Freie Wähler  und die dritte Startbahn:Reine Gigantomanie

Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler, nennt die Ausbaupläne für den Münchner Flughafen völlig unnötig und fordert den Verzicht auf die dritte Startbahn

Von Johann Kirchberger, Freising

"Die dritte Startbahn wird nicht kommen, sie wird genauso scheitern wie der Transrapid oder der Donauausbau". Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler (FW), machte den rund 150 Zuhörern im Sportheim Savoyer Au Mut zu weiterem Widerstand und griff zu deftigen Formulierungen. So sprach er von Gigantomanie und von "größenwahnsinnigen" Wachstumszielen, bezeichnete die Ausbaupläne nicht nur als unnötig, sondern auch noch als schädlich für ganz Bayern. "Es gibt keinen Bedarf für einen dritte Startbahn", rief Aiwanger, und erntete am Ende seiner Rede minutenlangen Applaus.

Statt einer "katastrophalen Weichenstellung in Richtung München" forderte Aiwanger eine Rückbesinnung auf die Regionalität. Bayern bestehe nicht nur aus München, sagte er, die Infrastruktur müsse in der Region stärker entwickelt werden, es müsse alles getan werden, damit Firmen und junge Familien auf dem Lande bleiben könnten. Nürnberg würde wackeln, wenn die dritte Startbahn käme, volkswirtschaftlich sei das Projekt deshalb "verantwortungslos". Notwendig sei ein Flughafengesamtkonzept für München, Nürnberg und Memmingen. Finanz- und Heimatminister Söder forderte Aiwanger auf, für seine Franken zu kämpfen und die dritte Startbahn in München abzulehnen.

Durch den geplanten Ausbau des Flughafens, sagte der FW-Chef, würde der Münchner Airport nur an Attraktivität verlieren. Er wolle, so Aiwanger, dass der Flughafen mit seinen zwei Startbahnen weiterhin gut funktioniere und er trete dafür ein, dass er in öffentlicher Hand bleibe und keine chinesischen oder arabischen Investoren bekomme. Die Dinge müssten überschaubar bleiben. SPD, Grüne und Freie Wähler seien sich in ihrer ablehnenden Haltung gegen die Startbahn einig, so Aiwanger, die CSU aber erliege immer wieder "Wirtschafts- und Lobbyeinflüsterern".

Vor der Versammlung hatte sich Aiwanger vom Freisinger Landtagsabgeordneten Benno Zierer durch die Orte in der Umgebung der geplanten Startbahn führen lassen. Man dürfe nicht ganze Dörfer abreißen "für den Größenwahn einiger Weniger", fasste er zusammen. Man dürfe die Leute nicht von Haus und Hof verscheuchen, "wir sind hier nicht in China". Und bemerkenswert nannte er es, dass Ministerpräsident Seehofer jetzt Gespräche mit Gegnern, Befürwortern und den Fraktionen führen wolle, um sich dann zu positionieren. "Interessant, dass die CSU jetzt eine Position sucht. Die sollen die Position der Freien Wähler übernehmen".

Schon zu Beginn hatte Benno Zierer betont, wie wichtig es jetzt "in der Endphase" sei, "Flagge und Kante" zu zeigen. "Wir können mit dem bestehenden Flughafen leben", meinte er, aber mit allem, was darüber hinausgehe nicht, "weil der Ausbau nicht nötig ist und weil wir ihn nicht brauchen". Die Freien Wähler lehnten die dritte Startbahn schon seit Jahren konsequent ab, weil sie den Menschen nicht zuzumuten sei. Er hoffe, so Zierer, dass Seehofer vor einer Entscheidung tatsächlich ergebnisoffene Gespräche führe und sein Versprechen keine leere Floskel sei.

Auch Manfred Pointner als Vorsitzender der Schutzgemeinschaft machte klar, dass der Verzicht auf den Bau der dritten Startbahn die einzig mögliche Konsequenz dieser Gespräche sein könne. Schließlich habe Seehofer schon vor Jahren erklärt, dass vor einem Ausbau alle notwendigen Infrastrukturmaßnahmen unumkehrbar auf den Weg gebracht und ihre Finanzierung gesichert sein müsste. "Und da fehlt's noch himmelweit", sagte Pointner, allein wenn er an den Ringschluss denke. Halte sich Seehofer an seine Zusage, könne die nächsten fünf Jahre nicht gebaut werden, und das stehe im krassen Widerspruch zu der Aussage von Flughafenchef Kerkloh, wonach die dritte Bahn jetzt oder nie realisiert werde. Mit Zahlen untermauert rechnete Pointner vor, dass der Bedarf in den nächsten 30 Jahren nicht gegeben sei, schon weil die Experten der Flugsicherung lediglich von einer Zunahme der Flugbewegungen um 0,7 bis 1,0 Prozent ausgingen. Der ehemalige Landrat und Abgeordnete bezeichnete es außerdem als Märchen, dass der Steuerzahler durch den Flughafen nicht belastet werde. Allein der Zinsverlust für die gewährten Kredite betrage seit der Eröffnung rund zwei Milliarden Euro.

Die Schutzgemeinschaft, so Pointner, werde auf jeden Fall nichts unversucht lassen, um den Bau der dritten Bahn zu verhindern. Deshalb werde sie auch die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe finanziell unterstützen, obwohl die Chancen dort nicht besonders groß seien. Aber "wir werden auf der rechtlichen Seite nicht aufgeben und auf der politischen sowieso nicht". Wichtig sei es auf alle Fälle, weiterhin viel Überzeugungsarbeit zu leisten.

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