Flughafenausbau:Die Nerven liegen blank

In Attaching wird verzweifelt gegen den Flughafenausbau gekämpft - nun krachte es bei einem Treffen der Bürgerinitiative "Aufgemuckt". Ein interner Streit, der gefährlich werden könnte.

Kerstin Vogel

Vielleicht kann man sich wirklich nicht vorstellen, was in Attaching los ist, wenn man nicht dort wohnt: Da sind auf der einen Seite die Aufkäufer von der FMG, die Grundstücke für den Bau der dritten Startbahn brauchen und in regelmäßigen Abständen mit mehr oder weniger subtil verbrämten Verkaufsaufforderungen bei den Betroffenen klingeln - oder Briefe schicken, deren drohender Unterton kaum zu überlesen ist.

Flughafenausbau: Unermüdlich kämpft der Attachinger Franz Spitzenberger (links) gegen den Flughafenausbau - hier im Februar beim Lichterzeichen-Schweigemarsch. Wünschen würde er sich mehr Unterstützung.

Unermüdlich kämpft der Attachinger Franz Spitzenberger (links) gegen den Flughafenausbau - hier im Februar beim Lichterzeichen-Schweigemarsch. Wünschen würde er sich mehr Unterstützung.

(Foto: Marco Einfeldt)

Auf der anderen Seite kämpft die Bürgerinitiative zunehmend verzweifelt gegen den Flughafenausbau. Sie demonstriert, warnt vor dem Zerfall der Dorfgemeinschaft und appelliert an die Solidarität aller Betroffenen.

Die sollen natürlich nicht verkaufen - doch da ist auch die Angst der Bürger, dass sie in dem Dorf wirklich nicht mehr leben können, wenn in einigen Jahren alle paar Minuten ein Flugzeug im Tiefflug über Wirtschaft, Kirche und Sportgelände in Richtung drei Bahnen donnert. Und klar ist auch die Frage der Kosten, die der Abwehrkampf zusätzlich mit sich bringt, wenn es nach dem Planfeststellungsbeschluss vor Gericht geht.

Wenig hilfreich ist da das Auftreten von Landrat Michael Schwaiger als Vorsitzender der Schutzgemeinschaft bei einer Infoveranstaltung in Attaching, als er weder eine Übernahme der Kosten für die Musterkläger garantieren, noch den Anwalt der Attachinger zusätzlich im Boot haben wollte.

Die Nerven liegen seither blank in Attaching und vor diesem Hintergrund muss es einen nicht wundern, dass es am Donnerstag bei der Mitgliederversammlung des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt" ungewohnt heftig gekracht hat. Stolz hatte der Sprecherrat des Bündnisses zunächst von den jüngsten Aktionen berichtet: Ob Besuch bei der SPD-Landtagsfraktion, Fahrten mit dem Lärmgenerator zu den Abgeordneten von FDP und CSU in ganz Bayern oder erste Demonstrationen auf den Flughafengelände selber: Die Führungsspitze von Aufgemuckt sieht sich auf einem guten Weg, wenn es darum geht, Überzeugungsarbeit zu leisten - und die meisten Mitglieder geben ihnen da auch recht.

Eigentlich sind auch die Attachinger durchaus einverstanden mit der Arbeit der Sprecher: Nur die tatsächliche Betroffenheit der Menschen, die kommt ihnen bei all der Überzeugungsarbeit irgendwie zu kurz. Kurz vor dem Besuch bei der SPD-Landtagsfraktion seien die Attachinger sogar wieder ausgeladen worden, empörte sich ein merklich angegriffener BI-Chef Franz Spitzenberger.

Ein reinigendes Gewitter

Natürlich sei es "nett", die Abgeordneten in Ober- und Unterfranken mit Fluglärm zu beschallen: "Aber vielleicht wecken wir mal den Landkreis-Norden auf; ab Zolling ist die dritte Startbahn doch allen wurscht", echauffierte er sich - und als die Rede auf das Verhalten der Schutzgemeinschaft kam, musste er gar kurzzeitig vor die Tür, um sich ein wenig zu beruhigen.

Spitzenbergers Befürchtung: Den Landtagsabgeordneten, die nach der Entscheidung der Planfeststellungsbehörde endgültig über den Bau einer dritten Startbahn befinden müssten, seien Argumente egal - "und wenn der Flughafen den Ausbau selber bezahlen kann, dann fallen die ohnehin alle wieder um". Sein Appell: "Die Zeit des Kuschelns ist vorbei" - ein Vorwurf wiederum, den die Aufgemuckt-Sprecher so nicht stehen lassen wollten: Man spreche sehr wohl für die Betroffenen, argumentierte unter anderem Hartmut Binner - doch über die Startbahn werde am Ende politisch entschieden, also gelte es, die politischen Akteure zu überzeugen.

Vertragen hat man sich dann schon wieder, so einigermaßen jedenfalls. Die Aufgemuckt-Sprecher appellieren an die Schutzgemeinschaft, den Anwalt der Attachinger als Unterstützung dazuzunehmen und vor allem, die Musterkläger finanziell abzusichern. Vertreter der Schutzgemeinschaft versicherten, die Organisation habe noch nie jemanden hängenlassen - und bei künftigen Gesprächsterminen mit Politikern sollen die Attachinger auch dabei sein dürfen.

Bleibt die Hoffnung, dass der Krach am Ende die Funktion eines reinigenden Gewitters hatte, denn was die Startbahngegner derzeit am wenigsten gebrauchen können, ist ein anhaltender Streit untereinander.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: