Gestohlene Ware taucht in Litauen auf:Wohnung voller Diebesgut

Ein 41-Jähriger macht offenbar mit gestohlenen Navigationsgeräten Geschäfte. Vor Gericht gibt er den Ahnungslosen, hat damit aber wenig Erfolg. Schließlich akzeptiert er die Geldstrafe in Höhe von 4000 Euro

Von Alexander Kappen, Freising

Eigentlich hatte von den Prozessbeteiligten kaum jemand damit gerechnet, dass der Angeklagte die lange Anreise aus seiner litauischen Heimatstadt Vilnius auf sich nehmen und persönlich erscheinen würde. Aber sie hatten sich getäuscht. Der 41-Jährige, in dessen Wohnung bei einer Durchsuchung drei im Jahr 2014 in Neufahrn gestohlene Navigationsgeräte im Gesamtwert von 7000 Euro gefunden worden waren, erschien am Montag tatsächlich zu der Verhandlung am Freisinger Amtsgericht. Er hatte gegen einen Strafbefehl über 4000 Euro wegen Hehlerei Einspruch eingelegt und wollte nun "einiges erklären", wie er über seine Dolmetscherin ausrichten ließ.

Doch "der Schuss ging nach hinten los", wie es die Staatsanwältin formulierte. Nachdem er von Richterin Tanja Weihönig nachdrücklich auf die für ihn ungünstige Aktenlage hingewiesen worden war, zog der Angeklagte seinen Einspruch in der Verhandlung wieder zurück - und wurde vor dem Gerichtssaal von einer Polizeistreife erwartet. Er musste wegen eines anderen Verfahrens zu einer Beschuldigtenvernehmung mit auf die Wache. Die Staatsanwältin war bei einem Blick in ihre Akten auf den Fall aufmerksam geworden und hatte die Polizisten verständigt.

In der Angelegenheit, die am Montag verhandelt wurde, war die Polizei durch ihre Kollegen in Litauen auf den Angeklagten gekommen, wie ein Beamter als Zeuge aussagte. Die Polizei in Litauen habe die Wohnung des Angeklagten wegen des Vorwurfs der Geldwäsche durchsucht und dabei 1000 Elektrogeräte sichergestellt. 800 davon - überwiegend Navigationsgeräte - standen in Deutschland auf der Fahndungsliste. Drei stammten aus Neufahrn, wie aufgrund der Identifikationsnummern festgestellt wurde.

Der Angeklagte gab in der Verhandlung den Ahnungslosen - und strapazierte damit merklich die Geduld der Staatsanwältin. Er betreibe als Selbständiger in Litauen einen Reparatur-Servicebetrieb für Elektrogeräte, sagte der 41-Jährige. Auf einer speziellen Internetseite der litauischen Polizei überprüfe er bei der Annahme von Waren stets, ob diese gestohlen seien. Im Fall der drei Geräte aus Neufahrn habe er da nichts feststellen können. Die drei in Neufahrn gestohlenen Navigationsgeräte im Einzelwert von 2000 bis 2500 Euro waren in den jeweiligen Autos fest installiert. Defekte, fest installierte Navigationsgeräte bringe man üblicherweise mit samt des Autos in die Werkstatt, so die Staatsanwältin. In Litauen sei es durchaus üblich, dass man sie aus dem Fahrzeug ausbaue und zur Reparatur bringe, entgegnete der Angeklagte. Die Staatsanwältin bezeichnete das als "völligen Unsinn". In ihren Augen waren die Einlassungen des 41-Jährigen "unverschämt und dreist", er solle froh sein, dass er nur einen Strafbefehl bekommen habe "und nicht in Haft sitzt". Auch die Richterin redete dem Angeklagten ins Gewissen. Mit der vorgesehenen Strafe von 200 Tagessätzen zu je 20 Euro käme er günstig weg. Man sei in dem Strafbefehl zu Gunsten des Angeklagten ohnehin nur von Hehlerei ausgegangen und nicht von Einbruchdiebstahl. Wenn er seinen Einspruch nicht zurückziehe, sagte sie, "stehen massive weitere Kosten im Raum, es wird nicht billiger". Dass der Angeklagte nichts davon wusste, dass es sich zum Diebesgut handelte, wollte sie nicht glauben. Sie fand schon allein die Anzahl der gefundenen Elektrogräte für einen kleinen Ein-Mann-Betrieb hoch und ungewöhnlich. Er habe in den zwei Wochen vor der Hausdurchsuchung eben ziemlich viele Aufträge reinbekommen", sagte der Angeklagte lapidar. Noch frappierender war für die Richterin jedoch, dass von den 1000 gefundenen Geräten 800 in Deutschland auf der Fahndungsliste standen: "Wenn das Zufall sein soll, dann sollten Sie Lotto spielen, ich halte es für einen Witz, was Sie uns hier erzählen." Der Angeklagte akzeptierte schließlich die Geldstrafe.

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