Geschwister Well beim Uferlos:Versöhnender Andachtsjodler

Die "Geschwister Well" erzählen in Freising, wie man in einer hausmusizierenden Großfamilie überlebt.

Von Birgit Goormann-Prugger

So ein bisschen hat die Show der "Geschwister Well" auch etwas von einer Therapiestunde. Wenn man in einer hausmusizierenden Großfamilie mit 15 Kindern aufwächst, lässt es sich wohl nicht vermeiden, dass man das eine oder andere Trauma erleidet. Christoph Well (Nummer 15 der Well-Geschwister) beispielsweise, der eindrucksvoll schilderte, wie er im Laufstall-Alter von Schwester Moni (Nummer 14), der Jüngsten, mit dem Schürhaken einen kräftigen Hieb auf die Nase verpasst bekam und er das auch nur ganz knapp überlebt hat.

Diese Geschichte wurde beim Auftritt der Geschwister Well im - natürlich - ausverkauften Sparkassenzelt beim Uferlos im Verlauf des Abends dann noch in verschiedenen Variationen dargeboten, die allesamt den einen Eindruck hinterließen: Es war wohl ganz schön was los bei den Wells. Und wenn es mal wieder so richtig rund ging und alle heillos zerstritten waren, dann half nur noch der "Andachtsjodler". Zumindest musikalisch herrschte dann wieder vollendeter Gleichklang. Das Programm heißt nicht umsonst "Fein sein, beieinander bleiben".

Nach Freising sind mit Moni und Christian auch Michael (Nummer 13), Karl (Nummer 12), Bärbi (Nummer 11) und Burgi (Nummer 8) gekommen, und zwar gerne, wie sie versicherten. Denn das Wetter tät ja passen, freute sich Bärbi Well (es goss wieder mal aus Kübeln) und auch die Bühnendeko sei so hübsch frühlingshaft, "nicht zu viel und nicht zu wenig" (außer Stahlgerüsten und einer Holzbretterbühne gab es nichts zu sehen).

Zum Auftakt ließen es die Geschwister Well dann gleich so richtig rocken mit einer Hommage an den Ex-Mann von Moni, dessen Fähigkeiten sich im Wesentlichen aufs Harley-Fahren und Couchlümmeln beschränkten. "Da Deifi soin' hoin", schimpfte Moni zu den Klängen des ACDC-Krachers "Highway to Hell", bis es schließlich sogar aus dem Hackbrett qualmte. Warum sie den Deppen den eigentlich geheiratet habe, fragte anschließend Christoph die kleine Schwester. "Na, weil ich dich nicht mehr ertragen konnte und raus wollte von daheim", antwortete die. Familie eben.

Grundsätzlich muss man feststellen, dass die Wells sich den neuen Zeiten angepasst haben, nicht nur musikalisch, auch thematisch. Schließlich sind die alten Feindbilder auch nicht mehr das, was sie mal waren. Im Vergleich zu Strauß und Stoiber nämlich sei der Seehofer ja eher "eine linke Ratte". Und überhaupt, das Bayernland: Der bayerische Papst in Rente, Uli Hoeneß bald im Knast. Der Weltuntergang kann nicht mehr weit sein.

Also geht es nach Texas zum Cultural Oktoberfest, gesponsert von einem amerikanisch-deutschen Weißwurst-Joint-Venture unter Beteiligung von Uli Hoeneß und dann gleich zu den oberbayerischen Kulturtagen nach Shanghai. Dazu gibt es die Neuauflage eines bayerisch-chinesischen Zungenbrechers von Liesl Karlstadt. Zurück in der Heimat wird für die Milchbauern gerappt. "Forty Cent" für den Liter Milch, das sei das Mindeste, fordern die Wells, "oder Bayern brennt". Die Bühne im Freisinger Sparkassenzelt mag jetzt nicht sonderlich dekorativ gewesen sein, aber zumindest war sie groß genug, um das umfangreiche Instrumentarium der Geschwister Well aufzunehmen. Sogar für die drei Alphörner hat man Platz gefunden, auch wenn da die Zuschauer in der erste Reihe mit Hand anlegen mussten. Tut man doch gerne.

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