Füße bekommen, sagte sie. Insgesamt 90 Kinder betreuen die Kindergartenleiterin und ihre Kollegen in der Einrichtung "Am Veitshof". Die meisten von ihnen waren dann auch um kurz nach zwei Uhr schon zu Hause im Trockenen. Auch im Kindergarten an der Gartenstraße hatte man die Eltern vorsorglich informiert.

Nasse Füße hingegen bekam ein junger Mann, der es trotz allem versucht hatte, seien Wagen durch die mittlerweile fast knietief überflutete Gartenstraße zu fahren. Der Motor streikte und der Mann blieb mit seinem Wagen mitten auf der Straße liegen, barfuß watete er durch das eiskalte Wasser, um Hilfe zu holen. Seine Beifahrerin wartete im Auto, umgeben vom Wasser, das sie ängstlich beobachtete. Bei anderen Autos, die am Straßenrand geparkt waren, konnte man im Laufe der Zeit zusehen wie das Wasser immer höher stieg. Ob sie wieder anspringen, wenn die Flut endlich wieder abgeflossen ist, bleibt fraglich.

In einem Wohnhaus am Fürstendamm traf sich die Hausgemeinschaft in der Zwischenzeit im Keller. Die Moosach war da zwar noch nicht über die Ufer getreten, aber das Grundwasser drückte das Wasser nach oben und durch ein Kellerfenster tröpfelte es langsam hinein. "Am Sonntagabend haben wir noch gedacht, es wird nicht so schlimm, nun ist es doch so gekommen", sagte eine Frau.

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