Gespräch:"Das Uferlos ist unser Baby"

Gespräch: Michi Kasper ist das Gesicht des Uferlos. Zuletzt haben er und sein Team wenig geschlafen - und auch während des Festivals gibt es jede Menge Arbeit.

Michi Kasper ist das Gesicht des Uferlos. Zuletzt haben er und sein Team wenig geschlafen - und auch während des Festivals gibt es jede Menge Arbeit.

(Foto: Marco Einfeldt)

Michi Kasper organisiert mit seiner Veranstaltungsfirma zum siebten Mal ein Festival, bei dem man Bands von morgen entdecken kann. Es ist ein Ganzjahresprojekt. Größter Feind ist das Wetter, da das Budget nicht sehr groß ist - reich wird davon keiner

interview Von Christoph Dorner

Für das Gespräch im Produktionsbüro des Uferlos-Festivals an der Luitpoldhalle hat sich Michi Kasper kurzerhand in ein Zimmer eingesperrt, um nicht abgelenkt zu werden. Denn rund um den Start des Festivals gibt es einfach zu viele Menschen, die etwas von ihm brauchen oder wissen wollen. Mit einer halb angebissenen Fleischpflanzerl-Semmel in der Hand spricht Kasper über das Uferlos als Ganzjahresprojekt für die Veranstaltungsfirma, die er zusammen mit Vipo Maat und Thomas Sedlmeier betreibt, über einen musikalischen Geheimtipp im diesjährigen Line-up und weitere Herzblut-Festivals in der Region. Dabei lässt sich der Freisinger nicht aus der Ruhe bringen: Wird schon schiefgehen.

SZ: Herr Kasper, haben Sie eigene prägende Erlebnisse als Festivalbesucher?

Michi Kasper: Das waren so gute und so viele, dass ich sie schon wieder vergessen habe.

Nach dem Motto: Wer sich erinnern kann, war nicht dabei?

So schlimm ist es nicht. Ich war früher leidenschaftlicher Festivalgänger, war bei Rock im Park, dem Taubertalfestival. Dann habe ich begonnen, die Freisinger Band Schein zu managen. Dabei habe ich eine andere Perspektive kennengelernt, die hinter der Bühne.

Und die ist meist gar nicht so glamourös, wie man immer denkt.

Überhaupt nicht. Seit ich weiß, wie Festivals funktionieren, haben sie den Zauber für mich etwas verloren. Dahinter stecken immer normale Menschen. Ich habe seitdem wegen Musik leider nur noch selten Schmetterlinge im Bauch. Ich habe aber auch schon mit 16 Jahren angefangen, Veranstaltungen zu machen. Die erste Party mit Eintritt war in einem Keller in der Holzgartenstraße. Irgendwann ist der Zauber dann größer, ein Festival mit den Kollegen selber zu planen, statt als es als Fan zu besuchen.

Das Uferlos-Festival, das am Freitag begonnen hat, dauert offiziell zehn Tage. Wie lange dauert es für Sie?

Für uns dauert das Uferlos im Prinzip das ganze Jahr. Nach dem Festival sind wir mit dem Abbau und der Abrechnung beschäftigt. Mit dem Buchen der Bands für das kommende Jahr fangen wir meist schon im September an, dazu kommen die Anträge bei der Stadt und die Zeltreservierungen für 2016. Es ist ein Ganzjahresprojekt, richtig heftig ist es aber im April und im Mai.

Lässt denn der Stress nach, wenn das Uferlos einmal läuft?

Nicht ganz. Wenn das Festival begonnen hat, sind wir schon ziemlich müde. Unser Kernteam hat dann quasi schon zwei Wochen in unserem Produktionsbüro an der Luitpoldhalle gewohnt. Das Gute ist, dass wir als Team in den letzten sieben Jahren zusammengewachsen sind. Jeder weiß, wo er hingreifen muss.

Wie oft schauen Sie als Veranstalter eines Festivals, das gratis ist und von Laufkundschaft lebt, auf den Wetterbericht?

