Aus Freising langsam verbannt:Tschüss Plastiktüte

Mann mit Einkaufstüten von Edeka und Tengelmann, 2015

Kunden mit Plastiktüten könnten bald zu einer Seltenheit in der Freisinger Innenstadt werden.

(Foto: Stephan Rumpf)

Viele Läden in der Freisinger Innenstadt reduzieren die Abgabe von Tragtaschen aus Kunststoff und erhöhen dafür die Preise. Einige wollen jedoch erst beobachten, wie sich die Kunden verhalten.

Von Clara Lipkowski, Freising

Ende April haben sich deutschlandweit 240 Unternehmen dazu verpflichtet, die Menge an Tüten aus Kunststoff deutlich zu reduzieren. Die meisten Unternehmen erhöhen die Preise für Tüten. Vereinzelt nehmen Geschäfte Plastiktüten vollständig aus dem Angebot. Auch in Freising ziehen viele Geschäfte mit.

So verzichten die Drogerieketten Dm und Rossmann schon länger auf die kostenlosen kleinen Tüten hinter der Kasse. Für andere Tüten müssen Kunden zahlen, mindestens zehn Cent, je nach Größe. Außerdem bieten die Drogeriemärkte Alternativen aus Papier und recyceltem Material an. Auch Modegeschäfte in der Freisinger Innenstadt wollen zum Umweltschutz beitragen. Zwar sind im Gewandhaus Gruber die Polyethylen-Plastiktüten noch kostenlos. Das Unternehmen denke aber über Alternativtaschen aus Papier und Stoff nach, sagt Filialleiterin Sonja Schacherl. Zudem sieht sie die Initiative auf Seiten der Kunden.

Vor allem beim Lebensmittelkauf haben Kunden die eigene Tasche dabei

"Wir freuen uns, dass unsere Kunden meist selbst Taschen dabei haben", berichtet sie. Warum sie dennoch für Plastiktüten im Angebot ist, erklärt sie so: "Lebensmitteleinkäufe sind gezielte Einkäufe, Textilien oft nicht." Deswegen sei es nur verständlich, wenn Kunden doch einmal keine Tasche dabei hätten und daher eine Tüte kaufen. Plastiktüten eignen sich ihrer Meinung nach für Kleidung am besten. "Wenn man ein 200 Euro teures Kleid kauft, will man es trocken und geschützt transportieren. Eine Papiertüte oder ein Stoffbeutel reicht nicht, wenn es regnet." Deshalb werde man Plastiktüten weiterhin anbieten, will aber von 1. Juli an einen kleinen Obulus verlangen.

Der Haushaltswarenladen Grimm sieht Plastiktüten als Serviceleistung und gibt diese gratis heraus. Aber auch hier werde man künftig beobachten, ob sich das Kundenverhalten ändere und entsprechend reagieren, sagt Inhaber Richard Grimm. Das Modegeschäft K&L Ruppert hingegen hat diesen Schritt schon vor ein paar Wochen getan und bietet Plastiktüten nur noch für 20 Cent an. Eine Verkäuferin schildert ihre Erfahrungen: "Fragen wir Kunden, ob sie eine Tüte benötigen, sagen sie oft Ja. Wenn wir dann sagen, dass die 20 Cent kostet, brauchen sie plötzlich doch keine."

Kunden wollen für Tüten lieber nichts zahlen

Das beobachtet auch eine Buchverkäuferin bei Rupprecht in der Nähe des Marienplatzes. Immer öfter lehnten Kunden Plastiktüten wegen des Preises ab. Nur einmal sei eine Kundin sehr verärgert über die kostenpflichtigen Tüten aus Kunststoff gewesen, die meisten Kunden aber sähen das positiv. Auch die Buchhandlung Pustet hat die Selbstverpflichtung unterschrieben. Filialleiterin Jutta Ederer steht hinter dem Projekt. "Zehn Jahre haben wir kein Geld für Tüten genommen, seit dem 1. April aber haben wir uns verpflichtet, weil wir das Projekt für sinnvoll halten." Zwischen zehn und 80 Cent kosten die Tüten im Geschäft. Die meisten Kunden hätten inzwischen sowieso eine Tasche dabei. Ein Mitarbeiter bestätigt das: "Es gehen nur noch vielleicht 20 Tüten am Tag bei uns raus."

Die Hofpfisterei hat schon längst nur noch Papiertüten im Angebot. Anders ist die Situation bei Freisinger Obst- und Gemüsehändlern. Bei "Früchte Schweiger" werden Plastiktüten noch wesentlich häufiger genutzt, weil gewisse Obst- und Gemüsesorten Feuchtigkeit abgeben. Papiertüten würden hier keinen Sinn machen, sagt eine Mitarbeiterin. Viele brächten aber beispielsweise einen Korb mit. Walter Kronauer berichtet von ähnlichen Erfahrungen an seinem großen Gemüse- und Früchtestand auf dem Freisinger Wochenmarkt. "Allerdings", schätzt er, haben immer noch etwa 60 Prozent der Käufer keine Tüte oder Tasche dabei". Selbst bei Stammkunden, die jede Woche kommen, sei dies der Fall.

Auf dem Markt vergessen allerdings auch Stammkunden noch den Korb

Deswegen sieht Kronauer neben den Händlern auch die Verbraucher in der Pflicht, umzudenken. Auf dem Markt sind an diesem Mittwoch viele Kunden mit Körben und Einkaufstaschen unterwegs, tendenziell mehr als mit den dünnen, durchsichtigen Hemdchenbeuteln für Früchte und Gemüse. Eine Frau sagt, dass sie immer einen Tragekorb mitnehme und zückt aus der Handtasche noch ein grünes Knäuel: eine kleine zusammengerollte Tasche aus reißfestem Kunststoff. "Die habe ich immer dabei - meine Tasche für unterwegs", sagt sie lachend und eilt weiter.

Einen drastischen Weg beschreitet der Lebensmittelhändler Rewe zur Plastikreduktion: Als einzige Supermarktkette in Deutschland hat das Unternehmen am Mittwoch angekündigt, alle Plastiktüten aus den mehr als 3000 Filialen zu verbannen, Hemdchenbeutel sind davon zwar noch ausgenommen, aber nur, bis eine plastikfreie Alternative gefunden ist. In den Freisinger Filialen werden bis Ende Juni die Plastiktüten an den Kassen verschwinden. Rewe setze auf Stoff- und Jutebeutel und Kartons, teilt der Konzern mit.

In Deutschland werden jährlich pro Kopf 71 Tüten verbraucht. Ziel des Bundesumweltministeriums ist, diese Zahl bis zum Jahr 2025 auf 40 zu senken. Zum Vergleich: In Irland liegt die Zahl bei 17 Tüten. Dort gibt es eine Steuer, die verbietet, Plastiktüten unter 44 Cent herauszugeben.

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