Erding:Botschaften gegen den Terror

Erding: Freundlichkeit und Kontrolle, das gehe beides gemeinsam, sagt Ministerin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch im Warteraum Asyl in Erding.

Freundlichkeit und Kontrolle, das gehe beides gemeinsam, sagt Ministerin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch im Warteraum Asyl in Erding.

(Foto: Renate Schmidt)

Paris macht im Warteraum Erding alle betroffen - die Bereitschaft zur Hilfe aber ist am Wochenende nicht gesunken

Von Sebastian Fischer, Erding

Für ein paar Momente war es ruhig am Montagmittag. Überall in Europa gedachten die Menschen in einer Schweigeminute den Opfern der Terrorserie in Paris, auch im Begrüßungszelt des Warteraums Asyl. Wo eben noch Helfer einer Flüchtlingsfamilie Kleider geschenkt hatten und Kinder kreischten, dort stand nun die Bundesverteidigungsministerin, senkte ihren Blick, faltete die Hände ineinander und schloss die Augen. Als sie ein paar Momente später wieder aufschaute, sagte Ursula von der Leyen (CDU), was die Botschaft ihres Besuchs am Erdinger Fliegerhorst an diesem Tag sein sollte: "Und jetzt gehen wir unsere Aufgaben weiter an."

Von der Leyen war gekommen, um die Arbeit der Helfer im Warteraum zu loben; insbesondere die Arbeit der 370 von bundesweit etwa 8000 für die Flüchtlingskrise abkommandierten Soldaten, die in Erding an der Versorgung und Registrierung der Flüchtlinge beteiligt sind. Natürlich musste sie auch die Frage nach den Folgen der Anschläge für die Flüchtlingspolitik beantworten. Doch die Ministerin mahnte erneut, dies nicht zu vermischen: "Die Flüchtlinge sind genau vor diesem barbarischen Terror geflohen." Es sei davon auszugehen, dass der Zugang der Terroristen nicht der Flüchtlingsrouten bedürfe.

Deshalb ging es am Montag vor allem um die Flüchtlingspolitik - und die Rolle, die Erding in den Plänen des Bundes spielt. In den nächsten Jahren werde die Einrichtung als Warteraum gebraucht, nicht etwa als Registrierungszentrum - dies habe von der Leyen während des Rundgangs auf dem Gelände versichert, sagten die Erdinger Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz (CSU) und Ewald Schurer (SPD).

Als die Verteidigungsministerin vor einem der drei Verpflegungszelte auf dem Gelände vor die Journalisten trat, sprach sie auch über die Probleme, die in ganz Deutschland, und ebenso in Erding die Koordinierung der Einwanderung erschweren. "Mehr als 24 000 Flüchtlinge sind in Erding angekommen, etwa dreieinhalb Tausend haben sich nicht registrieren lassen", sagte sie: "Das Problem ist erkannt, daran wird gearbeitet." Dies habe sie auch den Soldaten vermittelt, die unter der Führung des Bundesamts für Migration (Bamf) für die Registrierung der Flüchtlinge zuständig sind, sagte Ulrich Dittmann, deren militärischer Leiter.

CSU-Politiker Lenz sagte, die "unsägliche Vermengung von Terrorismus und Flüchtlingspolitik" - die unter anderem sein Parteikollege Markus Söder am Wochenende unternommen hatte -, würde am einfachsten durch konsequentere Registrierung der Flüchtlinge gelöst. Schurer stimmte zu: Dies sei eine Gesetzeslücke, die mit der Verknüpfung von Leistungen für Flüchtlinge und deren Registrierung zu schaffen sei. Camp-Leiter Heiko Werner vom BAMF sprach sich ebenfalls für eine Gesetzesänderung aus, "die ein geordnetes Verfahren auf allen Ebenen ermöglicht".

In der Nacht zum Montag waren 1300 Flüchtlinge im Camp, die Kapazität ist weiterhin bei 3100. Dass die Maximalbelegung noch nicht bei den angestrebten 5000 Schlafplätzen angelangt ist, sei mit Engpässen bei der Lieferung von Sanitärcontainern zu erklären, sagte Werner. Er lobte am Montag erneut das Engagement der Menschen in Erding: Dies sei ein erfreuliches Indiz dafür, wie sich die deutsche Gesellschaft immer mehr bewusst werde, eine Einwanderungsgesellschaft zu sein. Die Anschläge in Paris hätten zwar für Betroffenheit auch im Camp gesorgt. So sei etwa unter den Flüchtlingen die Angst wahrzunehmen, sich als Moslem zu erkennen zu geben - weil sie denken, dies könne nun negative Folgen für sie haben. Doch die Bereitschaft zu helfen sei am Wochenende nicht gesunken: "Wir versuchen alles, diesen Eindruck nicht bei den Leuten aufkommen zu lassen." Auch Günther Geiger vom Roten Kreuz wehrte Fragen ab, was sich durch die Terroranschläge im Camp ändern werde: "Nichts." Die notwendigen Rahmenbedingungen für die Sicherheit etwa, die seien ja ohnehin schon erfüllt gewesen.

Freundlichkeit und Kontrolle, das gehe beides gemeinsam, sagte von der Leyen, bevor sie zu einem Besuch der deutschen Grenze bei Passau weiterreiste. Es sei bewegend gewesen zu sehen, wie im Warteraum die Menschen verschiedener Organisationen zusammenarbeiten: "Das ist eine Erfahrung, die ich mitnehmen werde."

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