Flughafen München:Streit um Startbahn spaltet die CSU

Mit dem Kurs der Parteispitze sind einige in der CSU überhaupt nicht zufrieden: Ministerpräsident Seehofer und Münchens CSU-Chef Spaenle verteidigen den Bau der dritten Startbahn. Im Umland formiert sich indes parteiinterner Widerstand.

Christian Krügel

Der Protest gegen die dritte Startbahn am Flughafen formiert sich - und spaltet mehr und mehr die oberbayerische CSU. Während der neue Münchner Bezirkschef Ludwig Spaenle am Donnerstag das Projekt verteidigte, stimmten mehrere CSU-Räte im Bezirkstag gegen den Bau. Am Freitag wollen betroffene Bürger um 10.30 Uhr gegen die Baugenehmigung protestieren - vor der CSU-Zentrale in der Nymphenburger Straße.

Die Bezirkstags-Fraktion der Grünen hatte in der Plenarsitzung einen Dringlichkeitsantrag gestellt, damit das Gremium klar Stellung gegen den Flughafenausbau bezieht und einen Baustopp bis zum Ende aller gerichtlichen Auseinandersetzung fordert. Nach einer Debatte darüber, ob der Bezirkstag dies wegen fraglicher Zuständigkeit überhaupt dürfe, stimmten 25 Bezirksräte gegen, aber 33 für den Grünen-Antrag, darunter vieler CSU-Bezirksräte. "Dies zeigt, dass auch innerhalb der CSU viele mit dem Kurs ihrer Parteiführung unzufrieden sind", sagte Grünen-Bezirksrat Dieter Janecek.

Die FDP-Fraktion, die den Antrag ablehnte, kommentierte: "Es scheint fast so, dass Teile der oberbayerischen CSU so viel Angst vor den Grünen haben, dass sie, nachdem sie eine Anti-Atom-Partei geworden ist, auch noch eine Anti-Flughafen-Partei werden soll", sagte Fraktionschef Daniel Föst.

Bezirkstagspräsident Josef Mederer, selbst CSU-Mitglied, sagte, der Beschluss habe eher appellativen Charakter. "Das zeigt, dass die Verantwortlichen etwaige Ängste und Bedenken der Menschen ernst nehmen sollten", erklärte Mederer. Er kündigte an, die Zuständigkeit des Bezirkstags rechtlich prüfen lassen zu wollen.

Der neue Münchner CSU-Bezirkschef, Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle, verteidigte derweil die Genehmigung für das Projekt: Das finde die volle Unterstützung der Münchner CSU. Seine Parteifreunde in Freising sind ganz anderer Meinung: Deren Vorsitzender Erich Irlstorfer bezeichnete seinen Ortsverband am Mittwochabend als "aktiven Teil des Widerstands". Der Freisinger Stadtrat beschloss einstimmig, Klägern gegen die dritte Startbahn mit einer Anschubfinanzierung von 1500 Euro zu helfen.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hält trotz des wachsenden parteiinternen Widerstands den Bau für notwendig. Er traf sich am Donnerstag mit Münchens OB Christian Ude (SPD) bei der Gesellschafterversammlung der Flughafen München GmbH. "Der Flughafen sichert wertvolle Arbeitsplätze für Hochqualifizierte, und vielfach auch im Bereich von einfacheren Tätigkeiten", erklärten sie danach gemeinsam.

Sie boten den Betroffenen nochmals Gespräche und Entschädigungen an. Flughafen-Chef Michael Kerkloh kündigte an, mit dem Baubeginn solange warten zu wollen, bis gerichtlich entschieden ist, ob sofort begonnen werden könne. Das ist aber den Grünen im Münchner Stadtrat zu wenig. Wie die Bezirkstags- und Landtagsfraktion fordern sie einen Baustopp, bis wirklich alle Verfahren abgeschlossen sind. "Angesichts der schweren Belastungen für viele tausend Menschen" wäre alles andere ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, so Fraktionschefin Lydia Dietrich.

Neue Argumente könnten die Ausbau-Gegner durch eine bislang unbekannte Studie der TU München von 2009 bekommen, aus der der Bayerische Rundfunk am Donnerstag zitierte. Demnach wurden durch alle Flüge von und zum Flughafen im Jahr 2008 knapp 7,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Das entspreche den jährlichen Kohlendioxid-Emissionen von einer Million Bundesbürgern.

Pikant an der Studie sei, dass die TU und die Flughafen GmbH eine Geheimhaltung bis 2020 vereinbart hätten, berichtet der BR. Betreut worden sei die Untersuchung damals von Ralf Gaffal. Er leitet inzwischen das internationale Geschäft des Flughafens und bemängelte im Gespräch mit dem BR die fehlende Genauigkeit der Studie.

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