Festakt zum 90.  Geburtstag:Mit Papst Benedikt per Du

Festakt zum 90.  Geburtstag: Die Ausstellung über Papst Benedikt im Rathaus betrachten (von links) Tobias Eschenbacher, Hubert Hierl, Dieter Thalhammer und Prälat Walter Brugger.

Die Ausstellung über Papst Benedikt im Rathaus betrachten (von links) Tobias Eschenbacher, Hubert Hierl, Dieter Thalhammer und Prälat Walter Brugger.

(Foto: Marco Einfeldt)

Zum 90. Geburtstag von Joseph Ratzinger erinnert sich sein Freisinger Freund Walter Brugger an persönliche Anekdoten

Von Johann Kirchberger, Freising

Als einen tiefgläubigen Menschen, im Wesen gütig, freundlich und bescheiden, fast ein wenig scheu, schildert Prälat Walter Brugger seinen langjährigen Weggefährten Joseph Ratzinger, mit dem ihn seit mehr als 60 Jahren eine "gelebte Freundschaft" verbindet. Die Stadt hatte den Wieskurat in den Rathaussaal eingeladen, um gemeinsam den 90. Geburtstag des Freisinger Ehrenbürgers Papst Benedikt XVI. zu feiern. Der Jubilar wohne zwar einige Kilometer südlich von Freising, sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, man wolle jedoch versuchen, ein paar Gedanken nach Rom zu schicken.

Freising, so der OB, sei für Ratzinger prägend gewesen. Hier habe er erst als Studierender, dann als Lehrender gelebt, er sei Erzbischof von München und Freising gewesen und habe den Dom zur Konkathedrale gemacht. Ratzingers Triumphzug als Papst durch Freising im Jahr 2006 sei "ein unglaubliches Ereignis" gewesen. Glücklich sei er auch, bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Papst Benedikt dabei gewesen zu sein. "Der Kontakt zu Joseph Ratzinger ist nie abgebrochen", freute sich der OB, immer wieder schicke er eine Karte, auch ein Paket mit Devotionalien für das Stadtmuseum sei schon eingetroffen.

"Ein bisserl was Persönliches vom Papst", wünschte er sich von Walter Brugger, und der tat ihm den Gefallen. Er berichtete vom gemeinsamen, wenn auch leicht zeitversetzen Besuch des Chiemgau-Gymnasiums in Traunstein und des Knabenseminars. Sprach von der "Koalition der Rupertiwinkler und Chiemgauer im Freisinger Priesterseminar, zu der auch Prälat Michael Höck und Georg Ratzinger gehört hätten. Joseph Ratzinger sei dann Dozent für Fundamentaltheologie und Dogmatik geworden, aber nie da gewesen, weil er an seiner Dissertation gearbeitet habe. Brugger erzählte vom Dombergsingen mit Annette Thoma und dem Kiem Pauli, und erinnerte sich an Ratzingers Vergleich des Jubilus mit dem bayerischen Jodler.

1958, bei einem Spaziergang an der Traun, habe ihm Ratzinger das "Du" angeboten, was ihn sehr geehrt habe. Er, eineinhalb Jahre jünger, sei damals nur einfacher Kaplan in Traunstein gewesen, Ratzinger aber bereits hochgeschätzter Professor in Bonn. Das "Du" habe Ratzinger beibehalten, auch als Papst. Er, Brugger, sei dann 1962 Dozent im Freisinger Priesterseminar geworden und 1968 Stadtpfarrer von St. Georg in Freising. Als Ratzinger Erzbischof geworden sei, habe er ihn bei einem Besuch in Freising einmal gefragt, ob er nicht an einer Schafkopfrunde teilnehmen wolle. Er wollte. Ratzinger habe sehr gut, aber "ein wenig verhalten" gespielt, so Brugger. Gleichwohl habe er sich Jahre später als Kurienkardinal in Rom noch immer an "einen frechen Wenz" erinnert, gegen den er, Brugger, seinerzeit gespielt habe. Überhaupt, so der Wieskurat, kenne er niemanden, der so ein gutes Gedächtnis habe wie Joseph Ratzinger, der auf eine Kanzel gehe und ohne Manuskript druckreif in der vorgegebenen Zeit predige.

Als Beweis für die große Freundschaft wertet Brugger die Besuche Ratzingers zu seinen runden Geburtstagen, mal in Berchtesgaden, mal in Freising. Er wiederum habe Ratzinger alle zwei Jahre in Rom besucht, wobei man viel über die Geschichten von Ratzinger-Bruder Georg gelacht habe. Bei Alkohol sei der spätere Papst sehr zurückhaltend gewesen, berichtete Brugger, "wenn wir angestoßen haben, hat er ein Schlückerl Wein getrunken, mehr nicht". Ratzinger sei ein einfacher, schlichter Mensch, der fast ein wenig Scheu habe, jemandem zu nahe zu kommen. Deshalb habe er geahnt, so Brugger, dass er mit dem Amt des Papstes eine Last auf sich genommen habe, die er auf Dauer nicht tragen konnte. Unter dieser Last sei er dann auch zusammengebrochen.

Ratzinger sei einer der größten Theologen des 20. Jahrhunderts, sagte Brugger, aber er sei kein Regent. "Er wollte und konnte nicht mit allen Konsequenzen im Vatikan regieren". Seinen Rücktritt habe er ihm gegenüber schon früher angedeutet, so Brugger, der seinem Freund für diese Gewissensentscheidung "Riesenrespekt" zollte. Ratzinger habe sich mit der Papstwürde "eine wahnsinnige Hypothek auf seine Schultern geladen". Aber auch ihm habe er eine Hypothek auferlegt, sagte Brugger. "Du musst ein Segen sein", habe ihm Ratzinger aufgetragen, als er ihn anlässlich seines 75. Geburtstags in Neustift besucht habe.

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