Hallbergmoos/Freising:"Ein herber Rückschlag für die jungen Flüchtlinge"

Leiter der Jugendhilfe der Diakonie München hält Umsiedlung aus Hallbergmooser Hotel in Turnhalle für völlig falsch

Andreas Dexheimer, Leiter des Geschäftsbereichs Jugendhilfe Diakonie München, und damit bis vor kurzem zuständig für 94 junge, unbegleitet Flüchtlinge in einem Hotel in Hallbergmoos, ist entsetzt und verärgert darüber, dass ein Großteil dieser Jugendlichen jetzt in der Sporthalle an der Wirtschaftsschule in Freising untergebracht wird. "Das ist ein herber Rückschlag, ein Schock für die Jugendlichen, die in Hallbergmoos angefangen haben, sich hier eine Zukunft aufzubauen, die schon in Deutschkursen waren und auch sonst Hilfen für ihr künftiges Leben bekamen. Auch für meine Mitarbeiter vor Ort ist es eine Enttäuschung, nachdem sie sich so für sie einsetzen."

Aber Dexheimer ist nicht nur über das Sozialministerium verärgert, das im Rahmen des Kriseninterventionsplanes die Betreuung auf Freising übertragen hat, um der Landeshauptstadt etwas Luft zu verschaffen. "Ich bin vor allem verärgert, weil man dem Landkreis Freising angeboten hatte, das komplette Hotel mit seiner vorhandenen Infrastruktur zu übernehmen, aber das wollte man dort nicht. Jetzt müssen sich die Jugendlichen wie Hammel vorkommen, die von A nach B geschoben werden."

Eine Turnhalle erfüllt nach Meinung des Jugendhilfeleiters in keinem Fall den Anspruch einer jugendgerechten Unterbringung. Den Rechtsanspruch hätten die Jugendlichen zwar, aber keiner der Jugendlichen werde ihn einklagen. "Auch die jugendgerechte Betreuung kann von Freising dort nicht erfüllt werden", sagt der Jugendhilfeleiter überzeugt. Privatsphäre sei für die jungen Flüchtlinge, die vorher in Zimmern mit eigenen Sanitäranlagen lebten, dort nicht mehr gegeben. "Das wird sie schockieren."

Das Landratsamt Freising dementiert dagegen, in irgendeiner Form ein Angebot erhalten zu haben. Vielmehr sei man von dem Rückzug der Diakonie überrascht worden, sagt die Sprecherin des Landratamts, Eva Dörpinghaus. Seit Anfang Oktober sei man nun aber mit dem Hotel-Eigentümer im Gespräch. Über den Stand der Verhandlungen könne derzeit keine Auskunft erteilt werden. "Ab wann, ob und zu welchen Konditionen das Landratsamt ein Mietverhältnis eingeht, wird noch geprüft", sagt Dörpinghaus.

"Ich kann verstehen, wenn man plötzlich von sehr vielen Flüchtlingen überrollt wird, dass man dann kurzfristige Kompromisse eingehen muss, aber das war für das Landratsamt Freising nicht der Fall", sagt Dexheimer. Man sei selber im Oktober 2014 in dieser Situation gewesen, deshalb sei damals auch das Hotel in Hallbergmoos ein rettender Anker gewesen. Aber nach kurzer Zeit habe es dort alles gegeben, was die jungen Flüchtlinge benötigten. Vor allem eine intensive Betreuung und Rückzugsmöglichkeiten. Im Januar 2015 konnte Dexheimer deshalb berichten: "In keiner unserer Unterkünfte läuft es so gut wie in Hallbergmoos." Rund 20 Betreuer gab es im Hotel, auch nachts waren pädagogische Hilfskräfte in dem Heim. Zudem gab es Schulunterricht in vier Klassen, zwei vormittags und zwei nachmittags. Außerdem wurden zusätzliche Deutschstunden angeboten, sowie Spaziergänge, Kicker oder Tischtennis. Beim benachbarten VfB Hallbergmoos konnten die Jugendliche außerdem Fußball spielen. Für seine vorbildliche Flüchtlingshilfe hat der Verein im Mai sogar von der Egidius-Braun-Stiftung einen Scheck über 500 Euro erhalten.

Das Hotel in Hallbergmoos dürfte nach dem Auszug der Jugendlichen nicht lange leer stehen: Das Landratsamt Freising hat Hallbergmoos Bürgermeister Harald Reents bereits mündlich mitgeteilt, dass der Eigentümer das Hotel nun dem Landkreis Freising zur Unterbringung von Asylbewerbern angeboten habe. Der Mietvertrag mit dem Jugendamt der Stadt München, für welche die Diakonie das Heim betrieb, endet am 31. Oktober. Laut Dexheimer hätte das Landratsamt es auch früher schon haben können.

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