Radler in Freising:Auf der Überholspur

Die Lösung von Verkehrsproblemen gehört zu den Herausforderungen der Zukunft. Ein neuer Radschnellweg nach München könnte dabei helfen. Die Idee stößt auf Begeisterung - und Kopfschütteln

Von Kerstin Vogel, Freising

Zu den Herausforderungen der Zukunft gehört in Stadt und Landkreis Freising neben der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auch die Lösung drängender Verkehrsprobleme. Dass dazu auch ein neuer Radschnellweg nach München beitragen könnte, ist offenbar denkbar.

Rüdiger Jürgens vom Tiefbauamt skizzierte am Mittwoch im Planungsausschuss des Stadtrats jedenfalls eine Trasse, die ein schnelles und bequemes Radeln zumindest bis zur U-Bahnstation in Garching ermöglichen würde. Die Reaktionen im Ausschuss reichten von Begeisterung bis hin zu Kopfschütteln wegen der neuerlichen Flächenversiegelungen, die damit einhergehen würden.

In Dänemark und den Niederlanden gibt es die Radschnellwege schon lange, im Ruhrgebiet sammelt man seit Kurzem Erfahrungen mit dem "RS1": einer Art Autobahn für Fahrradfahrer, die die Metropolen im "Pott" so eben und kreuzungsfrei wie möglich verbindet. Der ADFC hat bereits ein entsprechendes Konzept für München mit einem "Ast" in den Norden der Stadt vorgelegt - und in Freising waren es die Freien Wähler, die im Juli vergangenen Jahres mit einem Antrag an den Stadtrat auf den Zug aufsprangen.

Ihre Forderung: Die Verwaltung möge prüfen, ob der angedachte Radschnellweg zwischen München und Garching nicht bis Freising verlängert werden könnte. Die etwas überraschende Antwort nun: Offensichtlich wäre die Umsetzung so einer Schnellstraße für Radler zumindest bis zur U-Bahn in Garching gar nicht so kompliziert zu bewerkstelligen.

Die Radautobahnen stellen ein völlig neues Element im Radwegenetz dar, eine Trasse für die Zielgruppe "Alltagsradverkehr, Berufs- und Ausbildungspendler", wie Jürgens schilderte. Auf den drei bis vier Meter breiten Schnellwegen rechne man mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 20 Stundenkilometern oder noch mehr, weil man eben als Nutzer auch die zunehmende Zahl von Pedelec-Fahrern sehe, Radlern also, die sich beim Treten von einem mehr oder weniger starken Elektro-Motor unterstützen lassen und deshalb deutlich schneller unterwegs sind.

Radler in Freising: SZ-Karte/Quelle: Stadt Freising

SZ-Karte/Quelle: Stadt Freising

Zu den "Anforderungen" an die neuen Radautobahnen gehöre unter anderem allerdings auch ein Winterdienst, die Reinigung und Beleuchtung der Strecken, möglicherweise der Bau von Serviceeinrichtungen und eine Verknüpfung mit dem bisherigen Radwegenetz und dem Schienenverkehr, fasste Jürgens zusammen.

Das Stichwort "Serviceeinrichtungen" brachte zumindest FSM-Stadträtin Katrin Stockheim etwas aus der Fassung: "Der Gedanke, dass wir jetzt Autobahnen mit Rastanlagen für Radfahrer bauen, ist für mich gewöhnungsbedürftig", sagte sie und kritisierte den zusätzlichen Flächenverbrauch durch diese Schnellwege.

Das Gegenargument kam von den Grünen: "Andere Länder machen uns das schon vor", sagte Sebastian Habermeyer: "Es geht um die Verringerung des CO₂-Ausstoßes, wir müssen die Leute zum Umstieg aufs Fahrrad bewegen." Die Pedelecs seien genau für derartige Strecken da, so der Grünen-Stadtrat weiter: "Es ist gut, dass das Thema angepackt wird." In seinem Bekanntenkreis gebe es einen "enormen Umstieg" aufs Pedelec, ergänzte Norbert Gmeiner (SPD), "da kann man jeden Fahrradhändler fragen".

Andreas Wittmann, der in Freising seit etwa acht Jahren Pedelecs verkauft, bestätigt das. Deutschlandweit habe das Elektrofahrrad mit einem Marktanteil von 14 bis 15 Prozent das Mountainbike seines Wissens nach bereits überholt. Das Alter der Zielgruppe sei bei ihm in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach unten gegangen. Habe man zu Beginn noch Kunden im Alter von 70 plus gehabt, liege man jetzt eher bei 35 plus: "Das geht vom älteren Ehepaar über den selbständigen Unternehmer bis zum Angestellten, der das Rad für die Fahrt zur Arbeit nutzt", schildert Wittmann.

Pedal Electric Cycle

Pedelecs (Pedal Electric Cycle) heißen die modernen Fahrräder, bei denen ein Elektromotor je nach Bedarf mit anschiebt, solange der Fahrer in die Pedale tritt. Regulierbar ist das meist über verschiedene Stufen der Energiezufuhr und eine mehrgängige Schaltung. Die Reichweite ist durch den Akku begrenzt und bewegt sich - je nachdem, wie stark die Unterstützung durch den Motor eingesetzt wird - um die hundert Kilometer. Dabei gilt die Regel: Mehr Gewicht auf dem Rad frisst auch mehr Strom.

Ein "normales" Pedelec hat 250 Watt Motorleistung, ist zulassungsfrei und gilt als normales Fahrrad. Werden 25 Stundenkilometer erreicht, regelt das Fahrrad ab.

S-Pedelecs (Speed-Pedelecs) haben mehr Power (maximal 500 Watt) und dürfen bis zu 45 Stundenkilometer schnell sein. Deshalb ist für diese Fahrzeuge auch eine Mofazulassung erforderlich und es gilt Helm- und Führerscheinpflicht (Mofa- oder Autoführerschein). Mit den S-Pedelecs dürfen derzeit Radwege inner- und außerorts nicht benutzt werden. Wie das auf einer künftigen Radautobahn sein wird, ist - wie so vieles - noch zu klären.

Wer mit dem Gedanken spielt, sich ein Pedelec zuzulegen, sollte sich vorher gut informieren. Es gibt Möglichkeiten des Arbeitnehmer-Leasings, die teilweise interessante Steuervorteile bringen.vo

Die Route einer künftigen Freisinger Radautobahn könnte von der Ismaninger Straße in Freising über die alte Kreisstraße FS11, dann ein kleines Stück am Flughafenzaun entlang rüber zur B 301 und dort weiter bis zum Kreisverkehr an der S-Bahnhaltestelle Hallbergmoos führen, hat Jürgens ermittelt. Der bestehende Radweg an der Bundesstraße müsste dafür entsprechend verbreitert werden und könnte dann über die kaum noch befahrene Straße Richtung Fischerhäuser und über eine wenig bekannte Brücke bis nach Dietersheim fortgesetzt werden. Dort könnte der Schnellweg auf den vorhandenen Radweg zur U-Bahn einmünden.

Diese - laut Verkehrsreferent Robert Weller (FW) - "gute und finanzierbare Lösung" soll nun in der nächsten Straßenbaukonferenz zur Sprache gebracht werden. Ein Beschluss wurde im Ausschuss noch nicht gefasst.

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