Leicht und beschwingt perlen die Töne von Geige und Querflöte aus dem alten Rathaus auf die Theresienstraße hinaus, untermalt vom Cembalo, das kurz darauf einsetzt. Das "Barock Ensemble" der Volkshochschule Hallbergmoos probt an diesem Dienstagabend, doch kein Passant ist unterwegs, der die Musik genießen könnte. Barock Ensemble und Volkshochschule und das in Hallbergmoos? Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, wie das zusammen geht, landet man, wie könnte es anders sein, bei Vladimir Genin.
Der gebürtige Russe und Wahlmünchner ist Pianist und Komponist und wirkt seit vielen Jahren in der Flughafengemeinde. Er hat aus der Musikabteilung der Volkshochschule eine gesuchte Adresse gemacht, 250 Schüler, Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden hier unterrichtet. "Schon viel", sagt Genin und lächelt verschmitzt. Aus den Reihen der erwachsenen Musikschüler hat sich vor einem guten Jahr auch das Barock Ensemble entwickelt. Sechs Frauen und ein Mann, drei Violinen, eine Bratsche, Querflöte, Cembalo und Cello. Die Musiker kommen aus Eching, Neufahrn und Hallbergmoos. Sie sind Architektinnen, eine Lehrerin, ein Ingenieur, und die Leiterin der Neufahrner Volkshochschule, Ulrike Gietl, ist mit ihrer Geige auch dabei. Die Musik des Barock eigne sich hervorragend, erklärt Vladimir Genin, "sie ist nicht wahnsinnig kompliziert, aber sehr schön." Suiten, Tänze spiele man, nichts Schweres. Den jüngsten Auftritt hatte das Ensemble beim Neujahrsempfang der Gemeinde Hallbergmoos, da zauberten die Musiker eine feierliche Atmosphäre in den nüchternen Sitzungssaal.
"Zusammen Musik machen ist das Höchste", erklärt Anna Kreilinger-Pitters aus Goldach ihre Motivation, beim Barock Ensemble mitzuspielen. Sie hatte ihre Geige Jahre lang vernachlässigt, erst kamen die Kinder, dann wieder der Beruf. Als sie im Vorjahr aber den Aufruf las, in dem Musiker für das Ensemble gesucht wurden, "da war das der perfekte Wiedereinstieg für mich." Anna Mayer aus Eching hat per Mundpropaganda von der Gruppe erfahren, "es hieß, wir brauchen noch eine Stimme, und da habe ich mitgemacht. Es macht einfach sehr viel Freude, zusammen zu spielen, und wir sind hier ein gutes Team", sagt sie.
Das wird auch bei dieser Probe schnell deutlich, alle sind entspannt, Scherze fliegen hin und her. Zum Beispiel, wenn alle nach den Notenblättern für das nächste Stück kramen, und einige dabei erfolglos bleiben. Erst entspinnt sich eine kleine Diskussion darüber, wie man die ständig wachsende Flut kopierter Notenblätter ordnen könnte. Vladimir Genin erzählt von seinem 20-Quadratmeterzimmer, das voll gestopft mit Noten sei. Dann meint er zur Güte, "nun, was haben denn alle dabei?" Als es los geht, verstummen die Scherze, alle sind konzentriert, und die Töne perlen wieder durch den Saal.
Barockmusik, erklärt Genin in der nächsten Pause, sei immer auch Improvisation gewesen. "Das war eine freie Zeit damals, es wurden halt immer die Instrumente gespielt, die da waren, und dann hat man das eben abgeändert." So wie beim Hallbergmooser Barock Ensemble. Beim nächsten Stückes aber merkt Genin auf: "Das klingt nicht gut. Zwei Geigen bleiben auf einem Ton, eigentlich müsse es ein Englisches Horn sein. Ein Instrument muss auf E bleiben." Tatsächlich, der Laie staunt, hört es sich beim nächsten Mal anders an. Er rät den Spielern der Streichinstrumente, den Anfang einmal nur zu zupfen, der Effekt überzeugt. "Wir suchen nach einem schönen Klang", erklärt er und strahlt. Zum Schluss startet Genin noch einen Appell: "Wir brauchen noch engagierte, neue Mitglieder!"