Gefahren lauern auf der Autobahn:Hochsommer bringt Tempolimit

Sobald das Thermometer auf 30 Grad steigt, sind auf der A 92 nur noch 80 Stundenkilometer erlaubt. Die Behörden bekommen die rätselhaften "Blow-ups" nicht in den Griff. Biker sollten an heißen Tagen die Landstraße wählen

Petra Schnirch

Bei großer Hitze schalten viele Menschen einen Gang zurück, um den Körper nicht unnötig zu belasten. Steigt das Thermometer auf 30 Grad Celsius, müssen sie künftig auch ihr Auto schonen - zumindest wenn sie auf der A 92 unterwegs sind. Denn zwischen Feldmoching und Dingolfing-Ost gilt dann ein Tempolimit von 80 Stundenkilometern. Grund sind die sogenannten Blow-ups, also plötzlich auftretende Aufwölbungen der Fahrbahn. In der Nacht zum Donnerstag musste die A 92 kurz vor dem Autobahnkreuz Neufahrn wegen solcher Schäden bereits vollständig gesperrt werden, um drei Betonplatten zu reparieren.

Ganz neu ist das Phänomen nicht. 2001 gab es eine erste Dienstanweisung dazu, wie Josef Seebacher, Sprecher der Autobahndirektion Südbayern, erklärt. Im heißen Sommer 2003 registrierte die Behörde insgesamt neun Blow-ups in ihrem Bereich. Da nun auch die A 92 allmählich in die Jahre kommt, zählt der Abschnitt im Landkreis Freising zu den gefährdeten Strecken. Denn aufgeplatzt sind bisher laut Seebacher nur Autobahnen aus Beton, die älter als 25 Jahre sind. Die Teilstücke im Landkreis waren 1978 und 1987 für den Verkehr freigegeben worden.

Am Autobahnkreuz Neufahrn war einer Streife der Verkehrspolizei Freising, die an heißen Tagen ebenso wie die Autobahnmeisterei verstärkt Kontrollfahrten unternimmt, am Mittwoch gegen 17 Uhr eine lockere Platte aufgefallen, "weil es mehr als üblich gerumpelt hat", schildert Sprecher Nikolaus Bischof. Zunächst war nur der rechte Fahrstreifen gesperrt worden, gegen 18 Uhr dann die komplette A 92. Etwa 50 Meter vor der Brücke der A 9 wurden insgesamt drei Betonplatten auf den beiden Fahrspuren und dem Standstreifen entfernt. Sie hatten sich bereits etwa zehn Zentimeter aufgewölbt und wurden durch Asphalt ersetzt. Gegen 5.30 Uhr in der Früh war die Autobahn wieder frei. Im Herbst werden dort nach Angaben der Autobahndirektion neue Betonplatten eingesetzt. Da der Overfly Richtung München nicht betroffen war, blieb ein größeres Verkehrschaos aus.

War es in den vergangenen Jahren lediglich vereinzelt zu Schäden an Autos gekommen, hat der Tod eines Motorradfahrers, der Mitte Juni auf der A 93 wegen eines Blow-ups verunglückt war, zu bisher undenkbaren Maßnahmen geführt: Bei einer Lufttemperatur von 28 Grad werden die Autofahrer nun über die Radiosender zur Vorsicht gemahnt, Motorradfahrer sollten die betroffenen Strecken dann am besten ganz meiden. Sobald das Thermometer 30 Grad anzeigt, werden Tempo-80-Schilder aufgestellt. Bisher steht an jeder Einfahrt eines, bald werden es deutlich mehr sein. 580 zusätzliche Verkehrszeichen hat die Autobahndirektion bestellt, Ende des Monats sollen sie ausgeliefert werden, denn vorrätig waren sie in diesem Umfang nicht. Auch feste Hülsen werden dafür angebracht.

Nach dem tödlichen Unfall hätten die Verantwortlichen sogar über eine Sperrung der betroffenen Autobahnen nachgedacht, sagt Seebacher. Auf den überlasteten Umleitungsstrecken wäre das Unfallrisiko dann aber, gerade auch für Schulkinder, extrem gestiegen, das wissen die Behörden aus Erfahrung. Derzeit arbeiten Autobahndirektion und Verkehrsministerium an einer Lösung: Aufgrund des "sehr exakten" Straßenwetter-Informationssystems sollen die 80-Schilder künftig schneller aufgestellt werden - sobald klar ist, dass das Thermometer auf 30 Grad steigt.

Anders als der weichere Asphalt, der bei großer Hitze nachgibt, wird die Spannung in Beton so hoch, dass vor allem an den Fugen die Platten aufspringen. Bei neueren Autobahnen sei dies bisher nicht passiert, sagt Seebacher. Dort sei die Betonschicht dicker. Dennoch rätseln die Fachleute, warum die älteren Fahrbahnen hohen Temperaturen nicht standhalten. Denn Wissenschaftler hatten das beim Bau eigentlich ausgeschlossen.

Fachgremien würden sich mit diesem Problem "intensiv auseinandersetzen", kündigt die Autobahndirektion an. Vorerst aber macht sich eine gewisse Ratlosigkeit breit. Weitere Vorsichtsmaßnahmen sind kaum möglich, denn es handelt sich um mehrere hundert Autobahnkilometer, die betroffen sind. Zwar fahren die Autobahnmeistereien die Strecken regelmäßig ab, doch ein Blow-up tritt meist ohne Vorwarnung auf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: