Hallbergmoos:Eine Jesusfigur für den Friedhof der Kuscheltiere

Seit sechs Jahren gibt es in Hallbergmoos einen Tierfriedhof. Nun haben die toten Tiere einen neuen Bewacher - eine brasilianische Jesusfigur.

Monika Mayer

Ob Hund, Hausschlange, Katze oder Kaninchen: Viele Haustiere werden abgöttisch geliebt und sollen auch nach ihrem Tod vor dem Schlimmsten bewahrt werden. Wer nicht möchte, dass sein Liebling zu Seife oder Granulat verarbeitet wird, findet in Hallbergmoos eine Alternative. Seit sechs Jahren gibt es dort einen Tierfriedhof, jetzt breitet eine fünf Meter hohe Jesusfigur aus Holz über all dem die Arme aus. Sie stand früher in Markt Schwaben und warb für die Weiherspiele. Titel des Stücks: "Schnee am Zuckerhut". Deshalb die Figur - das Wahrzeichen Rio de Janeiros.

Hallbergmoos: 40 Tonnen schwer ist die brasilianische Christusfigur aus Markt Schwaben, die seit kurzem auf dem Hallbergmooser Tierfriedhof steht.

40 Tonnen schwer ist die brasilianische Christusfigur aus Markt Schwaben, die seit kurzem auf dem Hallbergmooser Tierfriedhof steht.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Jesus-Darstellung steht inmitten der Gräber, die mit Buchs geschmückt sind oder mit Laternen für eine Totenkerze. Manchmal erinnert eine Steinplatte an das Tier. Es gibt Grabsteine mit Lasergravur oder Porzellanplatten, mit Text und einem plus originalgetreue Foto, auf die 100 Jahre Garantie gewährt werden. Mehr als 300 Tiere sind in Reihengräbern oder anonym auf dem Tierfriedhof nahe dem S-Bahnhof bestattet worden, seit das 2000 Quadratmeter große Areal seinem Zweck zugeführt wurde.

Warum jetzt mit einem 40-Tonner die Figur aus Markt Schwaben auf den Tierfriedhof transportiert wurde, erklärt Inhaberin Ina Müller so: "Das ist auch als Provokation gedacht. Ein Zeichen gegen die Scheinheiligkeit." Denn in vielen Orten Deutschlands seien christliche Symbole auf Tierfriedhöfen verpönt, der Jesus sei quasi ein Protest. Nur gab es hier bislang keine Schwierigkeiten mit den Kirchen, wie Ina Müller einräumt.

Auf ihrer Website (www.tierfriedhof-muenchen.de) offerieren Ina und Wolfgang Müller, was ein Bestattungsinstitut auch bei der Beerdigung eines Menschen anbietet: Kremierung oder Erdbestattung. Grabplatz mit oder ohne Gedenkstein. Reihengrab für drei Jahre, Sarg oder Urne. Großen Wert legen die Betreiber auf die Feststellung, dass sie keine "Vermittlungsprämien" an Tierärzte bezahlen. Der weithin sichtbaren, fünf Meter hohen Jesusfigur ist jedoch ein gewisser Werbeeffekt nicht abzusprechen.

Eine Bestattung kostet zwischen 150 und 1000 Euro

Etwa zehn Prozent der Kunden entscheiden sich dafür, das verstorbene Tier mit einem Totenwagen abholen zu lassen, der den Stern einer noblen Automarke auf dem Kühler trägt. Zwischen 150 und 1000 Euro kostet eine Bestattung. Es seien aber nicht nur betuchte Tierfreunde, die sich dies leisteten, sagt Wolfgang Müller. Aus sozialen Gründen sei auch Ratenzahlung möglich. Müller ist Vertriebsleiter Europa eines Münchner IT-Unternehmens, er betreibt den Tierfriedhof mit seiner Frau Ina neben seiner Berufstätigkeit. "Ich mache es so, als würde ich meinen eigenen Hund bestatten", erklärt Müller.

Die Trauernden empfänden ihn oft als Helfer. Viele alleinstehende Damen kämen zunächst täglich ans Grab. Weil eine Gemeinschaft entstand, gab es sogar eine Weihnachtsfeier mit Glühwein auf dem Friedhof. Auch Sommerfeste wurden gefeiert. Wem das alles übertrieben erscheint, dem hält Müller entgegen: "Welcher Tierfreund lässt seinen langjährigen Begleiter zu Heizenergie, Seife, Bioenergie oder Granulat für den Straßenbau verarbeiten?" Vier Jahre hat er bis zur Realisierung der Idee gebraucht, sagt er.

Das Grundwasser liegt an der Stelle sechs Meter tief, alle Auflagen des Gesundheitsamtes und des Veterinäramtes konnten daher erfüllt werden. Die Gemeindeverwaltung hat kein Problem mit dem Tierfriedhof. Im Gegenteil. Herbert Kestler, Referent des Bürgermeisters, zeigt sogar Verständnis: "Wer etwas dagegen hat, dass Tiere so bestattet werden, der hat selbst noch nie ein Haustier verloren, das ihm ans Herz gewachsen war."

Dass ein fast drei Meter hohes Kreuz auf dem Gelände steht, fand Dekan Stefan Menzel immer schon in Ordnung. "Es spricht aus kirchlicher Sicht nichts dagegen, ein Haustier würdevoll zu bestatten", sagt der Geistliche. Die Müllers haben übrigens noch weitere Ideen: Im Ausland sei es möglich, Tier und Besitzer an einem Ort zu bestatten. An dem Thema bleibt er dran.

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