Rotary Club München Flughafen:"Unser Spendenvolumen beträgt 40 000 Euro"

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Ein Jahr lang war Waldtraud Böhme Vorsitzende des Rotary Clubs München Flughafen. Sie wehrt sich gegen das Image, nur ein Reiche-Leute-Verein zu sein: Man tue viel für Notleidende in der Region und der Welt.

Interview von Clara Lipkowski, Neufahrn/Flughafen

Wer Rotary Club hört, denkt oft an eine elitäre Veranstaltung. Waltraud Böhme sieht das anders. Sie ist Noch-Präsidentin des Clubs München Flughafen der vor 15 Jahren gegründet wurde und sagt: "Zu Rotary passt grundsätzlich jeder, der berufstätig ist und sich sozial engagiert oder engagieren will." Wie vorgesehen, rotieren nach einem Jahr alle Amtsinhaber im Club, daher auch der Name. Dann wird Böhme das Amt an einen Freisinger Arzt übergeben.

Frau Böhme, Sie waren nun ein Jahr Präsidentin des Rotary Clubs am Flughafen. Was macht der Club in der Region eigentlich genau?

Waltraud Böhme: Wir sind ein offener Club, offen für Frauen und Männer. Auch die Partner unserer Mitglieder sind immer willkommen. Wir setzen uns für das Gemeinwohl ein und helfen regional und international, wo staatliche Mittel nicht ausreichen. In Bolivien beispielsweise unterstützen wir Studenten und in Tansania eine Internatsschule mit Computern. Unser jährliches Spendenvolumen beträgt etwa 40 000 Euro. Das Geld spenden wir aber nicht einfach, wir setzen es für konkrete Projekte ein. Etwa wenn die Tafel einen Gefrierschrank braucht. Oder für den Heimfahrtdienst der Lebenshilfe. Damit können Kinder auch dann an Freizeitaktivitäten teilnehmen, wenn Eltern sie nicht abholen können. Da ich eine behinderte Tochter habe, setze ich mich gern für die Lebenshilfe in Freising ein. Und wir unterstützen den Verein wie auch das Jugendwerk Birkeneck. Aber auch ohne Geld versuchen wir mit Hands-on Projekten zu helfen. Im Club wird aber demokratisch abgestimmt, wofür wir das Geld ausgeben. Das nehmen wir über mehrere Aktivitäten im Jahr ein, zum Beispiel durch unsere Tombola am Münchner Flughafen. Der andere Teil kommt aus Mitgliederspenden.

Freisinger Köpfe
:Aus der DDR nach Neufahrn zu Rotary

Waldtraud Böhme vom Rotary Club München Flughafen war früher einmal eine "rechtskräftig" verurteilte "Straftäterin". Das war Ende der 1970er Jahre in der DDR.

Warum wurde der Club am Flughafen gegründet?

Es kam der Wunsch auf, auch in der Flughafenregion und den Orten Hallbergmoos, Eching und Neufahrn einen Rotary Club zu haben. Mittlerweile sind wir 41 Mitglieder.

Was sind konkret Ihre Aufgaben als Präsidentin?

Als Präsidentin leite ich den Club und die wöchentlichen Meetings. Außerdem bin ich im Mitgliederentwicklungsausschuss, der sich um neue Mitglieder bemüht.

Wie erklären Sie sich, dass dem Club das Image eines "Reichen-Clubs" anhaftet?

So genau weiß ich das nicht. Ich denke, das muss man das im Kontext der Geschichte sehen. Rotary wurde ja vor mehr als 100 Jahren gegründet, unter anderem von einem Kohlehändler und einem Textilkaufmann. Das waren bestimmt reiche Leute. Vielleicht gab es früher eine gewisse Arroganz gegenüber weniger Gebildeten. Das sind aber lediglich Hypothesen. Heute suchen wir aktiv Mitglieder aus allen Berufsschichten. Eine Zeit lang waren Clubs auch überaltert und vielleicht gar zu kritisch gegenüber Neuaufnahmen, das könnte auch ein Grund sein.

Im Rotary Club kann man nicht einfach Mitglied werden. Man wird ausgewählt. Wie kamen Sie zu Rotary?

Ja, man wird ausgewählt, gebeten - wie immer Sie das nennen wollen. Ich war in der Kommunalpolitik für die CSU sehr aktiv. Da kam man irgendwann auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir eine Mitgliedschaft vorstellen könnte. Seit knapp 16 Jahren bin ich nun Mitglied.

Wie genau wird man Mitglied?

Jedes Mitglied kann ein potenzielles Neumitglied vorschlagen. Der Mitgliederentwicklungsausschuss berät sich und prüft Eckdaten wie die Berufsklasse. Danach führen Mitglieder mit der Person ein Gespräch. Verläuft es positiv kann sich der Aufnahmekandidat durch Meetingbesuche ein Bild vom Club machen. Auch von den Dingen, die auf ihn zukommen. Es gibt einen Mitgliedsbeitrag und eine freiwillige Spendenselbstverpflichtung. Im späteren Verlauf wird nach der "Kennlernphase" über die Aufnahme abgestimmt.

Ist der Club also doch ein Club für Reiche?

Nein. Wir wollen alle Gesellschaftsschichten abbilden, wir haben querbeet Berufe. Professoren, Ärzte, Juristen, Selbständige, eine Museumsmitarbeiterin, Steuerberater, eine Apothekerin, einen Theologen und eine Lehrerin.

Auch Handwerker?

Handwerker möchten wir auch sehr gern aufnehmen, momentan haben wir einige in der "Pipeline". Und ich selbst komme ja auch aus den handwerksähnlichen Berufen.

Stimmt es, dass es strikte Anwesenheitspflicht gibt?

Na ja ( lacht). Es gibt wahrscheinlich Präsidenten, die sind da streng. Ich habe meinen Fokus nicht so sehr darauf gelegt, mehr auf das Thema Kultur. Wichtig ist, dass es zwischenmenschlich stimmt.

Was machen Sie in den wöchentlichen Meetings?

Unser Clublokal ist das Käfer-Bistro am Flughafen. Die Meetings haben einen relativ festen Ablauf. Wir wissen ja, die Mitglieder haben wenig Zeit. Zuerst besprechen wir, was anliegt. Da mache ich gerne eine Power Point Präsentation. Danach folgt das gemeinsame Essen. Das ist wichtig für uns, weil wir freundschaftliche Kontakte pflegen möchten. Dann folgt ein Vortrag von 20 Minuten, zu dem wir jeweils einen Referenten einladen. Thematisch sind die Vorträge breit gefächert. Das kann über Handwerk sein oder Kulturelles. Einmal hatten wir das Thema Slow Food.

Ist Rotary ein Karrierenetzwerk?

Ganz klar nein. Würde jemand explizit mit dem Vorhaben Mitglied werden wollen, nähmen wir ihn nicht. Aber wenn im Club mal jemand seine Arbeit verliert und ich wüsste, dass es jemanden aus der Branche gibt, der helfen könnte, warum nicht?

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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