Freisinger Stadtmoosach:Nur den Deckel abnehmen

Sehnsucht nach einem erlebbaren Bachlauf inmitten der Altstadt: Bei der Diskussion der Innenstadt-Konzeption setzen sich die Experten für eine geöffnete Moosach ein.

Sabina Dannoura

Geopfert für einen Platz mit dem Kriegerdenkmal als Zentrum, fließt die Stadtmoosach seit 1880 nicht mehr offen durch die Obere Hauptstraße in Freising. Die Sehnsucht nach einem erlebbaren Bachlauf inmitten der Altstadt ist aber unvermindert groß. "Was das für Möglichkeiten eröffnet! Wir würden Natur direkt in die Stadt holen." Eine Frau gerät bei dieser Perspektive ins Schwärmen, denn noch nie sind die Chancen so gut gestanden, dass sich der unter den Steinen des Bürgersteigs versteckte Bach wieder zeigen darf. Vehement befürworten schließlich die mit der Innenstadt-Konzeption befassten Experten dieses Vorhaben: "Sie müssen nur den Deckel abnehmen", sagt Stadtplaner Reinhard Bachtler. Er will freilich mehr: Die Stadtmoosach soll für die Menschen zugänglich werden mit Treppenstufen. "Dann kann man die Füße darin baden", beschreibt Bachtler seine Vision.

Freisinger Stadtmoosach: Die Stadtmoosach wieder sichtbar machen - das ist ein Wunsch der Innenstadtplaner.

Die Stadtmoosach wieder sichtbar machen - das ist ein Wunsch der Innenstadtplaner.

(Foto: region.frs)

Die Ideen, die in den vergangenen Wochen für eine Neugestaltung der Innenstadt entstanden sind, werden immer konkreter - und finden bei den Bürgern durchaus Anklang. Das Team um Planungschefin Sonja Rube hat am Mittwoch bei einem Informationsabend Ergebnisse umfangreicher Analysen und Leitziele präsentiert. Alle 90 Plätze im großen Sitzungssaal des Rathauses sind an diesem schwülen Sommerabend belegt. Die Vorträge geraten zwar ein wenig lang, was bei einem Plangebiet von 68 Hektar nicht überrascht, trotzdem hat die Hälfte der Zuhörer nach zwei Stunden noch nicht genug: In drei Foren wird nachgehakt und diskutiert.

Gut ein Duzend Leute hat sich mit Bachtler zurückgezogen und befasst sich mit dem Thema Städtebau. Ein Aufgabenfeld, das nicht nur auf gestalterische Aspekte wie eine Aufwertung der westlichen Altstadt mit Öffnung der Moosach abzielt: Es greift die Ergebnisse der Handels- und Verkehrsuntersuchung auf und versucht, Lösungen aufzuzeigen. So hat Marketing-Spezialist Christian Hörmann ausgemacht, dass dem Zentrum 7000 Quadratmeter zusätzliche Ladenflächen guttun würden, vor allem im Textilbereich, aber auch in Nischenbranchen. Bachtler hat dafür geeignete Flächen in der Fischergasse ausgemacht: das Sportgelände "von Turnvater Jahn", das in der Innenstadt nicht so glücklich platziert sei, und den unansehnlichen Woolworth-Parkplatz, der Autoverkehr in die Gasse locke.

Nicht ganz so neu ist der Vorschlag, auf dem Areal der ehemaligen Sankt Georgsschule bis zur Hochtrasse ein Geschäftszentrum mit Kino zu etablieren - die Verhandlungen zwischen Stadt und Unternehmer Franz Josef Haslberger sind vor Jahren gescheitert. Weiterhin möchte Bachtler einen Plan aufgreifen, der seit Jahren in der Schublade verstaubt: den Bauhof zu verlagern und so von Lerchenfeld aus einen attraktiven Zugang in die Altstadt schaffen. Die heutige Unterführung sei "unwürdig" für Freising, kritisiert er.

Notwendig und nicht notwendiger Verkehr

Eine Fußgängerzone unterstützen die Planer explizit nicht, was bei einigen Zuhörern gut ankommt. "Wie soll ich einen gekauften Tisch zu Fuß bis zum Parkhaus schleppen?", fragt eine besorgte Kundin. Sie ist beunruhigt, weil Verkehrsplaner Christian Fahnberg den "nicht notwendigen Verkehr" verdrängen möchte. "Notwendig" sind seiner Meinung nach Lieferverkehr, Fahrten der Anwohner, von Behinderten und für Arztbesuche; die Stadtbusse, deren Akzeptanz steige, und Radfahrer müssten weiter durch die Hauptstraße fahren können, so Fahnberg. Öffentliche Parkplätze sollten aber "fast abgeschafft" werden.

Freisinger Stadtmoosach: Die Haydstraße sowie die Alois-Steinecker-Straße von Westen sollen wieder befahrbar sein, damit das Altstadt-Parkhaus besser erreichbar wird.

Die Haydstraße sowie die Alois-Steinecker-Straße von Westen sollen wieder befahrbar sein, damit das Altstadt-Parkhaus besser erreichbar wird.

(Foto: Marco Einfeldt)

Damit die Kunden die Geschäfte dennoch gut erreichen, wird untersucht, ob in unmittelbarer Nähe zur Karlwirtkreuzung ein Parkhaus gebaut werden kann. Einfacher zugänglich werden soll das Altstadt-Parkhaus. Fahnberg regt an, die Einbahnstraße in der Alois-Steinecker- und in der Haydstraße aufzuheben. Auf dieser Route soll dann der Hauptverkehr innerhalb des Altstadtrings abgewickelt werden. Die Kammergasse, dann ebenfalls gegenläufig befahrbar, aber hauptsächlich für Anlieger, solle in eine Art "Fahrradstraße" umgewidmet werden.

Im dritten Forum geht es anfangs kontrovers zu. Anlass: Handelsspezialist Hörmann hat diagnostiziert, dass Kaufkraft nach München, Landshut und Erding "über ein tolerierbarer Maß" hinaus abfließe. Ein Teilnehmer glaubt, dass Erding mit seinen Einkaufszentren im Vorteil sei, und wirft Freising "verpasste Großchancen" vor. Hörmann widerspricht vehement: Freising habe den Kardinalfehler, Läden auf die grüne Wiese zu verlagern, eben nicht gemacht, lobt er ausdrücklich. Der Stadt rät Hörmann unter anderem zu einem professionellen Innenstadt-Management.

Wie gut der Prozess für eine Aufwertung des Zentrums und die bislang bekannten Vorschläge ankommen, zeigen Kommentare, die Besucher des Infoabends auf einer Tafel hinterlassen haben. "Wo ist der Bagger?", heißt es da ungeduldig, ein anderer lobt: "Gut, dass Fachleute rangelassen werden."

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