Dritte Startbahn am Flughafen München:Eine Frage der Lebensqualität

Der Streit um den Bau der dritten Startbahn geht in die nächste Runde: Der Bund Naturschutz bereitet eine detaillierte Klage gegen das Bauprojekt im Erdinger Moos vor. Mit drei zentralen Fragen soll der "Luxusflughafen" verhindert werden.

Marco Völklein

Ist der Naturschutz gewährleistet? Wird dem Klimaschutz Rechnung getragen? Und gibt es überhaupt einen objektiv begründbaren Bedarf für die dritte Start- und Landebahn am Flughafen? - In diesen drei Kernpunkten will der Bund Naturschutz in seiner Klage die Baugenehmigung für die geplante dritte Start- und Landebahn am Flughafen vor Gericht angreifen. Von Montag an liegt Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern in den Umlandgemeinden aus und kann bis 4. Oktober eingesehen werden. Klagen müssen bis 4. November eingereicht werden.

Gruenes Licht fuer dritte Startbahn am Muenchner Flughafen

Mit einer Klage will der Bund Naturschutz den Bau der dritten Startbahn am Münchner Flughafen verhindern.

(Foto: dapd)

Wir arbeiten von jetzt an durch bis zum 4. November", kündigt Christine Margraf vom Bund Naturschutz an. Dem Verband kommt eine zentrale Rolle bei der Auseinandersetzung um die geplante Bahn zu. In seiner Klage will er unter anderem den Bedarf für die Bahn anzweifeln. Margraf: "Die wollen sich da draußen einen Luxus-Flughafen hinstellen."

Diesen Vorwurf will der Verband begründen, indem er die Leitlinien der Flughafenplaner angreift - und diese den aus Sicht der Naturschützer "massiven Eingriffen in die Natur und den zusätzlichen Belastungen für die Anwohner" gegenüberstellt. "Da herrscht ein deutliches Missverhältnis", sagt Margraf. Ziel des Flughafens sei es beispielsweise, eine "hohe Servicequalität" zu erreichen. So peilt der Airport eine "durchschnittliche Verspätungszeit" von nur vier Minuten an. Mit dem Bau der vier Kilometer langen Bahn ließe sich das erreichen, man schafft sogar 3'55 Minuten, so der Planfeststellungsbeschluss. Würde man die Startbahn aber auf 2,8 Kilometer verkürzen (wie von einigen Gegnern gefordert), würde der Wert knapp über vier Minuten steigen, weil große Jets die neue Bahn nicht nutzen können.

Ein Wert über vier Minuten sei aber unzumutbar, argumentieren Flughafen und Regierung: Die "hohe Servicequalität" sei gefährdet. Margraf will dem vor Gericht die "sinkende Lebensqualität durch den Ausbau" entgegensetzen. "Es geht nur um wenige Sekunden." Zudem gebe es für den Vier-Minuten-Wert keine rechtliche Grundlage, "andere Flughäfen sind viel schlechter".

Juristisch knifflig ist ein weiterer Punkt: der Klimaschutz. Denn bislang ist das Thema kaum gesetzlich geregelt, nur in übergeordneten Werken - etwa dem Kyoto-Protokoll oder in Bestimmungen der EU. Nun wollen die Naturschützer klären lassen, welchen Stellenwert diese übergeordneten Regelungen für die Planungen des konkreten Großprojekts haben.

Der Flughafen wie auch die Genehmigungsbehörde stehen auf dem Standpunkt, solche Klimaschutzziele könnten lokalen Vorhaben nicht zugeordnet werden. Klimaschutz sei Aufgabe der großen Politik. Doch Margraf argumentiert: Nur durch das Planen (oder eben auch das Unterlassen) einzelner Projekte könnten die Klimaschutzziele erreicht werden.

Beim Naturschutz schließlich verweist Margraf auf das EU-Vogelschutzgebiet, in dem der Flughafen liegt. Flughafen-Chef Michael Kerkloh verweist gerne darauf, dass der Flughafen etwa 500 Millionen Euro für Ersatz- und Ausgleichsflächen aufwenden will, auf die die Vögel ausweichen sollen. Doch das reicht den Naturschützern nicht: "Die Naturzerstörung ist nicht ausgleichbar." So sei geplant, Büsche auf Ausgleichsflächen zu roden, um dort Brachvögel von der Flughafenbaustelle anzusiedeln. In den zu rodenden Büschen leben allerdings Blaukehlchen. "Da fragt sich: Wo sollen dann die Blaukehlchen hin?", sagt Margraf.

Am heutigen Freitag beschäftigt sich der Flughafen-Aufsichtsrat erstmals mit dem Planfeststellungsbeschluss. Erwartet wird, dass die Aufseher den Bescheid positiv aufnehmen. Den Grundsatzbeschluss zum Bau der Bahn wird das Gremium aber wohl noch nicht fassen.

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