Geschichtsforum:Schwere Zeiten

Beat Bühler berichtet über das Kriegsjahr 1917 im Landkreis

Von Katharina Aurich, Kirchdorf

Vor 100 Jahren war der Erste Weltkrieg beinahe vorbei, in Russland begann die Revolution und im Landkreis Freising wurde die Bevölkerung aufgerufen, Geld für den Krieg zu spenden und die Kirchenglocken zum Einschmelzen für Munition abzugeben. Beat Bühler vom Verein Geschichtsforum Landkreis Freising blickte in seinem etwa zweistündigen Vortrag "Das Jahr 1917 im Landkreis Freising" zurück und berichtete im Kirchdorfer Caféwirt 20 Zuhörern, was er in Zeitungen und Archiven an Zeugnissen aus diesem Jahr gefunden hatte.

Vor 100 Jahren bestand das "Bezirksamt Freising" aus 71 Gemeinden und den Amtsgerichtsbezirken Freising und Moosburg, schilderte Bühler. Das Sagen hatten nicht die zivilen Behörden, sondern das Militär. Die Bevölkerung habe sich nach Frieden gesehnt, wie eine Annonce im Freisinger Tagblatt im Januar 1917 belege, in der alle Feiertage des Jahres aufgezählt waren und die mit der Bemerkung schloss "ein ganz besonderer Festtag würde wohl der Tag des Friedensschlusses werden, der, so hoffen wir, in das Jahr 1917 fällt."

Dieser Wunsch hat sich bekanntermaßen nicht erfüllt. Jeden Tag hätten die Zeitungen auf den ersten Seiten über den offiziellen Stand des Frontverlaufs informiert, auf den nächsten sei über die Auszeichnungen für tapfere Soldaten berichtet worden. Meist auf den letzten folgten die Namen derjenigen, die "den Heldentod starben". Auch zu Hause musste der Krieg mit allen Mitteln geführt werden und "zu den vornehmsten Pflichten der Zuhausegebliebenen muss heute die Ablieferung alles in ihrem Besitz befindlichen gemünzten und ungemünzten Goldes sein", zitierte Bühler aus dem Tagblatt vom 10. Januar 1917. Im Frühjahr sei ein Erlass erfolgt, nach dem landesweit alle Kirchenglocken, die 1915 erfasst worden waren, beschlagnahmt wurden. Es habe aber Orte gegeben, wo die Glocken widerrechtlich behalten wurden oder einfach verschwunden seien. Dazu habe es im Tagblatt einen Aufruf zur "Wehrpflicht der Glocken" gegeben, schilderte Bühler: "Nun sollen die Glocken helfen, die Blitze des furchtbaren Kriegsgewitters unschädlich zu machen, das Deutschland bedroht und selbst zum Blitzstrahl werden, der unsere Feinde zerschmettert. So habe der imposante Kirchturm von Zolling durch die Ausbau-Kolonne seine 20 Zentner schwere Inwohnerin nebst einer kleineren Begleiterin dem Vaterland zu Füßen gelegt", zitierte Bühler. Es gab immer größere Engpässe in der Lebensmittelversorgung. Die Rede sei im Tagblatt von "einer großen Kartoffelknappheit und dem gänzlichen Mangel an Zucker und Käse" gewesen. In Freising wurde in den Wirtschaften ab fünf Uhr kein Bier mehr ausgeschenkt, was die Zeitung zum Kommentar veranlasste, dass "die Frauen nun plötzlich die bravsten und solidesten Ehemänner hätten, der böse Krieg habe es zuwege gebracht, dass der Hausherr sehr früh, meist gleich nach acht Uhr zu Hause sei," ließ Bühler seine Zuhörer wissen. Gab es im Bezirk 1914 zu Beginn des Krieges noch 4369 Feuerwehrmänner, mussten 2666 von ihnen einrücken. Bis 1917 hätten 453 "den Heldentod erlitten", so der Referent, der einen umfassenden Einblick in den Alltag im Jahr 1917 gab. Eine Fortsetzung ist über das Jahr 1918 geplant.

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