Große Ziele:Mit Präzision und Köpfchen

Die Keglerinnen Franziska und Kristina Hübner sind deutsche Mannschaftsmeisterinnen und wollen ins Nationalteam

Von Clara Lipkowski, Moosburg

Zuletzt mussten Franziska und Kristina Hübner eine Niederlage einstecken. "Auf der Bayernmeisterschaft hatten wir ziemlich viel Pech", sagt Franzi. Sie sitzt an einem warmen Mainachmittag neben ihrer Schwester Krissi in der Kegelhalle des Vereins Rot-Weiß-Moosburg und erzählt vom vergangenen Wochenende in Hallbergmoos.

Die Zwillingsschwestern wollten sich als Einzelspielerinnen für die Deutsche Kegel-Meisterschaft qualifizieren, bereit waren sie. "Fünf wären mit zur Deutschen gefahren", sagt Franzi, "aber ich bin wegen neun Holz nur Sechste geworden". Krissi wurde Siebte. Das ärgere einen schon, sagt sie, schließlich habe das Spiel viel Vorbereitungszeit verlangt. Aber wie so viele Sportarten, ist auch das Kegeln von der Tagesform abhängig - und dem gewissen Quäntchen Glück. Unterkriegen lassen sie sich davon nicht. Der Erfolg gibt ihnen recht: Unlängst haben sie sich als Mannschaft für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. 2016 hatten die Schwestern zudem einen erheblichen Anteil daran, dass das U -14-Team des SKK Oberlauterbach die deutsche Meisterschaft in München für sich entschied. Für die Oberlauterbacher Mannschaft waren die Mädchen aus Moosburg leihweise angetreten, der Mangel an Vereinsmitgliedern ist auch im Kegelsport zu spüren. Krissi hatte sogar mit 571 Holz einen neuen deutschen Rekord für Mädchen unter 14 Jahren aufgestellt. Nun sind die Zwillinge aufgrund ihrer Erfolge für die Talentiade der SZ vorgeschlagen worden.

Große Ziele: Lockern, positionieren, anlaufen und dann die Kugel im richtigen Moment an der richtigen Stelle auslassen - die Moosburger Zwillinge Kristina (links) und Franziska Hübner können das sehr gut.

Lockern, positionieren, anlaufen und dann die Kugel im richtigen Moment an der richtigen Stelle auslassen - die Moosburger Zwillinge Kristina (links) und Franziska Hübner können das sehr gut.

(Foto: Marco Einfeldt)

In der nächsten Saison wird es für sie noch einmal ernster: Von 1. Juli an rücken die 14-jährigen Schwestern in die U-18-Liga auf. In der A-Jugend wird schließlich mit den richtigen, den Erwachsenenkugeln, gespielt. Statt 2,2 Kilogramm müssen die Mädchen dann schon 2,7 Kilogramm stemmen. Dann wollen sie sich wieder für die deutsche Meisterschaft im Einzel und als Mannschaft qualifizieren. Irgendwann hoffen sie, in den Kader des Nationalteams aufgenommen zu werden. So weit war Krissi sogar schon einmal, sie war erste Ersatzspielerin, blieb aber erst einmal auf der Bank.

3000 Kilometer

legen Franziska und Kristina Hübner mit ihren Betreuern pro Saison zurück, um an diversen Turnieren teilzunehmen. Coach Franz Kastl, der die Zwillingsschwestern bereits seit sechs Jahren trainiert, begleitet sie zu jedem Wettkampf und achtet darauf, dass sich keine Technikfehler einschleichen und der Anlauf stimmt.

Die Schülerinnen hatten schon mit sieben Jahren das erste Mal eine Kegelkugel in der Hand und begannen mit acht ernsthaft zu trainieren. Mutter Brigitte Hübner ist daran nicht ganz unschuldig, sie nahm die Töchter zu ihren Vereinsrunden mit, sie kegelt seit vielen Jahren. "Aber längst nicht so gut wie die Mädchen", sagt sie, "da hätte ich früher anfangen müssen". Vor Wettkämpfen trainieren die Mädchen zwei- bis dreimal pro Woche mit Coach Franz Kastl, meist in Moosburg, vor Wettkämpfen auch auf den Anlagen der Austragungsorte. Für die Turniere sind sie bis zu 3000 Kilometer in der Saison unterwegs. Kastl trainiert sie seit sechs Jahren, begleitet die Mädchen zu jedem Wettkampf und achtet darauf, dass sich ja keine Fehler in der Technik einschleichen, im Anlauf etwa oder im Abwurfwinkel. Franziska, sagt er, sei mehr der Konzentrationstyp, Kristina spiele mehr aus dem Bauch heraus. Mit den Jahren seien die Mädchen sicherer im Auftreten geworden. "Kegeln ist ja vor allem eine Kopfgeschichte. Das Problem ist, dass der Wurf gut sein kann, aber das Fallergebnis schlecht, das kann einen aus der Fassung bringen." Hilft ja nichts, man dürfe sich von schlechten Ergebnissen nicht aus der Ruhe bringen lassen, sagt Franzi. Und sowieso, bei Turnieren sei ja die Mama immer die Nervöseste von allen. "Man darf nicht auf die Kegel gucken, sondern auf die Mitte bei der Ablage, den Überspielpunkt", sagt Franzi, also den Punkt am Boden, den man beim Anlauf nicht übertreten darf. Aber klar gebe es auch hin und wieder kurze Momente des Zweifelns, meint Krissi. Gehe ein Wurf daneben, komme einem schon der Gedanke, ob man's überhaupt noch kann. "Ja", sagt die Mutter, "manchmal sind die Mädchen nach dem Schub gekommen und haben gesagt: Ich gehe nie wieder auf die Kegelbahn. Aber nach ein, zwei Stunden hatte sich das gelegt."

Franzi hat für das Training in der Moosburger Halle inzwischen schwarz-rote Trainingskleidung angezogen, greift nach einer violetten Kugel, lockert sich und positioniert sich vor der Bahn. Läuft los, taumelt kurz, kommt aber vor der Haltelinie zum Stehen und schaut der Kugel nach, die in gerader Linie auf die Hölzer zusteuert und krachend sieben von neun Kegeln in die Waagerechte befördert. Wie Bowling ist Kegeln ein Präzisionssport. Weicht die Kugel ein kleines Bisschen vom Rollweg ab, kann das wichtige Punkte kosten. "Die Technik ist das A und O", sagt Trainer Kastl. "Und gerade bei Wettkämpfen ist es wichtig, stabil zu sein. Deswegen sprechen wir auch über Schlaf zum Beispiel. Ist am Wochenende Meisterschaft, ist die Dult am Freitag eben gestrichen." Ganz so eng sehen die Mädchen das nicht. "Zur Dult gehen wir schon", sagt Franzi, "aber dann eben nicht so lang." Für Krissi sind es immer noch die Wettkämpfe, die den Reiz ausmachen, die Stimmung, das Angefeuertwerden und, sagt sie strahlend: "Man weiß nie, wie ein Wettkampf ausgeht, weil an den zwei Tagen so viel passieren kann. Du kannst im Vorlauf den zwölften Platz machen und am nächsten Tag noch den Ersten einholen."

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