Freising:CSU-Politiker besuchen Startbahngegner

Lesezeit: 3 min

  • Drei CSU-Politiker haben sich mit Gegnern der dritten Startbahn am Flughafen München getroffen.
  • Nachdem sie sich einen Eindruck über die Belastung verschafft haben, hieß es, man werde die Erkenntnisse in die Entscheidung miteinbeziehen.
  • Fraktionschef Thomas Kreuzer schloss einen Verzicht auf das Baurecht jedoch aus.

Von Kerstin Vogel und Wolfgang Wittl, Freising

Mit einem überraschenden Fazit ist die Landtags-CSU von einer Ortsbesichtigung zum Bau einer dritten Startbahn am Flughafen zurückgekehrt. Von einem "Meilenstein für die Meinungsbildung" sprach Markus Blume, der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, der sich mit Fraktionschef Thomas Kreuzer und dem Freisinger Abgeordneten Florian Herrmann einen Eindruck verschaffte.

Blume nannte es "interessant, die Betroffenheit unmittelbar vor Ort zu sehen". Man werde die Erkenntnisse in die Entscheidung einbeziehen. Welche das sind, bleibt vorerst jedoch offen. Kreuzer betonte, es sei für ihn ausschließlich um einen Informationsgewinn gegangen. Er habe den Startbahngegnern nichts in Aussicht gestellt. Einen Verzicht auf das Baurecht schloss Kreuzer aus.

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Dass die CSU-Landtagsfraktion, die den Bau mit großer Mehrheit befürwortet, eine Kehrtwende vollzieht, war nicht zu erwarten. Doch schon der Besuch war bemerkenswert. Ministerpräsident Horst Seehofer war intern noch kritisiert worden, als er Attaching besucht hatte. Dass Kreuzer sich nun selbst umsah, begrüße er ausdrücklich, sagte Seehofer der SZ. Es entspreche seiner Vorstellung von Politik, gerade auch bei unterschiedlichen Positionen mit der Bevölkerung in Dialog zu treten.

Den Ort für Kreuzers Besuch hatten die Freisinger Startbahngegner gut gewählt: Von der Aussichtsplattform am Kardinal-Döpfner-Haus sieht man perfekt, wie nah der Flughafen schon jetzt an der altehrwürdigen Domstadt liegt. Hier kann man gut zeigen, wie die Flugrouten einer dritten Startbahn über Weihenstephan und den Süden der Stadt hinweg verlaufen würden - Kreuzer kommentierte die Ausführungen von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher dazu allerdings mit wenig mehr als einem undeutlichen Brummen.

Konkrete Aussagen gibt es noch nicht

Die CSU werde jetzt "beraten", eine Entscheidung werde "zeitnah" fallen, so viel sagte er zumindest, als es im strömenden Regen ins Kardinal-Döpfner-Haus ging. Konkretere Aussagen konnten ihm die Startbahngegner aber auch beim anschließenden Gespräch hinter verschlossenen Türen nicht abringen.

Eschenbacher und der Kreisgeschäftsführer des Bundes Naturschutz, Manfred Drobny, erklärten am nächsten Tag, sie hätten den Eindruck gewonnen, Kreuzer könne sich zumindest vorstellen, "für jetzt" auf den Bau der Startbahn zu verzichten. Das Baurecht aber werde die Landtags-CSU wohl nicht aufgeben. Kreuzer habe zugesagt, die Argumente der Startbahngegner einzubeziehen, sagte Eschenbacher: "Er hat aber auch gesagt, dass der wirtschaftliche Aspekt in die Abwägung einfließt."

All zu viel erwartet hatten die Startbahngegner von dem Besuch ohnehin nicht. "Heute wird die Entscheidung sicher nicht fallen", sagte Hartmut Binner, Sprecher des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt", als man am Mittwochabend auf dem Domberg auf den Besuch aus München wartete. Kreuzers Entourage hatte sich verspätet, weil zuvor noch eine Dorfführung in Attaching auf der Tagesordnung stand.

Außerdem hatte Michael Buchberger, der Vorsitzende der BI Attaching, die Münchner Gäste zu den Referenzpunkten gebracht, an denen die Flugzeuge von und zum Flughafen schon jetzt so niedrig fliegen, wie sie es nach dem Bau einer dritten Startbahn in dem Freisinger Stadtteil tun werden.

Nicht nur Attaching wäre betroffen

Vorgenommen hatten sich die Startbahngegner auch, dem CSU-Fraktionschef zu zeigen, dass eine weitere Startbahn neben den Hauptbetroffenen in Attaching eine große Anzahl weiterer Bürger massiv belasten würde. Deshalb hatte man die Gäste auf den Domberg gebeten, wo Monsignore Rainer Boeck als Hausherr des Bildungszentrums die schon jetzt oft sehr starke Lärmbelastung durch die Flugzeuge über dem Mariendom bestätigte.

Es werde häufig versucht, die Folgen des Ausbaus auf Attaching zu reduzieren, sagte die Freisinger BI-Sprecherin Eva Bönig: "Es leben aber 350 000 Menschen in dieser Region." 44 Gemeinden und drei Landkreise hätten sich gegen die dritte Startbahn ausgesprochen, erinnerte Manfred Pointner, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft, während der frühere Berglerner Bürgermeister und Vorsitzende der Fluglärmkommission, Herbert Knur, auf die Situation im Osten des Flughafens hinwies.

Er wolle "die Attachinger Probleme nicht kleinreden, die sind brutal", so Knur. In Berglern aber sei es nur wenig besser - von einer dritten Startbahn wären zwei Kindergärten und -krippen durch Überflüge massiv betroffen. Eschenbacher erwartet nun eine relativ zügige Entscheidung der CSU-Landtagsfraktion. Deren Fahrplan sieht weitere interne Gespräche vor. Man dürfe die Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben, aber auch nicht überstürzen. Einer Umsetzung der Pläne stünde dann aber immer noch der negative Bürgerentscheid der Münchner entgegen.

Der stammt zwar aus dem Jahr 2012. Die Stadt fühlt sich jedoch nach wie vor daran gebunden - und ohne Zustimmung der Landeshauptstadt kann nicht gebaut werden.

© SZ vom 15.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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