Freising :Beruf mit Imageproblem

Wegen der Einsparung von Planstellen entfällt an den Berufsschulen regelmäßig Unterricht - auch in Freising. Dabei haben Berufsschullehrer wegen steigender Schülerzahlen derzeit gute Chancen auf einen festen Arbeitsplatz

Von Christoph Dorner, Freising

Sie gehe mit einem weinenden Auge, hat Elfriede Moser Ende Januar gesagt, als bekannt wurde, dass die Leiterin der Berufsschule Freising während des laufenden Schuljahres nach München wechselt. Am Staatlichen Studienseminar für die Ausbildung der Lehrer an beruflichen Schulen, einer Dienststelle des Kultusministeriums, ist Moser mittlerweile für die Qualitätssicherung der Lehrerausbildung an den Berufsschulen zuständig. Die Zuständigkeit für die Qualitätssicherung an der Berufsschule in Freising hat ihr Nachfolger Matthias Fischer übernommen - auch sie ist nicht gerade ein leichtes Unterfangen.

Denn an den beruflichen Schulen fällt wegen fehlenden Lehrpersonals regelmäßig Unterricht aus. Bayernweit werden im laufenden Schuljahr nur 92 Prozent des Unterrichts abgedeckt, an einzelnen Berufsschulen in Oberbayern falle mehr als jede zehnte Unterrichtsstunde aus, sagt Rudolf Keil, oberbayerischer Bezirksvorsitzender des Verbands der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern (VLB). Dieser hatte Anfang Juli einen offenen Brief an Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) veröffentlicht, in dem kritisiert wurde, dass die Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen seit Jahren "katastrophal" sei. Dies liege auch an der Prognose rückläufiger Schülerzahlen aus dem Jahr 2011, die mittlerweile überholt sei, aber noch Bemessungsgrundlage bis zum Schuljahr 2019/20 sein soll. Hierfür spielt auch der steigende Bedarf an berufsvorbereitenden Klassen für junge Flüchtlinge eine Rolle. Als Reaktion auf den offenen Brief des VLB hatten die Landtagsfraktionen von SPD, Freien Wählern und Grünen Dringlichkeitsanträge im Bayerischen Landtag eingereicht und Hunderte zusätzliche Planstellen für die Berufsschulen gefordert.

Auch an der Freisinger Berufsschule sei die Unterrichtsversorgung seit vielen Jahren nicht hundertprozentig, sagt Ingrid Link, Ständige Vertreterin des Schulleiters. Wegen der Einsparung von Planstellen habe man Schwierigkeiten, den allgemeinen und fachlichen Pflichtunterricht abzudecken. Denn auch in Freising seien die Schülerzahlen, anders als vorhergesagt, zuletzt wieder leicht gestiegen. Hierzu zählen auch drei berufsvorbereitende Klassen für Asylbewerber. Gerne würde man im kommenden Schuljahr noch mehr solche Klassen bilden, betont Link, gäbe es neben dem Personalmangel nicht auch ein akutes Platzproblem. Für zusätzliche Flüchtlingsklassen sei an der Freisinger Berufsschule schlichtweg kein Platz. Bayernweit ist es ähnlich. Derzeit könne nur jeder dritte berufsschulpflichtige Asylbewerber beschult werden, rechnet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vor.

Das Kultusministerium hält dem entgegen, dass an den Berufsschulen im kommenden Schuljahr zu den 260 bestehenden 180 weitere Klassen für junge Asylbewerber eingerichtet werden. In dem Programm, das auf zwei Jahre ausgelegt ist, sollen die Flüchtlinge zunächst Deutsch lernen und dann einen Einblick in die Ausbildungsberufe erhalten. Hierfür sollen die Berufsschulen 150 Lehrerstellen erhalten. Rudolf Keil vom VLB warnt unterdessen davor, den Personalmangel und Unterrichtskürzungen an den Berufsschulen auf die Beschulung von Flüchtlingen zurückzuführen. Dies sei nicht sachgerecht.

Dabei ist die Einstellungssituation für ausgebildete Berufsschullehrer derzeit eigentlich günstig. Während die Chancen für Gymnasial- und Realschullehrer aktuell stark von der Fächerkombination abhängig sind, sei die Perspektive an beruflichen Schulen für alle Fachrichtungen hervorragend, teilte das Kultusministerium in der vergangenen Woche mit. In den Bereichen Agrarwirtschaft, Bautechnik, Metalltechnik, Elektrotechnik und Informationstechnik, Gesundheit und Pflegewissenschaften würden gar alle Bewerber eingestellt.

Rudolf Keil moniert deshalb nicht nur die fehlenden Planstellen, sondern auch das Imageproblem, welches das Berufsschullehramt im Vergleich zum Lehramt für weiterführende Schulen hat. Hier will Elfriede Moser ansetzen: "Wir müssen klar machen, wie interessant dieses Berufsfeld ist." Einige Gymnasiallehrer sehen das mittlerweile auch so, sagt Moser. Sie unterrichten an Berufsschulen - aushilfsweise.

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