Ständig, allein aus Sicherheitsgründen. Das steht an erster Stelle. Wenn ein Orkan über das Festival fegt, muss man gucken, dass der Platz leer wird. Wir haben da leidliche Erfahrung. Finanziell ist das auch so eine Sache. An einem Tag wie dem Uferlos-Montag im vergangenen Jahr, an dem es extrem geregnet hat, kommt abends kein Mensch mehr. Aber bis jetzt haben wir das Festival immer irgendwie geschaukelt bekommen. Reich werden wir jedenfalls nicht.

Das Wetter hat Ihrer Firma schon öfter die Bilanz verhagelt. Warum haben Sie trotzdem weitergemacht?

Das Uferlos ist unser Baby. Wenn es dem Baby mal nicht so gut geht, lässt man es nicht einfach schreiend liegen. Es wäre natürlich schön, wenn wir vom Uferlos leben könnten. Wir wollen das Festival trotzdem nicht sterben lassen, weil wir das gerne machen. Sonst könnten wir es gleich bleiben lassen.

Ein Festival für möglichst alle zu veranstalten, ist das eher leicht oder schwer?

Es ist schwer. Etwas für Kinder zu machen, für erwachsene Altersgruppen, für Leute, die mit Musik nicht so viel am Hut haben. Wir haben nun mal kein klassisches Bierzeltpublikum. Wir versuchen aber jedes Jahr, Dinge etwas anders zu machen, damit das Festival in sich wächst.

Wie würden Sie die Identität des Uferlos beschreiben?

Musikalisch ist auf dem Uferlos im Prinzip alles möglich. Ein Improvisationstheater kann genauso gut bei uns auftreten wie eine Jazz-Band. Hier haben aber auch schon heftige Metal-Bands gespielt. Das wollen wir auch so. Weil wir kein riesengroßes Band-Budget haben, schauen wir genau hin, was gerade auf dem aufsteigenden Ast ist und auch unserem Publikum gefallen könnte.

Haben Sie einen musikalischen Tipp für die Leser für die kommenden Uferlos-Tage?

Heymoonshaker sind zwei Engländer. Einer der besten Beatboxer der Welt und ein singender Bluesgitarrist, die abgefahrene Musik machen. Überhaupt kann man bei uns bei Uferlos Bands kennenlernen, die später wahnsinnig bekannt wurden: Parov Stelar zum Beispiel, Frittenbude oder Django 3000.

Wie hat sich das Uferlos ansonsten über die Jahre verändert?

Vor sieben Jahren hatten wir in keinem Zelt einen Boden. Die Besucher standen auf dem Kies herum. Alles war kleiner, dunkler als heute. Mittlerweile haben wir einen eigens aus Holz gebauten Biergarten mit Blumenrabatten außen herum. Über die Jahre sind viele Kleinigkeiten hinzugekommen, die ein liebevolles Festival ausmachen.

Gibt es einen Uferlos-Moment, an den Sie sich gerne zurückerinnern?

Ziemlich viele. Das Uferlos ist für mich aber eher ein Gefühl. Manchmal erlebe ich die Tage fast wie in Trance.

Was machen Sie, wenn das Festival vorbei ist? Erst mal Urlaub?

Bis Donnerstag bauen wir erst mal die Zelte ab. Und dann arbeitet unsere Firma weiter. Die Aufführungen von "Carmina Burana" durch das Camerloher-Gymnasium stehen bereits im Juni an. Dort sind wir für die technische Planung und das Marketing verantwortlich. Zudem machen wir den Markt und die Promo für die Brass Wiesn in Eching und sind dieses Jahr erstmalig im Gastro-Bereich beim Chiemsee Summer involviert.

Gibt es denn abseits des Uferlos auch andere Festivals, die Sie empfehlen können?

Ich gehe zwar nicht mehr auf so viele Festivals wie früher, was ich aber empfehlen kann, ist die Brass Wiesn. Das ist zwar kein Festival für die ganz junge Zielgruppe, aber ich bin ja auch schon 41. Auch beim Utopia Island in Moosburg und beim Prima leben und stereo merkt man, dass die Veranstalter viel Herzblut hineinstecken - und nicht nur Kohle wie die großen Konzertagenturen.

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