Freisings Busfahrer des Jahres:"Meine Fahrgäste sind meine Familie"

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Skender Ademi aus Freising ist zum zweiten Mal in Folge zum Busfahrer des Jahres gewählt worden. Der 47-Jährige aus dem Kosovo ist von diesem Erfolg überwältigt und bekommt erneut eine Bestätigung für seinen Traumjob. Wenn es sein muss, schleppt er auch schon mal Koffer.

Von Simon Bauer, Freising

Mit einem breiten Lächeln im Gesicht drückt Skender Ademi seinem Kollegen der Flughafenlinie 635 vor der Ablösung am Steuer ein paar Geldmünzen in die Hand. "Hier, kauf dir davon einen Kaffee. Ich wünsche dir frohe Weihnachten", sagt Ademi und nimmt auf dem Fahrersitz des Busses Platz. Überpünktlich. Er ist einer der Fahrer der Buslinie 635 und pendelt täglich zwischen dem Freisinger Bahnhof und den Terminals des Flughafen München. Doch Skender Ademi ist eben kein gewöhnlicher Busfahrer. Er wurde von seinen Fahrgästen bereits zum zweiten Mal in Folge zum Busfahrer des Jahres im Landkreis Freising gewählt, die Kriterien dafür sind Freundlichkeit, Pünktlichkeit und Auskunftsbereitschaft. "Dieses Gefühl kann man nicht beschreiben, es ist unglaublich. Ich habe das nicht erwartet", freut sich der leidenschaftliche Busfahrer. Ursprünglich hätte er an seine Fahrgäste appelliert, ihn dieses Jahr nicht zu wählen, um einem anderen Fahrer die Chance zu geben, doch es sei anders gekommen. "Ein frühes Weihnachtsgeschenk", lacht er.

Skender Ademi stammt aus dem Kosovo und ist 1996 nach Deutschland gekommen. Sein Maschinenbaustudium in seinem Heimatland musste er abbrechen, doch in Freising ist der 47-Jährige glücklich geworden. Mit seiner Frau und vier Kindern lebt er dort, hat mittlerweile die deutsche Staatsbürgerschaft und als Busfahrer seinen Traumjob gefunden. Früher hätte er einen Stadtbus in Freising gefahren, jedoch vor etwa drei Jahren das Angebot des RVO Erding bekommen, zur Flughafenlinie zu wechseln. Jetzt freue er sich jeden Tag auf die Fahrten. "Es ist so eine schöne Strecke. Sie gefällt mir zu einhundert Prozent besser, als meine frühere Stadtbusroute."

Skender Ademi schließt die Türen und steuert mit ruhigen Bewegungen aus dem Freisinger Bahnhof. Er würde als Busfahrer sehr viel von sich selbst verlangen und ist ehrgeizig. "Ich will nicht nur stumm der Fahrer sein, ich will den Leuten helfen und für sie da sein. Meine Fahrgäste sind meine Familie", betont der Busfahrer des Jahres mit Nachdruck. Er würde sich gut auf seine Fahrten vorbereiten und früh aufstehen, um immer pünktlich zu sein. Er schlafe täglich nur etwa vier Stunden. Zu spät kommen ist für Skender Ademi keine Option. Sogar wenn er in einen Stau kommt, würde er es schaffen, alle Fahrgäste rechtzeitig an ihr Ziel zu bringen. "Ich habe einen Geheimtrick für Stausituationen, doch den verrate ich niemanden", sagt er mit einem schelmischen Lächeln. "Aber ich bekomme dafür immer Applaus." Ein Busfahrer, der auf der entgegengesetzten Spur vorbeifährt, grinst und streckt den Daumen in die Luft. Ademi winkt zurück. Offensichtlich wird sein zuvorkommendes Handeln belohnt. "Die Fahrgäste schenken mir manchmal Schokolade, meine Kollegen geben mir Getränke aus. Meine Chefin hat mir jetzt sogar als Geschenk zwei Wochen freigegeben", sagt er und zeigt sein herzliches Lachen.

Doch er hätte auch schon Probleme mit aggressiven Fahrgästen und Zahlungsverweigerern gehabt. "Ich musste aber noch nie die Polizei rufen und konnte alles selbst lösen", fügt er an. Nur wenn es um das Thema Verschmutzung geht, kennt Skender Ademi keinen Spaß. Essen und Getränke sehe er nicht gerne in seinem Bus. Wenn jemand beispielsweise Bier auf dem Boden verschütte, würde er ihn freundlich des Busses verweisen, so Ademi.

Die Haltestelle des Besucherparkplatzes am Flughafen München ist voll mit Reisenden, die ihre großen Koffer für den Einstieg bereithalten. "In meinem Bus ist für jeden Platz", kommentiert Ademi. "Ich mache immer komplett voll und wenn die Leute auf dem eigentlich verbotenen Platz vorne bei den Türen stehen müssen." Außerdem warte er immer eine Minute, ob noch Nachzügler angelaufen kämen. Auf jeden könne er trotzdem nicht warten. Alles, was außerhalb von Haltestellen geschieht, kann einen Busfahrer den Job kosten.

Skender Ademi verweist auf eine Metalltreppe neben der Haltestelle. "Hier habe ich schon viele Koffer hinaufgetragen. Ich will immer helfen. Es ist mir peinlich, wenn eine Frau ihren schweren Koffer selbst tragen muss." Er fährt wieder an und wechselt die Spur. Das Fahren selbst bereite ihm keine Probleme, er habe immer alles im Blick. An der nächsten Haltestelle steigen mehrere Leute aus, Ademi verabschiedet sie mit einem Kopfnicken. Die Zugestiegenen kommen nach vorne, um ein Ticket zu kaufen. Skender Ademi will wissen, wie es in Freising weitergehen soll, klärt über Routen und Abfahrtszeiten der Züge auf und empfiehlt die preisgünstigsten Tickets. Seine Arbeit beinhalte für ihn zwei Jobs in einem. "Ich bin einerseits Fahrer und andererseits Berater. Ich weiß alles." Er zeigt auf eine blonde Frau, die gerade ein Ticket bei ihm gekauft hat. "Solche Fahrgäste sind mir am liebsten. Sie lächeln mich an und sind freundlich." Beide lachen herzlich. "Sie hat mir zehn Cent zu wenig gegeben", flüstert Ademi, als die Frau in den hinteren Teil des Busses geht. "Egal!" Auch viele wohlbekannte Gesichter scheint er zu sehen, die ihn beim Einsteigen mit Handschlag grüßen.

Vom Flughafen geht es schließlich wieder zurück zum Freisinger Bahnhof. Das Image seiner Firma sei ihm auch sehr wichtig, betont der 47-Jährige. "Wenn Fahrgäste öfters zu spät kommen, ist das schlecht für das Busunternehmen. Das will ich nicht", betont er. In Freising wartet schon die nächste Gruppe schwerbepackter Reisender auf ihn. Er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, wenn man auf ihn warten müsse, so Ademi.

Skender Ademi winkt zum Abschied und bricht zur nächsten Flughafenfahrt auf. Das Gebot, während der Fahrt nicht mit dem Fahrer zu sprechen, wurde gebrochen und der Busfahrer des Jahres aus Leidenschaft wird noch vielen anderen Fahrgästen ein Lächeln schenken.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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