Hallbergmoos: Alter Wirt:Denkmal ohne Schutz

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Geschichtsträchtiger Schandfleck: Im November wird von neuem über das Schicksal des Alten Wirts in Hallbergmoos diskutiert.

Monika Mayer

Ein geschichtsträchtiger Ort ist Hallbergmoos nicht wirklich. Als das älteste Gebäude in der Flughafengemeinde gilt der Alte Wirt an der Ludwigstraße. Das vor 180 Jahren erbaute Wirtshaus ist längst verlassen und hat dennoch gute Freunde: die Malerin Tita Heydecker und den Grafiker Konrad Dördelmann zum Beispiel.

Der Alte Wirt in Hallbergmoos ist denkmalgeschützt, doch das Gemäuer ist vom endgültigen Verfall nicht mehr allzuweit entfernt. (Foto: Katharina Jaksch)

Am 15. Oktober werden die Beiden wie immer nostalgisch den Namenstag des alten Hauses feiern. Sie bringen einen kleinen Kuchen mit nebst einem Fläschchen Sekt und stellen sich vor den Eingang. Über dem steht geschrieben, dass das "Gasthaus Otto von Wittelsbach zum Alten Wirt" an diesem Tag im Jahr 1830 eingeweiht wurde.

Die Eigentümer, eine Erbengemeinschaft, haben Verbotsschilder aufstellen lassen. Trotzdem stehen viele wild geparkte Autos auf dem Grundstück, das an der stark frequentierten nördlichen Ortszufahrt liegt. Ein Schandfleck, sagen manche und auch Romantiker müssen eingestehen, dass es bis zum endgültigen Verfall nur noch ein kleiner Schritt ist.

Das Hauptproblem besteht darin, dass der Alte Wirt seit 1993 auf der Liste des Denkmalschutzes steht. Die beiden Erbinnen hatten schon Pläne mit dem knapp 5800 Quadratmeter großen Anwesen. Aber den Alten Wirt unter den Auflagen des Denkmalschutzes wieder herzurichten, ist ein Fass ohne Boden. 1995 legte die Erbengemeinschaft dem Gemeinderat Pläne vor für eine kombinierte Nutzung als Gaststätte mit Biergarten und 56-Betten-Hotel, Tagungsräumen, Wohntrakt und Nebengebäude.

Der Gemeinderat kam den Bauwerbern weitgehend entgegen - und am Ende wurde doch nichts daraus. Die geplanten Anbauten erregten den Ärger von Anwohnern. Ausschlaggebend war aber wohl, dass es schwierig erschien, ein Hotel von so geringer Größe wirtschaftlich zu betreiben. Für eine Investition der Gemeinde war der Brocken zu groß. Im Rathaus hatte man mit einer Nutzung als Heimatmuseum geliebäugelt. Zur allgemeinen Überraschung stand das Anwesen wenige Monate nach Behandlung des Bebauungsplanes im Gemeinderat für 2,3 Millionen Euro zum Verkauf an. Der beauftragte Makler verkündete, das Konzept der Architekten sei gut. Aber potentielle Investoren, die bereits angefragt hätten, suchten Objekte mit doppelt so großer Hotelgeschossfläche.

Abreißen und neu aufbauen

Inzwischen ist es um den Alten Wirt wieder still geworden. Aber auch der Verfall des Gebäudes kostet Geld, weil die Gemeinde eine Instandsetzungsanordnung verhängt hat. Erst vor wenigen Wochen musste die Decke in der Gaststube neu abgestützt werden. Zwei Jahre zuvor war der Dachstuhl ausgetrocknet worden. Im Zusammenhang mit dem Tag des Denkmals im Juli gab es heuer eine erneute Ortsbegehung mit Vertretern der Eigentümergemeinschaft, des Landratsamts, der Gemeinde und des Landesamts für Denkmalschutz.

Die Denkmalschützer wiesen bei der Gelegenheit auf die nach wie vor "enorme Bedeutung" des Alten Wirts hin. Vor allem das Gewölbe gilt als unbedingt erhaltenswert. Erstmals wurden bei der Gelegenheit Fördermittel aus einem Entschädigungsfonds zur Erhaltung der Bausubstanz ins Gespräch gebracht. Für November ist ein weiterer Termin mit den gleichen Teilnehmern angesetzt, bei dem ein Konzept zur Sanierung des Objekts erarbeitet werden soll. Die Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalschutz generierten noch eine weitere Idee: Vielleicht wäre es möglich, das Grundstück zu teilen und den Alten Wirt getrennt zu sanieren, wenn sich denn ein Investor fände.

Zu den Bewunderern des Gemäuers gehört auch Karl-Heinz Zenker, Fraktionschef der Freien Wähler im Rathaus, früher Zweiter Bürgermeister. Er ist engagierter Hobby-Historiker. Zenker hat im Dezember 2009 das 14. seiner Sammelblätter zur Ortsgeschichte dem Alten Wirt gewidmet und wird nicht müde, die Verwaltung mit Nachfragen in der Sache zu beschäftigen.

Pragmatisch wäre es seiner Ansicht nach, den Denkmalschutz fallen zu lassen, das alte Wirtshaus abzureißen und so wie es früher war, an derselben Stelle neu aufzubauen. Bei den im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Städten in Ostdeutschland verfahre man ja ebenso, argumentiert Zenker.

© SZ vom 28.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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