Gefräßige Nager:Der Biber ist angekommen

Gefräßige Nager: Zwanzig Schäden durch Biber über der Bagatellgrenze von 50 Euro sind im Vorjahr gemeldet worden. 12 000 Euro Entschädigung zahlte die Regierung.

Zwanzig Schäden durch Biber über der Bagatellgrenze von 50 Euro sind im Vorjahr gemeldet worden. 12 000 Euro Entschädigung zahlte die Regierung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Obwohl der Nager an vielen Stellen im Landkreis Spuren hinterlassen hat, halten sich die Schäden insgesamt in Grenzen. Alle möglichen Reviere sind besetzt, der Bestand hat seine Höchstgrenze erreicht.

Von Alexandra Vettori, Hallbergmoos

Als vergangene Woche eine Reihe von Bäumen entlang der Bundesstraße B 301 gefällt werden musste, ließ der Grund dafür aufmerken: Der Biber war's. Die Begründung für das kräftige Ausholzen des Straßenbauamtes verwunderte, weil die B 301 doch ein ganzes Stück von den Isarauen entfernt liegt, wo die Biber normalerweise wirken.

Starkes Stück, so mochte manch ein Biberfeind denken, jetzt gefährdet der gefräßige Nager bereits die Verkehrssicherheit an Straßen abseits von Gewässern. So drastisch aber ist die Lage nicht, wie Jörg Steiner von der Unteren Naturschutzbehörde im Freisinger Landratsamt versichert. Die Baumfällungen und der Gehölzrückschnitt an der B 301 waren ohnehin fällig, weil mehrere Bäume unter starkem Pilzbefall litten. Auch wenn die derzeit an vielen Orten zu sehenden Nagespuren der Biber einen gegenteiligen Eindruck erwecken: Insgesamt halten sich die Schäden in Grenzen - und liegen auf dem Niveau der Vorjahre.

Wer von der Kreisstraße FS 12 in die B 301 Richtung Flughafen einbiegt, kommt gleich zu Beginn an einer kleinen Gehölzinsel auf der linken Seite vorbei. Dort haben Biber Bäume angenagt, die jetzt vorsorglich gefällt wurden, damit sie nicht irgendwann auf die Fahrbahn fallen. "Hinter dem Gebüsch ist ein kleiner Bach, der Pförreraugraben", sagt Jörg Steiner. Dort hielten sich manchmal Biber auf. Die Fläche gehöre zu einem Biberrevier, das von der Ortschaft Hallbergmoos bis zum Gewerbegebiet reiche. "Ein grenzwertiges Revier", wie Jörg Steiner sagt, mit wenig Futter und vielen Störungen, nicht zuletzt durch Autos. Aber die guten Reviere seien nun einmal schon alle besetzt. Zwischen 500 und 700 Biber soll es im Landkreis geben, die meisten in den Isarauen. Am Pförreraugraben bei Hallbergmoos, weiß Steiner, sind sie selten und nur dann, wenn auf den Feldern ringsum der Mais wächst.

Über die Biberfamilie, welche die Bäume an der B 301 annagten, gibt es sonst keine Beschwerden, auch nicht von Landwirten. Das ist ersichtlich aus dem landwirtschaftlichen Entschädigungsfonds für Biberschäden, den es seit 2008 gibt. Zwanzig Fälle über der Bagatellgrenze von 50 Euro sind im Vorjahr gemeldet worden, insgesamt zahlte die Regierung dafür 12 000 Euro. 2012 waren es 23 Fälle und 8000 Euro Entschädigung, berichtet der Biberbeauftragte des Landkreises Freising, Klaus Tschampel. Zwar haben die Schäden in den Jahren zuvor zugenommen, doch scheint sich die Sache einzupendeln. "Mehr Biber werden es nicht, wir haben jetzt den Maximalbesatz", sagt Steiner. Alle Fließgewässer seien besetzt.

Dass an Bahnstrecken, Kanälen und in Betrieben nahe der Isar immer wieder Schäden auftreten, liege daran, erklärt Steiner, "dass man früher die Infrastruktur an die Flüsse gebaut hat, um Platz zu sparen. Heute würde man mehr Abstand halten". Wo der Biber wohnt, ist es ratsam, sich mit ihm zu arrangieren, auch ein Abschuss zieht in der Regel nur einen neuen Biber nach sich. Oder man sorgt baulich vor: So führte die Bahn im vergangenen Jahr, als sich in Neustift eine Biberfamilie am Gleis angesiedelt hatte, abwehrende Sicherungsmaßnahmen durch, füllte die Biberlöcher auf, änderte die Böschungswinkel und schnitt Gehölze zurück. Auf Biber, fügt Steiner hinzu, musste die Bahn früher eben nicht achten: Als die Freisinger Strecke 1866 in Betrieb ging, war in Hangenham gerade der letzte Biber im Landkreis geschossen worden.

Der aktuelle Bestand wird sich so wohl halten. "Die regulieren sich selbst", sagt Steiner, schließlich überlebe nur, wer ein Revier finde. Dazu seien im Vorjahr 25 Tiere geschossen worden, weil sie wichtige Infrastruktureinrichtungen bedrohten, ebenso viele seien nachweislich von Autos überfahren worden.

Die jüngsten Klagen von Spaziergängern zwischen Achering und Mintraching, in den Isarauen würde der Biber zu viele Bäume annagen, sieht Steiner entspannt. Er habe zwar Verständnis dafür, wenn jemand um seinen vom Biber angenagten Lieblingsbaum trauere, insgesamt aber trage der Wald kaum Schaden davon, weil sich der Biber nur direkt am Wasser aufhalte. Ohnehin seien die Isarauen heutzutage viel dichter bewaldet als früher.

Steiner hat Luftaufnahmen der Alliierten nach dem Krieg gesehen, "da waren viel mehr Wiesen zwischen den Bäumen", sagt er. Heutzutage hätten viele Auenarten unter den Pflanzen schon Probleme, weil ihnen das Licht vor lauter Bäumen fehlt.

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