Tutuguri in Attenkirchen:Große Kleinkunst in der Hallertau

Norbert Härtl

Norbert Härtl gestaltet die Plakate selbst.

(Foto: lukasbarth.com)

Norbert Härtl, zweiter Vorsitzender des Kulturvereins "Tutuguri", erklärt, wie die Kultur-Bühne funktioniert. Das Publikum kommt aus dem ganzen Landkreis, nur die Attenkirchener sind noch etwas scheu.

Von Dennis Wenzl, Freising

Der Verein Tutuguri betreibt die Kultur-Bühne im Bachfeldhaus in Attenkirchen. Im Rahmen des aktuellen Programms tritt am Mittwoch, 28. Oktober, die Rockband "Fat Angel" auf. Zweiter Vorsitzender und Mitbegründer des Vereins ist Norbert Härtl. Er ist selbst Künstler und gehört einer Gruppe von Kulturbegeisterten an, die in Attenkirchen ihre Vorstellung von Kulturförderung umgesetzt hat. Mit zunehmendem Erfolg und wachsender Aufmerksamkeit.

SZ: Am kommenden Mittwoch findet im Bachfeldhaus das Konzert von "Fat Angel" statt. Was erwartet die Zuhörer?

Norbert Härtl: "Fat Angel" ist ein Projekt der Band "Simeon Soul Charger" aus Ohio, deren Mitglieder seit einigen Jahren hier im Landkreis zurückgezogen leben und arbeiten. Die Formation hat inzwischen bei zahlreichen Konzerten bewiesen, dass ihre Musik und der Spirit der Woodstock-Generation hier begeistert und vor allem junge Zuhörer findet. Auf die Nachfrage der drei Musiker von "Fat Angel", die sich nach einem Flugzeug benannt haben, für ein Konzert bei uns im Bachfeldhaus, haben unsere aktiven Mitglieder spontan entschieden, unsere bescheidene kleine Bühne für ein intimes Konzert anzubieten. "Fat Angel" spielt an diesem Abend eine feine Auswahl an klassischen Hits und auch weniger bekannten Songs der Psychedelic-Ära und zollen so dem Geist einer ganzen Rock'n'Roll-Generation Tribut. Bei diesem Live-Auftritt konzentrieren sie sich vor allem auf Improvisationen und spontane Eingebungen, was schon in den 50er, 60er und 7-er Jahren charakteristisch für die legendären Live-Shows war. Für alle Fans und Musikkenner, die diese Ausnahmemusiker "live" aus der Nähe betrachten und hören möchten, sollten baldmöglichst Karten reserviert werden, da unser Kontingent an Plätzen beschränkt ist.

Wie setzt sich das Publikum Ihrer Veranstaltung meistens zusammen?

Bei den meisten Veranstaltungen besteht unser Publikum aus Besuchern von Freising und dem Landkreis. Bei einigen Veranstaltungen dürfen wir auch Besucher aus Moosburg, Pfaffenhofen oder sogar aus Landshut begrüßen. Es waren auch schon Besucher aus Regensburg angereist. Leider fanden die Attenkirchener Bürger selber noch keinen rechten Zugang zu unserem anspruchsvollen Programm. Jedoch besuchten in letzter Zeit immer mehr Attenkirchener unsere Veranstaltungen. Aber ohne unsere regelmäßigen Besucher aus Freising und dem Umland wäre es sicherlich frustrierend und schwer, weiterhin unserem hohen Anspruch gerecht zu werden.

Sie sind Mitbegründer des Vereins Tutuguri. Welche Philosophie verfolgen Sie?

Die Zusammensetzung des Vereins aus aktiven Künstlern und Kunstfreunden hatte von Anfang das Ziel, Kulturschaffende und Kunstinteressierte zusammen zu bringen. Das heißt, die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst zu fördern und kulturelle Projekte anzubieten, wie Workshops, Seminare, Kurse und Präsentationen. Unser Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Ziele. Die finanziellen Überschüsse fließen direkt wieder in geförderte kulturelle und sozial-kulturelle Projekte, wie zum Beispiel der von Tutuguri initiierte Kulturen-Treff für unsere derzeitigen Asylbewerber in Attenkirchen.

Wie stellen Sie das Programm zusammen und wie wählen Sie die Künstler aus, die bei Ihren Veranstaltungen auftreten?

Um ein anspruchsvolles und vor allem ein ausgewogenes Veranstaltungsprogramm zu gestalten, treffen sich die acht aktiven Mitglieder von Tutuguri regelmäßig alle vierzehn Tage und erarbeiten jeweils ein Halbjahresprogramm. Meist werden die Vorschläge für Programmpunkte von Mitgliedern eingebracht. Aber inzwischen gibt es auch viele Anfragen von Kunstschaffenden und Agenturen. Das Veranstaltungsprogramm wird dann als Flyer gedruckt und in verschieden Lokalitäten im Landkreis ausgelegt. Der gute Ruf unserer Veranstaltungsorganisation, unsere intime Location mit maximal 85 Plätzen im Bachfeldhaus mit unserem sehr interessierten und aufmerksamen Publikum, hat sich inzwischen so verbreitet, dass wir inzwischen auch Anfragen aus Berlin erhalten.

Worin liegen die Herausforderungen eine nicht-kommerzielle Kultur-Bühne zu betreiben?

Eine nichtkommerzielle Kultur-Bühne zu betreiben ist Utopie - sagt man. Es sei denn, es finden sich Kulturinteressierte die an einem Strang ziehen und es dem Einzelnen klar ist, dass er für seine ehrenamtliche Mitarbeit "nur" Kunst geboten kriegt. Wenn jedes aktive Mitglied seinen ihm möglichen, ehrenamtlichen Beitrag leistet, und am Ende alle das Konzept mittragen, funktioniert es. Aber es ist auch immer ein Spagat zwischen Anspruch und Kommerz. Tutuguri bietet ein anspruchsvolles Programm, um Kultur und junge Kulturschaffende in der Region zu fördern. Andererseits müssen wir auch ein ausgewogenes Programm anbieten, um ein breites Publikum anzusprechen, damit man zumindest bei kostenintensiven Veranstaltungen ein volles Haus bekommt. Was nicht immer leicht ist. Denn dann besteht die Gefahr in den Kommerz abzurutschen, was nicht unser Anliegen und auch nicht die Aufgabenstellung unseres Vereins ist.

Wie entstand die Idee zu einer eigenen Kultur-Bühne und wie sah die Realisierung aus?

Ende Dezember 2012 , mit der Schließung des "Willi Bräu" in Attenkirchen, entstand für viele Kulturfreunde im Landkreis Freising sozusagen ein kulturelles Vakuum. Am 9. Januar trafen sich acht Kulturschaffende und Kulturfreunde aus Attenkirchen und beschlossen den Verein zu gründen um dieses Vakuum wieder zu füllen. Als Vereinsname einigte man sich auf "Tutuguri", den tanzenden Priester aus dem epischen Gedicht von Antonin Artaud, als Symbol für Aufbruch, Bewegung, Kommunikation und aktive Denkprozesse. Am 6. Februar 2013 wurde dann der Verein Tutuguri notariell beglaubigt und als gemeinnützig in das Vereinsregister eingetragen. Als Räumlichkeit für unsere Kultur-Bühne bot Sylvester Denk seine ehemalige Computerwerkstatt an. Das sind natürlich keine Zufälle, das ist Fügung, behaupte ich. Aus dem "Willi Bräu" wurde weitgehend das Inventar in die neue Räumlichkeit installiert und strahlt heute den Flair eines Kleinkunst-Cafés aus.

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