Freising:Wie eine Existenz die andere beeinflusst

Die Ausstellung "Transflexion" im Schafhof fußt auf der buddhistischen Lehre der bedingten Entstehung

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Wer die aktuelle Ausstellung mit dem Titel "Transflexion" im Schafhof besucht, die am Freitagabend eröffnet wurde, der bekommt erst einmal einen Kopfhörer in die Hand gedrückt. Wer ihn aufsetzt, der hört die Musik, die Alexander Hacke, Mitglied der legendären Berliner Band "Einstürzende Neubauten", extra für dieses ungewöhnliche Ausstellungsprojekt aufgenommen hat. Sie ist so ungewöhnlich, dass sie nach Freising auch in New York gezeigt werden soll. Sechs Künstler zeigen hier ihre Videoarbeiten, die im Kollektiv entstanden sind. Grundidee dieser Ausstellung ist die buddhistische Vorstellung von der Gesellschaft. Die besagt: Alles ist durch anderes bedingt. Alles ist von anderem abhängig, wird durch anderes bestimmt und entsteht und vergeht in Abhängigkeit von anderem.

Klar wird das beispielsweise, wenn man sich die Videoanimation von Helga Griffiths betrachtet, die in einem abgedunkelten Raum tomografische Aufnahmen ihres eigenen Gehirn zeigt, die im Max-Planck-Institut aufgenommen wurden. Ohne die Musik sagen die Bilder dem Betrachter erst mal nicht sonderlich viel. Tiefe und Spannung erhält das Grau in Grau erst mit der Komposition von Alexander Hacke. Man scheint einzutauchen in das Innere eines Systems, das bestimmt ist von Werden und Vergehen mit sich ständig verändernden Prozessen. Mit dem Betrachten der Bilder ändert sich auch der Charakter der Musik. Jede Arbeit für sich allein genommen hat nicht die Wirkung wie in der Kombination. Wer länger durch die Ausstellung geht, sieht die einzelnen Videoarbeiten nicht nur für sich alleine gestellt, sondern als Teil eines Gesamtkonzepts. Dafür hat zwar jeder Künstler seinen individuellen Beitrag geleistet, geht aber damit auf im großen Ganzen. Um das Zusammenspiel von Visionen und realen Vorgängen geht es in der Arbeit von Thomas Lürs mit dem Titel "Pendulum". Die Realtime-Videoinstallation zeigt die Projektion eines vor- und zurückschwingenden Pendels. Gleichzeitig wird der Betrachter von zwei Kameras aufgenommen und als Bild in die Pendelkugel projiziert, erst von vorne, dann von hinten. So wird man Teil eines Kunstwerks, ob man will oder nicht.

Die buddhistische Vorstellung von einem großen Ganzen, in dem sich alles vereint, findet sich in der Arbeit von Caspar Stracke wieder. Grundlage seiner Videoinstallation im Tonnengewölbe sind Fotosammlungen aus Städten, die verschiedener nicht sein könnten: Seoul, Teheran und New York. Es sind Briefkästen, weggeworfene Zeitungen, Mülleimer oder Straßenschilder, versehen jeweils mit Textbeiträgen von Einwohnern vor Ort. Alles unscheinbare Dinge im öffentlichen Raum, die überall zu finden sind, die aber in jeder Kultur anders bewertet werden.

Die Ausstellung im Schafhof dauert noch bis zum 31. Mai, Dienstag bis Samstag von 14 bis 19 Uhr, Sonntag von 11 bis 19 Uhr. Eine Führung findet am 14. April um 17.30 Uhr statt, ein Künstlergespräch mit allen Künstlern aus der Ausstellung am 16. Mai um 15 Uhr.

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