Dinge des Lebens:Einkaufen im Straßendorf

10 000 Menschen wohnen mittlerweile in Hallbergmoos und die wollen sich in dem Ort auch mit dem versorgen, was man täglich braucht. Die Theresienstraße hat sich so zur wahren Einkaufsmeile gemausert.

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

All das Geld, das die aufstrebende Gemeinde Hallbergmoos mit ihrem Business Airportpark verdient, ändert nichts daran. Es bleibt das "Straßendorf", das es immer war.

Theresienstraße oder auch Freisinger Straße heißt die lineare, fast zwei Kilometer lange, Hauptachse quer durch den Ort. Die Neubaugebiete, die aus dem mittlerweile auf fast 10 000 Einwohner angewachsenen ehemaligen Moosdorf die jüngste Gemeinde Bayerns gemacht haben (Altersdurchschnitt 35 Jahre) ändern nichts daran - ein richtiges Ortszentrum gibt es nicht, der ungemütliche Rathausplatz hat da kaum Abhilfe geschaffen. Das Zentrum von Hallbergmoos, das ist die Theresienstraße - und die hat es als Einkaufspassage in sich.

Hier gibt es zwei Modehäuser, vier Bäckereien, zwei Imbissstände, einer bayerisch, einer türkisch, zwei Supermärkte, vier Friseure, drei Metzgereien, zwei Blumenläden, eine Apotheke, einen Getränkemarkt, eine Bar, zwei griechische, zwei italienische Restaurants, eine bayerische Wirtschaft und seit kurzem auch einen Inder. Und: Es gibt seit 60 Jahren einen Haushaltswarenladen, der den Baumärkten ringsum Stand halten konnte - Eisenwaren Mikesch. Vor 19 Jahren hat Franz Grundner das Geschäft übernommen, "sonst wäre es geschlossen worden", sagt er nur.

Er selbst denke noch nicht ans Aufhören, versichert er. Die Hände sind ölverschmiert, gerade zieht Franz Grundner einen neuen Mantel auf das Hinterrad eines Mountainbikes. Fahrradreparatur gehört auch zum Angebot. Eine Dienstleistung, die rege nachgefragt wird. Nebenan ist die Landmaschinen-Werkstatt, in der Grundner und sein Helferteam alles reparieren, was Bauern und Gartler so bringen, vom Traktor bis zum Rasenmäher.

Der Laden selbst wirkt wie eine Mischung aus Haushaltswarenladen, Bastlerecke, Fahrradgeschäft, Büro und Werkstatt. Männer allen Alters stehen vor den voll gestopften Regalen, hier gibt es Dichtungen, Dübel, Schlauchstücke, Fahrradschläuche, Farben, Äxte, Besen, Gartengerät - und Tierfutter, vom Ochsenziemer bis zum Diätfleisch. Josef Grundner fasst sein Angebot so zusammen: "Wir haben die Sachen, die die Leute brauchen, und nicht das, was überall zu haben ist - weil wir wissen, was die Leute brauchen."

In den vergangenen Jahren hat er seine Palette stetig erweitert, erst kam die Fahrradreparatur, dann der Schlüssel- und schließlich der Paketdienst. "Man braucht schon mehrere Standbeine", sagt Grundner. Über mangelnde Kundschaft kann er nicht klagen: "Die Leute merken, dass es die kleinen Läden braucht, weil sie hier eine echte Beratung bekommen."

Stammkundschaft und Sortimentserweiterung sind die Rezepte, mit denen alle alteingesessenen Läden in Hallbergmoos überlebt haben. Das Modehaus Hippele zum Beispiel gibt es seit 50 Jahren, ein Familienbetrieb. Im Laden stehen Mutter und Sohn Anne und Norbert Hippele. Neben Damen- und Herren-Kleidung von der Unterwäsche bis zum Sakko gibt es auch Kurzwaren wie Reißverschlüsse oder Nähseide, und eine Änderungsschneiderei.

Dinge des Lebens: Anne und Norbert Hippele versorgen die Hallbergmooser mit Damen- und Herrenkleidung.

Anne und Norbert Hippele versorgen die Hallbergmooser mit Damen- und Herrenkleidung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Kundschaft komme regelmäßig, seit Jahren, von dem Einwohnerwachstum profitiere man aber kaum, sagen sie. "Hallbergmoos ist ein Schlafdorf, die Leute, die hergezogen sind, bringen vom Geschäft her sehr wenig. Die Leute kaufen dort ein, wo sie arbeiten", schätzt Anne Hippele die Lage ein.

Die Konkurrenz bringt Laufkundschaft

Sind die Leute aber einmal im Laden gewesen, sagt Sohn Norbert, "dann finden sie was und kommen wieder." Dass sich das zweite Bekleidungsgeschäft, das Modehaus Gruber, auch schon vor Jahrzehnten nur einige Meter weiter niedergelassen hat, störe nicht, sagt Norbert Hippele, das bedienen ein anderes Preissegment, bringe als weiteres Modehaus sogar eher Laufkundschaft.

Nicht nur die Papeterie, die es seit 20 Jahren gibt, setzt auf Angebotsvielfalt, hier gibt es längst auch Lottoscheine, Geschenkartikel - und Handtaschen. Auch Buchhändlerin Claudia Stotter hat sich der Nachfrage angepasst. Vor 16 Jahren hat sie die Bücherstube eröffnet, heute machen die Bücher noch 40 Prozent im Sortiment aus. Die Regale füllen Geschenk- und Dekoartikel, Spielzeug und Krimskrams.

Wegen der vielen Kinder am Ort gehe vor allem der Bereich besonders gut, sagt sie. Wenn der Supermarkt an den Ortsrand zieht, hat Claudia Stotter ein weiteres Standbein. Die Post habe angeklopft, ob sie nicht die Briefannahme und den Markenverkauf übernehmen könne.

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