Es wird immer lauter...:Schlaflose Nächte

Vor allem in den Sommermonaten häufen sich bei der Polizei die Beschwerden über laute Partys. Die Stadt Freising will das Problem mit einer Hauslärmverordnung in den Griff bekommen.

Von Petra Schnirch

Nicht nur durch Straßen- und Flugverkehr fühlen sich viele Bürger im Landkreis gestört - sie ärgern sich häufig auch über zu laute Nachbarn. Mehrmals täglich müssten die Beamten ausrücken, um zu vermitteln, sagt Michael Ertl von der Polizeiinspektion Freising. Einige Beschwerden landen auch beim Freisinger Ordnungsamt. Die Stadträte beschlossen deshalb am Montag im Hauptausschuss, an der Hauslärmverordnung festzuhalten. Ohne diese könne man sonst auf die Beschwerden der Bürger nicht reagieren, sagt Referatsleiter Robert Zellner.

60 Prozent der Deutschen fühlen sich durch Lärm aus der Nachbarschaft gestört, das hat eine Online-Umfrage des Bundesumweltamts ergeben - in mehr als 18 Prozent sogar stark bis sehr stark. Besonders schlimm ist es in lauen Sommernächten, wenn bei privaten Partys die Musik zu sehr aufgedreht wird. Im Winter werde die Polizei etwa zehn Mal pro Woche gerufen, schildert der Neufahrner Inspektionsleiter Peter Vogtleitner, im Sommer seien es bis zu 30 Fälle. In der Regel zeigten sich die Leute einsichtig. "Wenn es ganz schlimm ist, nehmen wir schon mal die Anlage mit." Das aber ist laut Vogtleitner die absolute Ausnahme. In den vergangenen Jahren habe die Polizei ein bis zwei Mal zu diesem allerletzten Mittel gegriffen.

In der Domstadt haben die Beschwerden über Ruhestörungen in den vergangenen Jahren laut Ertl zugenommen. "Freising ist eine Studentenstadt", sagt er. Es lebten immer mehr junge Leute hier, da komme es schon mal zu Interessenskollisionen. Mehr Arbeit haben der Polizei zudem die Liberalisierung der Sperrzeiten und das Rauchverbot in Lokalen beschert - wenn sich die Gäste vor der Tür laut unterhalten oder sogar herumgrölen. In Moosburg müsse die Polizei deswegen relativ häufig eingreifen, schildert Inspektionsleiter Christian Bidinger.

Meistens reicht eine kurze Ermahnung. Diese Erfahrung hat auch Ordnungsamtsleiter Zellner gemacht. Zehn bis 40 Mal im Jahr wenden sich Bürger an die Stadt, weil ihr Nachbar sonntags oder während der Mittagszeit seinen Rasen mäht, obwohl dies nicht erlaubt ist. Fast immer sei die Sache nach einem offiziellen Schreiben erledigt. Auch das Ordnungsamt muss sich mit bis zu 50 Anrufen im Jahr wegen zu lauter Musik beschäftigen. Mit einem Zeugen könne man dies in seiner Abteilung auch zur Anzeige bringen, erläutert Zellner - etwa wenn die Polizei wegen anderer Einsätze keine Zeit hatte vorbeizukommen. In etwa zehn Fällen führe dies dann zur Eröffnung eines Bußgeldverfahrens. Auch lautes und lang anhaltendes Hundegebell kann Nachbarn zur Verzweiflung bringen. In einem aktuellen Fall habe er gerade ein Verwarnungsgeld von 50 Euro verhängt, sagt Zellner. Der Hundehalter habe dies akzeptiert, denn ihm sei das Problem durchaus bewusst. Der Vierbeiner solle nachts das Betriebsgelände sichern, nun müsse sich der Mann eine andere Lösung überlegen - sonst werde doch noch ein Bußgeldverfahren folgen.

Zellner plädierte im Hauptausschuss dafür, die Hauslärmverordnung beizubehalten. Für ihn ist das die "pragmatischste Lösung". Sonst könnte die Stadtverwaltung bei Ruhestörungen nicht mehr vermitteln. Die Satzung war erstmals vor 20 Jahren erlassen worden. Der Hauptausschuss stimmte nun einer Verlängerung um weitere 20 Jahre zu. Dagegen sprachen sich lediglich Christoph Bauer und Adelheid Nast (Grüne) aus. Bauer argumentierte, dass nicht noch mehr Bürokratie geschaffen werden sollte. Ähnlich sah das Hubert Schwarzer (SPD). "Das kann man auch anders regeln", meinte er, stimmte dann aber doch mit der Fraktionsvorsitzenden Heidi Kammler für die Verordnung.

Die Polizei entlastet dies allerdings nur bedingt. Ärgert es die Beamten, dass sie so häufig gerufen werden? "Das ist Teil unserer Aufgabe", sagt Michael Ertl. "Die Leute haben ein Anrecht auf Nachtruhe", ergänzt der Moosburger Polizeichef, räumt aber ein, dass für andere präventive Maßnahmen wie Verkehrskontrollen dadurch weniger Zeit bleibe.

Die meisten Anrufer - ob bei der Polizei oder im Ordnungsamt - möchten lieber, dass sie dem Störer gegenüber anonym bleiben. Die Kommunikation unter den Nachbarn "funktioniert nicht mehr ganz so gut", hat Vogtleitner beobachtet, da werde lieber gleich die Polizei eingeschaltet. Nicht jeder Anwohner tritt so bestimmt auf, wie ein Günzenhauser, der sich vor Jahren über ein Fest des Burschenvereins beschwerte. Damals sei die Polizei gleich mehrmals vor Ort gewesen, erinnert sich Vogtleitner, auch der Bürgermeister habe vorbeibeschaut - untermauert hatte der Nachbar seine Beschwerde mit eigenen Lärmmessungen. Etwas ratlos machen den Neufahrner Inspektionsleiter allerdings Anrufer, die sich nachts über Hubschrauberlärm beklagen und selbst dann kein Verständnis dafür zeigen, wenn die Polizei wie im Juli 2012 nach einem Raubüberfall nach dem Täter fahndet.

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