Gemeinschaftsprojekt:Dem Mikroplastik auf der Spur

Jahresrückblick 2015 - Müllkippe Ozean

Mikroplastik wird häufig von Fischen und Kleinstlebewesen im Meer für Nahrung gehalten

(Foto: dpa)

In Weihenstephan startet ein großes Forschungsvorhaben unter der Leitung des Muschelexperten Jürgen Geist

Von Katharina Aurich, Freising

Umweltexperten warnen bereits vor den Folgen, winzige Kunststoffpartikel, die sich in Gewässern ablagern, sind derzeit ein großes Thema - auch in Weihenstephan. Wissenschaftler von fünf Lehrstühlen der TU München sowie zwölf Unternehmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie schließen sich in den kommenden drei Jahren für das Forschungsvorhaben "Mikroplastik" zusammen. Die weniger als fünf Millimeter großen, unlöslichen synthetischen Kunststoffe befinden sich mittlerweile überall - in Meeren, Flüssen und auch in Nahrungsmitteln.

Geklärt werden sollen grundlegende Fragen zu den Eigenschaften von Mikroplastik, wie Jürgen Geist, Leiter des Lehrstuhls für Aquatische Systembiologie an der TU, erläuterte. Man wolle nicht nur im Elfenbeinturm Universität forschen, sondern mit den beteiligten Firmen auch für die Praxis. Die Bayerische Forschungsstiftung, eine Einrichtung des Freistaates, bewilligte rund eine Million Euro für das Vorhaben, auch fünf Promotionen werden entstehen. Eine weitere Million Euro steuern die zwölf beteiligten Unternehmen in Form von Material und Mitarbeitern bei. Am Donnerstag übergab Staatssekretär Bernd Sibler im Institut für Aquatische Systembiologie den Förderbescheid.

Mikroplastik sind winzige Kunststoffe, die sich in Kosmetika, Körperpflegeprodukten, Schleif- und Bindemitteln befinden, sie werden aber auch als Reste von Plastikverpackungen an Küsten angeschwemmt. Wo genau und in welchen Mengen das Mikroplastik inzwischen vorkommt und wie es wirkt, sei unbekannt, erläuterte Geist. Bislang wisse niemand, ob sich die künstlich hergestellten kleinen Teile in den Gewässern anders verhalten als natürlich vorkommende kleine Partikel, wie zum Beispiel Sand. Außerdem sollen in dem Projekt Methoden entwickelt werden, mit denen man Mikroplastik messen und Reaktionen in der Umwelt feststellen kann, erklärte der Wissenschaftler. Interessant sei auch, was passiert, wenn Mikroplastik altere. Denn auch diese Zusammenhänge seien noch vollkommen unklar.

Am Verbundprojekt beteiligt sind außerdem Jörg Drewes vom Lehrstuhl für Siedlungswasserwirtschaft, der Wasserchemiker Martin Elsner, der Leiter des Lehrstuhls für Lebensmittelverpackungstechnik, Horst-Christian Langowski, sowie der Komplex Lebensmittelchemie unter Leitung von Thomas Hofmann. Projektleiter und Koordinator Jürgen Geist beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Erforschung von Muscheln, daher will er die Wirkung des Mikroplastiks auf die Weichtiere untersuchen, die das Wasser in Flüssen und Seen filtern. Noch sei nicht bekannt, wie sich die angereicherten Kunststoffpartikel auf die Muscheln auswirken.

Schließlich wird es auch darum gehen, Lebensmittel zu kontrollieren und gemeinsam zum Beispiel mit Getränkeherstellern zu ermitteln, ob das Mikroplastik über Verpackungen wie Plastikflaschen in Getränke gelangen kann. Doch es gehe in dem Forschungsvorhaben nicht nur um das Mikroplastik, sondern auch um Alternativen dazu. "Wir möchten klären, ob sich sogenannte Biokunststoffe anders verhalten als herkömmliches Plastik", führte Geist weiter aus.

Die Lebensmittelchemikerin Jana Weißer wird in dem Projekt promovieren und dazu bei Lebensmittelherstellern untersuchen, ob Rohstoffe wie Milch bereits Mikroplastik enthalten. Die Datenlage dazu sei bisher sehr dünn, sagte die junge Wissenschaftlerin. Da Plastik und Mikroplastik aber inzwischen vermutlich überall vorkommen, wolle sie mit ihrer Doktorarbeit dazu beitragen, die Umwelt besser zu schützen.

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