Gute Beziehungen zu den Nachbarn:Jede Gräueltat verursacht Schmerz

Gute Beziehungen zu den Nachbarn: Gute Beziehungen zur Nachbarschaft pflegt die Ahmadiyya-Moschee in Neufahrn. Deren Gemeindemitglieder engagieren sich bei vielen Gelegenheiten im Ort.

Gute Beziehungen zur Nachbarschaft pflegt die Ahmadiyya-Moschee in Neufahrn. Deren Gemeindemitglieder engagieren sich bei vielen Gelegenheiten im Ort.

(Foto: Marco Einfeldt)

Malik Usman Naveed ist seit Kurzem neuer Imam der Ahmadiyya-Muslime in Neufahrn. Der 29-Jährige verurteilt die Verbrechen, die im Namen des Islam verübt werden. In der Gemeinde lebt er seit vier Jahren

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Der Auftritt einer kleinen Münchner Gruppe islamfeindlicher Aktivisten bei der Moschee-Eröffnung vor zweieinhalb Jahren ist eine Ausnahme geblieben: Die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde erlebt in Neufahrn keine Anfeindungen - weder von Auswärtigen noch im Ort. "Wir haben gute Beziehungen zu den Nachbarn", betont Mehmood Nisar.

Dem guten Klima haben auch Anschläge wie zuletzt beim Weihnachtsmarkt in Berlin nicht schaden können. Darüber ist auch Malik Usman Naveed erleichtert: Der 29-Jährige ist seit Kurzem Imam der islamischen Reformgemeinde in Neufahrn. Neulich hat er sich bei einem Journalistenfrühstück vorgestellt und dabei auch die "unmenschliche Gräueltat" in Berlin erneut ausdrücklich verurteilt. Wenn der Islam missbraucht werde und Menschen im Namen der Religion eine Missetat verüben, verursache das bei ihm "immensen Schmerz", betonte der Imam: "Der Koran bietet keine Rechtfertigung, um Menschen zu töten - es gibt unzählige Belege, dass im Namen der Religion keine Gewalt ausgeübt werden darf."

Die Ahmadiyya-Gemeinde hat deutschlandweit an die 40 000 Mitglieder, das entspricht etwa einem Prozent aller Muslime im Land. In der Region rund um München sind es mehr als 200 Gläubige. Viele kommen regelmäßig in den Neufahrner Norden. An der Massenhausener Straße hat die Ahmadiyya-Gemeinde seit mehr als 30 Jahren ein Haus. Vor gut drei Jahren wurde daraus eine richtige Moschee - durch das haushohe Minarett, das über den Landkreis Freising hinaus Schlagzeilen gemacht hat.

Die Gemeinde ist sichtlich um Kontakte und Öffentlichkeitsarbeit gemüht. Sie lädt regelmäßig zu einem "Tag der offenen Moschee" und zu Dialogveranstaltungen ein, pflanzt Bäume an öffentlichen Plätzen, organisiert den Neujahrsputz auf dem Marktplatz und hat schon zwei Mal "Charity Walks" veranstaltet, mit denen Geld für gute Zwecke gesammelt wurde. Ein Teil des Erlöses ging an die Sozialstation. Heuer wird der Lauf am 2. Juli stattfinden, wie der Imam nun ankündigte.

Ahmadiyya-Muslime haben sich auch Flüchtlingsunterstützerkreisen angeschlossen und bereits bei Behördengängen und Arztbesuchen geholfen, wie sie erzählen. In Unterkünften im Landkreis hätten sie zudem Muslimen angeboten, in ihre Moschee zu kommen. Allerdings seien "viele nicht bereit", lautet die Erfahrung. Für viele sind die Ahmadiyya-Muslime "Ungläubige".

Sie selbst betrachten ihren Glauben als "Renaissance des tatsächlichen Islam". Zu ihren Maximen gehören neben der Gewaltlosigkeit auch die Trennung von Religion und Staat sowie die Gleichwertigkeit von Mann und Frau - wobei freilich der Mann entscheidet, wie das jeweils in der Praxis umgesetzt wird. Mohammed ist für sie zwar der "beste und größte aller Propheten", aber nicht der letzte Prophet. Das war nach ihren Vorstellungen Mirza Ghulam Ahmad, der die Ahmadiyya-Bewegung 1889 begründet hat.

In Malik Usman Naveeds Heimat Pakistan wurde die Religionsgemeinschaft in den Siebzigerjahren zur "nicht-islamischen Minderheit" erklärt, Mitglieder wurden verfolgt, viele gingen ins Exil. Der Neufahrner Imam kam als Zweijähriger nach Deutschland, in London hat er studiert. Immer wieder hat er auch das Gespräch mit andersdenkenden Studenten gesucht, zum Beispiel an der Universität Göttingen. Einige ließen Sympathien mit dem Islamischen Staat erkennen, wie er erzählt, und einen von ihnen glaubt er später in der Zeitung wiedererkannt zu haben - als Opfer von Kämpfen in Syrien.

Seit vier Jahren ist Malik Usman Naveed Imam, und seit vier Monaten lebt er mit seiner Frau und den beiden Söhnen nun in Neufahrn. Hier betreut er nicht nur die Mitglieder, sondern versucht auch zu missionieren, wie er auf Anfrage sagt: "Aber alles ohne Gewalt!"

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