Heimatgeschichten aus Freising:Eine Fülle schier unlösbarer Aufgaben

Heimatgeschichten aus Freising: Philipp Held (gestorben 1993).

Philipp Held (gestorben 1993).

(Foto: oh)

Philipp Held war der erste gewählte Landrat in Freising und führte den Kreis durch die bewegte Epoche des Wiederaufbaus

In diesen Tagen jährte sich zum 25. Mal der Todestag von Philipp Held. Er war der bislang jüngste und der erste gewählte Freisinger Landrat, denn bis 1946 wurden die Landräte von der Bezirksregierung ernannt. Held stand in einer bewegten Epoche an der Spitze des Landkreises Freising: Seine Amtszeit (1946 - 1966) prägte der demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Wiederaufbau des Landkreises nach der Zeit des Nationalsozialismus.

Philipp Held entstammte einer katholischen, politisch engagierten Familie. Sein Vater, der Politiker und Verleger Heinrich Held, war von 1924 bis zu seiner Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 bayerischer Ministerpräsident. Am 2. Dezember 1911 in Regensburg geboren, wechselte Philipp Held nach der Volksschule an das humanistische Gymnasium der Benediktiner in Metten. Nach dem Jurastudium absolvierte er das Referendariat in Lindau. Seine erste Anstellung als Rechtsassessor erhielt Held am Amtsgericht in Freising. In der Domstadt lernte er im Fasching 1937 Hedwig Peslmüller kennen, die er zwei Jahre später heiratete.

Die Einberufung zur Wehrmacht unterbrach 1940 Helds beruflichen Werdegang. Noch vor Kriegsende konnte er jedoch seine Beamtenlaufbahn in München fortsetzen. Die Ernennung zum Amtsgerichtsrat erfolgte 1944, im Jahr zuvor war das Ehepaar Held von München nach Freising an die Deutingerstraße gezogen - notgedrungen, die Münchner Wohnung des jungen Ehepaares hatten Kriegsbomben zerstört. Im Oktober 1945 erschienen Vertreter der US-amerikanischen Militärverwaltung in der Deutingerstraße. Sie bestellten den 33-Jährigen, politisch unbelasteten Philipp Held zunächst zum Landrats-Stellvertreter, dann zum Landrat des Kreises Freising. Diese Berufung erfuhr durch die erste freie Kreistagswahl im April 1946 ihre demokratische Legitimation: In seiner konstituierenden Sitzung wählte der Kreistag CSU-Mann Held einstimmig zum Landrat.

Der junge Jurist stand vor einer Fülle von schier unlösbaren Aufgaben. Die Kreisverwaltung musste reorganisiert und demokratisiert werden. Zahlreiche Heimatvertriebene, aber auch Münchner Bürger, deren Wohnungen durch Bombenangriffe zerstört worden waren, hatten sich in den Landkreis geflüchtet. Sie benötigten dringend Unterkünfte. Wie überall in Deutschland lag auch im Landkreis Freising die Wirtschaft am Boden, es mangelte an Lebensmitteln, Rohstoffen und einer funktionierenden Infrastruktur.

Nachhaltig förderte Landrat Philipp Held in den ersten Jahren seiner Amtszeit die Aufbauarbeit im Landkreis. Unter Helds Führung modernisierte der Kreis ab 1948 seine Straßen, die bis dahin größtenteils keine Asphaltdecken aufwiesen. Schrittweise wurde das Straßennetz erweitert und so das Kreisgebiet für den anwachsenden Autoverkehr erschlossen. Neue Brückenbauten über die Flüsse Amper, Glonn und Isar verbesserten die Erreichbarkeit vieler Landkreisgemeinden. Bis 1962 entstanden 13 neue Schulhäuser, das Kreiskrankenhaus in Moosburg erhielt 1954 einen Erweiterungsbau, in Freising konnte 1958 ein neues Kreiskrankenhaus eingeweiht werden.

Held engagierte sich für den sozialen Wohnungsbau, initiierte den Neubau des Landratsamtes - damals an der Amtsgerichtsgasse - und des Landkreisbauhofes. Im südlichen Landkreis förderte Held die Ansiedlung von Industrieunternehmen.

Philipp Held stand 14 Jahre als Vorsitzender an der Spitze des Landkreisverbandes Bayern. Gleichzeitig war er der Vizepräsident, ab 1960 der Präsident des Deutschen Landkreistages. Gemeinsam mit seinem Dachauer Amtskollegen Heinrich Junker, den SPD-Politikern Martin Hirsch und Hans Hoegn unternahm er im Herbst 1956 eine Studienreise durch die USA, zu der das amerikanische Außenministerium eingeladen hatte. Die Route führte ihn von der atlantischen zur pazifischen Küste, vom Golf von Mexiko bis zu den Niagarafällen. Zahlreiche Freundschaften konnten geschlossen werden, die Stadt New Orleans verlieh Philipp Held die Ehrenbürgerwürde. Genauso pflegte Held Kontakte nach Israel, das er in den 1960er Jahren bereiste.

Seit 1954 vertrat Held als Abgeordneter der CSU den Stimmkreis Freising im bayerischen Landtag. Die damalige Gesetzgebung erlaubte Wahlbeamten, ein Mandat im Landesparlament wahrzunehmen. Zunächst musste er auf der Oppositionsbank Platz nehmen, hatte doch die CSU 1950 ihre absolute Mehrheit verloren. Held erhielt sofort wichtige parlamentarische Funktionen, so war er unter anderem Mitglied im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsfragen. Dort saß auch der spätere Ministerpräsident Alfons Goppel, der gleichzeitig mit Held sein Landtagsmandat erhalten hatte. 1966 berief der bayerische Regierungschef Alfons Goppel Philipp Held in sein zweites Kabinett und übertrug ihm das Amt des Justizministers. Held wechselte vom Landratsamt Freising in den Münchner Justizpalast, neuer Landrat in Freising wurde Ludwig Schrittenloher. Zwei Legislaturperioden lang gehörte Held der bayerischen Staatsregierung an, seit 1972 war er auch stellvertretender Ministerpräsident. In Helds Amtszeit fiel das Olympiaattentat vom 5. September 1972 in München. Schockiert von den Ereignissen beschloss er, sich nicht mehr der Wahl zu stellen.

So verabschiedete sich Held Ende 1974 von der Politik. Seinen Lebensabend verbrachte er in Wolfersdorf, wo er immer wieder politische Weggefährten und Freunde empfing. In Anerkennung seiner Leistungen als Politiker erhielt er im Laufe seines Lebens unter anderem den bayerischen Verdienstorden, das große Bundesverdienstkreuz und das große silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich. Am 22. Mai 1993 verstarb Philipp Held nach langer schwerer Krankheit in Wolfersdorf. Seine letzte Ruhestätte fand er im Freisinger Waldfriedhof.

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