Entscheidung in Freising:FSM und Grüne gewinnen die Stadtratswahl

Erstmals angetretene Wählervereinigung wird stärkste Fraktion. CSU und SPD müssen Federn lassen

Von Kerstin Vogel

Die heuer erstmals zu einer Kommunalwahl angetretene Freisinger Mitte ist der große Gewinner der Stadtratswahl in Freising. Am Sonntagabend wurden fast 27 Prozent für die 2012 gegründete Wählervereinigung notiert. Das bedeutet elf Sitze im neuen Stadtrat, die FSM ist also stärkste Fraktion. Allerdings fehlte nachts um halb zwei noch ein Briefwahlbezirk. Freude auch bei den Freisinger Grünen, die ein ähnlich starkes Wahlergebnis wie 2008 einfahren konnten (nach 54 von 55 Bezirken: 22,1 Prozent; neun Sitze). Ohne die Briefwahlbezirke hätten die Grünen sogar zehn Stadtratssitze erhalten, doch die Panaschierer und Kumulierer haben in der häuslichen Ruhe dann doch noch etwas anders entschieden.

Als ganz große Verlierer des Abends standen nach 54 Bezirken CSU (16,25) und SPD (9,61) da, die im Vergleich zu 2008 deutlich an Wählerstimmen einbüßten. Die Genossen sind deshalb künftig nur noch mit vier Stadträten vertreten, und auch die Christsozialen dürften mit ihren sechs Sitzen nicht wirklich zufrieden sein, hatten sie doch nach der Abspaltung der Freisinger Mitte für 2014 den Neuanfang ausgerufen. Einbußen gab es auch bei den Freien Wählern (13,8), die zuletzt die stärkste Fraktion im Stadtrat stellten, künftig aber nur noch über fünf Sitze verfügen. Einen Stadtrat verloren hat zudem die bisher dreiköpfige ÖDP-Fraktion. Die FDP konnte ihren Sitz wohl mit Mühe behaupten - die Briefwähler hatten Anna-Maria Sahlmüller zwischenzeitlich rausgewählt - und auch die Linke ist weiter mit zwei Kommunalpolitikern im Stadtrat vertreten. Vorbei sind mit dieser Konstellation zumindest theoretisch die "italienischen Verhältnisse" im Freisinger Stadtrat. Mit einer grün-blauen Koalition aus Grünen und Freisinger Mitte könnte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher künftig über eine wenn auch knappe Mehrheit verfügen - theoretisch.

Die Verlierer des Abends hatten am Sonntag schnell festgestanden: Nach der Auszählung von vier Stimmbezirken kam die SPD auf gerade 6,17 Prozent oder zwei Sitze im künftigen Stadtrat, da deutete sich schon an, dass die Genossen wohl keinen Anlass zum Feiern haben würden. Und auch bei der CSU dürfte zu diesem Zeitpunkt kaum Feierlaune geherrscht haben. 8,2 Prozent in Attaching, 12,81 in einem Lerchenfelder Stimmbezirk, das waren recht elende erste Ergebnisse.

Auf der anderen Seite zeichnete sich zunächst kurzzeitig der von vielen erwartete Dreikampf zwischen Grünen, Freien Wählern und der Freisinger Mitte ab - die nach vier ausgezählten Bezirken auf jeweils mehr als 20 Prozent kamen - mit leichten Vorteilen für die FSM; ein Vorsprung, den die neue Wählervereinigung ausbauen konnte, je länger der Abend dauerte.

Nur langsam hatte sich der Sitzungssaal im Rathaus zuvor gefüllt, lange war Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher mit den Leuten von seiner Verwaltung fast alleine. Zu viele der Listenkandidaten waren als Wahlhelfer eingespannt und hatten zuerst das Ergebnis der Freisinger Landratswahl auszählen müssen. Danach zog sich der Abend, nur langsam trudelten die Ergebnisse ein, und mit ihnen dann auch die Kandidaten und Sympathisanten der Parteien und Wählergruppierungen. Und nicht allen dürfte zu jedem Zeitpunkt gefallen haben, was sie da auf den Leinwänden sahen. So fand sich Richard Grimm, Fraktionssprecher der Freien Wähler, zwischenzeitlich deutlich nach hinten gewählt, und auch ÖDP-Stadtrat Ulrich Vogl oder Grünen-Kollegin Rosi Eberhard mussten von Stimmbezirk zu Stimmbezirk durchaus um ihre Wiederwahl zittern.

Dafür konnten die Freien Wähler ihr anfangs starkes Ergebnis nicht halten und es entwickelte sich zwischen FSM und Grünen ein Zweikampf um den Status als künftig stärkste Fraktion. Nach zehn ausgezählten Stimmbezirken lagen die beiden Gruppierungen gleichauf bei zehn Sitzen, nach 15 hatte sich dieses Bild noch nicht verändert, dafür fielen die Freien Wähler hinter die CSU zurück. Nach 30 ausgezählten Bezirken verfestigte sich der Trend für die FSM, da wurden bereits elf Sitze für die Wählervereinigung notiert. Daran konnte auch ein starkes Ergebnis der Grünen in den beiden Vöttinger Wahllokalen nichts ändern. Abgezogen hat die FSM ihre Stimmen vor allem von CSU und SPD, bei den Christsozialen näherten sich die Verluste zu diesem Zeitpunkt der Zehn-Prozent-Marke, die Genossen hatten an die acht Prozent verloren.

Die Erkenntnis des Abends kam von einem, der nicht mehr zur Wahl angetreten war, dem ehemaligen FSM-Stadtrat Oliver Pflüger: "In sechs Jahren kräht kein Hahn nach dem Ergebnis", hielt er richtig fest. Wer genau bis dahin in Freising entscheidet, steht erst in den kommenden Tagen endgültig fest. Die Wahlbeteiligung von knapp 45 Prozent wurde allgemein als beschämend empfunden.

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