Menschen ohne Obdach:Streetworker am Flughafen

Menschen ohne Obdach: Um Obdachlose am Flughafen kümmern sich Markus Jaehnert(Bildmitte) und Jessica Gürtler. Ins Amt führten sie der evangelische Flughafen-Seelsorger Stefan Fratzscher (l.) und Martin Neukamm, Leiter der Rummelsberger Brüderschaft, ein.

Um Obdachlose am Flughafen kümmern sich Markus Jaehnert(Bildmitte) und Jessica Gürtler. Ins Amt führten sie der evangelische Flughafen-Seelsorger Stefan Fratzscher (l.) und Martin Neukamm, Leiter der Rummelsberger Brüderschaft, ein.

(Foto: Marco Einfeldt)

Jessica Gürtler und Markus Jaehnert kümmern sich um Obdachlose und sollen ihnen Anlaufstellen vermitteln - finanziert von der Betreibergesellschaft

Von Petra Schnirch, Flughafen

Der evangelische Flughafenseelsorger Stefan Fratzscher spricht von einem absoluten Glücksfall. Sozialpädagogin Jessica Gürtler und Diakon Markus Jaehnert kümmern sich seit November um Obdachlose am Flughafen. Die beiden Streetworker suchen das Gespräch, bauen Vertrauen auf, versuchen, weitere Anlaufstellen und Schlafplätze zu vermitteln und den einen oder anderen langfristig vielleicht sogar ganz aufzufangen. Am Montagabend sind Gürtler und Jaehnert bei einem Gottesdienst in der Christophorus-Kapelle des Flughafens offiziell in ihr Amt eingeführt worden.

Das Streetworkerprojekt mit dem Namen "Mose" (für: Menschen ohne Obdach sozial eingliedern) ist eine Kooperation der Kirchlichen Dienste am Airport und der Flughafen München GmbH (FMG). Ein solcher Schulterschluss bei der Obdachlosenbetreuung sei einzigartig und nicht selbstverständlich, betonte Alexander Borgschulze, Leiter der FMG-Konzernsicherheit. Der Flughafenbetreiber finanziert die beiden Streetworker.

Jessica Gürtler, 29, hat in Landshut Soziale Arbeit studiert und anschließend in einer der größten Flüchtlingsunterkünfte in München gearbeitet. Sie hat eine halbe Stelle im Mose-Projekt, die übrige Zeit kümmert sie sich für die Kirchlichen Dienste in erster Linie um Asylbewerber, die während ihres Verfahrens tage- oder wochenweise in Containern auf dem Airport-Gelände ausharren müssen. Markus Jaehnert, 46, war zwölf Jahre lang in der Kreuz-Christi-Kirche in Höhenkirchen in der Jugendarbeit tätig. Parallel dazu studierte der Erzieher Soziale Arbeit.

Etwa 20 Obdachlose halten sich laut Gürtler permanent auf dem Flughafengelände auf, viele andere stundenweise. "Ich habe uns oft als sehr hilflos erlebt", was den Umgang mit ihnen angehe, gestand Pfarrer Fratzscher während des Gottesdienstes. Deshalb sei die Idee zu dem Mose-Projekt entstanden. Kirchliche Dienste und FMG hätten lange - seit Oktober 2014 - darauf hingearbeitet, dass es zum Laufen komme. Dem betroffenen Personenkreis müsse das Gefühl gegeben werden, dass er wertgeschätzt werde. Gleichzeitig müsse man auch vermitteln, dass ein Flughafen keine Heimat bieten könne.

Die Erfahrungen der ersten Wochen bewerten beide Projekt-Partner als sehr positiv. Er hätte nicht gedacht, dass sich so schnell Erfolge zeigen würden, sagte Borgschulze. Bisher sei es den beiden Streetworkern gelungen, Kontakte zu 27 Personen zu knüpfen, auch zehn Übernachtungen in anderen Quartieren hätten sie eingefädelt. Das Problem Obdachlosigkeit an Flughäfen "darf man nicht auf Zahlen reduzieren", sagte Borgschulze. Man dürfe nicht wegschauen, sondern müsse versuchen zu helfen. Statt den Weg der Repression zu gehen, setze die FMG auf Prävention. Flughafenseelsorger Fratzscher schilderte, dass die Streetworker ihre Aufgabe mit Offenheit, Freundlichkeit und Wärme, aber auch mit Klarheit und Struktur angegangen seien. Sie hätten, das zeige sich schon jetzt, die "Gabe, Kontakte zu knüpfen, die tragen".

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