Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnis:Zermürbungstaktik

Flüchtlinge ohne Arbeitserlaubnis: Flüchtlinge, die arbeiten und in Sozialsysteme einzahlen, würden jetzt wieder in die soziale Abhängigkeit gedrängt, sagen die Freisinger Flüchtlingshelfer.

Flüchtlinge, die arbeiten und in Sozialsysteme einzahlen, würden jetzt wieder in die soziale Abhängigkeit gedrängt, sagen die Freisinger Flüchtlingshelfer.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Helferkreise kritisieren in einem offenem Brief an Landrat Hauner und Ministerpräsident Seehofer das Arbeitsverbot für Flüchtlinge mit unsicherer Bleibeperspektive.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Die Mitglieder der Flüchtlingshelferkreise im Landkreis sind in Sorge, seitdem Geflüchtete, deren Anerkennung unsicher ist, auf Anweisung des bayerischen Innenministerium vom Landratsamt keine Arbeitserlaubnis mehr erhalten sollen. Bekannt wurde das kurz vor Weihnachten. Schon damals hatten die Helfer dies heftig kritisiert. Jetzt melden sie sich erneut zu Wort und haben sich mit einem offenen Brief an den Freisinger Landrat Josef Hauner und an den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer gewandt. Die Integrationsbemühungen der Asylsuchenden und der ehrenamtliche Einsatz aller freiwilligen Helfer werde durch diese Praxis mit Füßen getreten, klagen sie.

Das Verhalten des Landratsamtes Freising und das der Staatsregierung wird von den Helfern als "unmenschlich, unmoralisch, skandalös und wenig rechtsstaatlich" empfunden. Es ziele aus ihrer Sicht nur darauf ab, "die Geflüchteten zu zermürben". Umsetzen muss die Weisung des Innenministeriums das Landratsamt als zuständige Behörde. Das lege damit das geltende Asylrecht im großen Maß gegen die Geflüchteten aus und treffe dadurch alle - Geflüchtete, Helfer, Steuerzahler, mahnen die Flüchtlingsbetreuer. Als Begründung für diese Maßnahme werde die geringe Bleibeperspektive der Geflüchteten aus Ländern wie Afghanistan, Pakistan oder Nigeria genannt.

"Aus unserer Sicht kann eine pauschale Quote der Anerkennung für ein Land nicht als Maßstab genommen werden. Die Entscheidung über ein Bleiberecht ist immer eine Einzelfallentscheidung, bei der einzig die persönlichen Fluchtgründe des Geflüchteten eine Rolle spielen und nicht sein Herkunftsland", heißt es in dem Schreiben an Hauner und Seehofer.

"Frustrierte, gelangweilte Asylbewerber sind doch sicher ein höheres Risiko"

Sei es nicht sinnvoller, fragen die ehrenamtlichen Helfer, auch denjenigen die Arbeitsaufnahme zu ermöglichen, bei denen das Asylverfahren noch in Bearbeitung sei, als sie der Untätigkeit auszusetzen? Schließlich werde das Asylverfahren dadurch doch in keiner Weise beschleunigt. Weiter heißt es: "Halten Sie diese Maßnahme, gerade im Bezug auf die innere Sicherheit in unserem Lande, wirklich für geeignet? Frustrierte, gelangweilte Asylbewerber sind doch sicher ein höheres Risiko als Leute, die hier ein Einkommen haben und beschäftigt sind."

Die meisten der Helfer im Landkreis Freising seien seit 2015 aktiv, schreiben sie. "Wir betreuen die Geflüchteten und helfen in vielen Bereichen wie bei Deutschkursen, Behördengängen, Stellensuche und Vertrauensbildung bei Bürgern und Unternehmen", sagen sie. Auf Grund der gültigen Rechtslage und der im vergangenen Jahr gängigen politischen Meinung hätten die Betreuer begonnen, die Asylbewerber in Arbeit und Ausbildung zu bringen.

Nicht die Rechtslage habe sich geändert, sondern die politische Meinung

Nun habe sich die Rechtslage nicht geändert, aber die politische Meinung. "Dadurch wird der Großteil unserer Arbeit der letzten Monate und Jahre ad absurdum geführt." Das mit Mühe erarbeitete Vertrauen der Arbeitgeber in die Fähigkeiten der Geflüchteten werde auf diese Weise zunichte gemacht.

Flüchtlinge, die arbeiten, damit in alle Sozialsysteme einzahlen, ihre Steuern bezahlen, sich an den Unterbringungskosten beteiligen und selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen, würden jetzt wieder in die soziale Abhängigkeit gedrängt. "Was für eine Vergeudung von öffentlichen Geldern", kommentieren das die Helfer.

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