Handwerk hat Nachsehen:Der Trend geht zu weiterführenden Schulen

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Fortbildungsmöglichkeiten über die Ausbildungsstelle hinaus sind Thema vieler Beratungsgespräche in der Arbeitsagentur

Von Petra Schnirch, Freising

Auf dem Ausbildungsmarkt tut sich derzeit besonders viel. Eigentlich aber ist er das ganze Jahr über in Bewegung, nicht nur kurz vor oder nach den Abschlussprüfungen an den Schulen - das zeigt eine Zwischenbilanz der Agentur für Arbeit. Seit Oktober 2014 meldeten Arbeitgeber aus dem Landkreis Freising insgesamt 1040 Ausbildungsstellen, 518 waren im April dieses Jahres noch vakant. Gleichzeitig ließen sich 1036 Jugendliche in den vergangenen sieben Monaten in der Agentur beraten. 555 von ihnen fanden bereits eine berufliche Perspektive, 481 sind noch auf der Suche.

Die allermeisten Jugendlichen wissen, dass sie bei der Wahl des richtigen Berufs Zeit und Vorlauf brauchen: Mehr als 80 Prozent der 1036 Bewerber - insgesamt 743 Jugendliche - werden in diesem Sommer mit der Schule fertig, schauen sich aber schon länger nach einer passenden Lehrstelle um. 117 Jugendliche beendeten die Schule bereits 2014 (elf Prozent), 76 in der Jahren zuvor (7,3 Prozent). Ähnlich sieht es bei den 481 jungen Leuten aus, die aktuell noch einen Platz suchen: 84 Prozent machen in diesen Tagen und Wochen ihren Abschluss. Eine endgültige Aussage zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist nach Angaben der Arbeitsagentur erst Ende September möglich. Aktuell würden viele Verträge geschlossen, sagt Christine Schöps, Sprecherin der Agentur. Die Schere zwischen unbesetzten Stellen und Bewerbern werde sich weiter schließen.

Die Jugendlichen sind in einer relativ komfortablen Situation - der Stellenpool ist gut gefüllt, noch halten sich Angebot und Nachfrage weitgehend die Waage. Auch für die Betriebe stehen die Chancen in den meisten Branchen nicht schlecht, Auszubildende zu finden. Ungebrochen ist nach Auskunft der Arbeitsagentur aber das Interesse der Jugendlichen an weiterführenden Schulen. In fast jedem Beratungsgespräch sei dies Thema, sagt Christine Schöps. Zu schaffen macht dieser Trend in erster Linie dem Handwerk. Kreishandwerksmeister Martin Reiter klagt seit Jahren, dass das Interesse an Berufen auf dem Bau schwindet. Auch Jobs mit unattraktiven Arbeitszeiten, etwa in der Backstube, sind schwer zu besetzen.

Viele Berufswünsche sind durchaus realistisch. Einzelhandelskaufmann beziehungsweise -kauffrau gehören bei Mädchen und Jungs zu den Top Five der Lieblingsberufe, ebenso Kaufmann/-frau im Bereich Spedition/Logistikdienstleistungen. In beiden Fällen ist das Angebot groß und es gibt noch zahlreiche offene Stellen. Auf Platz eins der Wunschliste steht bei den Buben der Dauerbrenner Kfz-Mechatroniker, bei den Mädchen ist es die Ausbildung zur Kauffrau im Büromanagement. Insgesamt sei die Bandbreite im Landkreis enorm, sagt Christine Schöps, da es viele kleinere Unternehmen gebe. Gerade Betriebe auf dem Land hätten aber Probleme, Azubis zu finden, weil sie ohne Auto nur schwer zu erreichen sind. "Das ist ein großes Thema." In der Gastronomie, vor allem bei Köchen, würden wegen der Arbeitszeiten am Abend oft Bewerber ab 18 Jahren gesucht, auch dies schränke die Auswahl für die Betriebe ein. Doch obwohl in diesem Beruf viel an den Wochenenden gearbeitet wird, sei bei den Jugendlichen durchaus Interesse da. In allen vier Landkreisen des Agenturbezirks - neben Freising sind das Dachau, Ebersberg und Erding - waren Ende April sogar 1398 Stellen vakant.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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