Freising: Proteste gegen Atomkraft:Das Misstrauen bleibt

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Isar 1 soll vom Netz genommen werden. Doch ob der Atommeiler wirklich dauerhaft außer Betrieb gesetzt wird - da sind Freisings Atomkraftgegner skeptisch.

Petra Schnirch

Immer wieder sind sie in den vergangenen Wochen zu den Mahnwachen am Tor von Isar 1 nach Niederaichbach gefahren. Nun ist ein wichtiges Etappenziel erreicht: Der Reaktor soll vom Netz genommen und abgeschaltet werden.

Freisinger Atomkraftgegner hielten am Montagabend in Niederaichbach vor den Atomkraftwerken Isar 1 und Isar 2 eine Mahnwache. (Foto: dpa)

Doch rechte Freude will bei den Atomkraftgegnern im Landkreis Freising angesichts der Nachrichten aus Japan nicht aufkommen. "Es bleibt ein schales Gefühl", sagt der SPD-Kreisvorsitzende Peter Warlimont. Und ein gewisses Misstrauen, ob die Entscheidung die Landtagswahlen, die in mehreren Bundesländern anstehen, überdauern wird. Andreas Henze, Sprecher des Freisinger Bündnisses für den Atomausstieg, geht sogar davon aus, dass die Mahnwachen vorerst weitergehen, bis Isar 1 nicht mehr angefahren werden kann.

Den Grünen in Moosburg boten die beiden Meiler bei Landshut vor kurzem sogar Stoff für ihren Wagen beim Faschingszug: Dass die Evakuierungspläne der Staatsregierung im Notfall davon ausgingen, "dass die Strahlung an der Bezirksgrenze halt macht", nahm der Ortsverein am Faschingsdienstag aufs Korn. "Dass wir so von der Realität eingeholt werden, ist schon tragisch", sagt Ortsvorsitzender Johannes Becher.

Etwas verwundert reagiert der CSU-Landtagsabgeordnete Florian Herrmann auf die Entscheidung, den Reaktor aus dem Jahr 1979 jetzt vom Netz zu nehmen. "Mein Herz hängt nicht an Isar 1", sagt er. Eon habe schon vor einigen Monaten angedeutet, dass es auch ohne ihn gehen werde. Allerdings gebe es keine neuen Erkenntnisse zur Sicherheit des Kernkraftwerks. Dann hätte man auch "schon vor drei Monaten oder drei Wochen zu dem Ergebnis kommen können".

Atomkraftgegner fühlen sich belogen

Für Henze steht fest: In puncto Sicherheit "sind wir die ganze Zeit belogen worden". Atomkraftgegner seien über Jahre hinweg belächelt und als rückständig bezeichnet worden, sagt Warlimont. Doch alle die, die stets behauptet haben, die Atomkraftwerke seien sicher, "müssen das jetzt mit ihrem eigenen Gewissen vereinbaren". Landrat Michael Schwaiger (FW) zeigt sich aufgrund der Nähe der beiden Reaktoren bei Ohu erleichtert über die Ankündigung - auch er hofft, dass es nach dem Auslaufen des dreimonatigen Moratoriums bei der Entscheidung bleibt. Isar 1 sei wie die Atomkraftwerke in Fukushima ein Siedewasserreaktor. Eines der Argumente für eine Abschaltung seien die "tagtäglichen Überflüge" in nicht allzu großer Höhe durch die Nähe des Flughafens gewesen.

Vordringlich ist laut Herrmann nun, wie die Energieversorgung künftig geregelt werden kann. Sie müsse bezahlbar, verlässlich und möglichst CO2-neutral sein. Die ganze Gesellschaft müsse aufwachen, denn bisher rege sich gegen alternative Energiequellen wie Windrad, Biogas oder Photovoltaik-Parks regelmäßig Widerstand. Der ursprünglich von Rot-Grün anvisierte Atomausstieg bis zum Jahr 2020 ist für Becher "eine gute Hausnummer". Bis dahin könne der Umstieg gelingen.

© SZ vom 16.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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