Engagiert:Kranzberger Musterkläger

Gemeinde unterstützt Theo Dittmann, der gegen den Bau der dritten Startbahn vor Gericht zieht

Von Petra Schnirch

Die Gemeinde Kranzberg klagt zwar nicht selbst gegen den geplanten Bau einer dritten Startbahn, aber sie unterstützt eine Privatperson, die den Schritt vor Gericht gewagt hat. Bis zu 10 000 Euro kann Theo Dittmann an Unterstützung erwarten - das Geld benötigt er vor allem, sollte der Prozess verloren gehen. Aber selbst bei einem positiven Ausgang bliebe ein Teil der Kosten für den Rechtsanwalt an ihm hängen.

Dittmann engagiert sich seit Jahren im Widerstand gegen das Flughafenprojekt, Bürgermeister Robert Scholz vertritt er regelmäßig in der Fluglärmkommission. Auch die Bevölkerung habe er immer wieder dazu aufgerufen, sich an den Protestaktionen zu beteiligen, schreibt Dittmann in seinem Antrag an die Gemeinde. "Ich fühle mich von daher in der Pflicht, für Kranzberg nichts unversucht zu lassen und Klage zu erheben." Die Gemeinderäte wiederum wollten zu ihrem Wort stehen, dass sie Privatklägern unter die Arme greifen würden. Im Oktober 2011 hatten sie beschlossen, dass die Gemeinde selbst wegen der geringen Erfolgsaussichten nicht vor Gericht ziehen werde. Sie hätte nachweisen müssen, dass eine ihrer Einrichtungen - etwa eine Schule oder ein Kindergarten - massiv vom Fluglärm betroffen wäre.

Eigentlich hatten die Kranzberger gehofft, dass die Schutzgemeinschaft einen Musterkläger aus ihren Reihen auswählen würde. Das aber war nicht der Fall, obwohl viele Bürger "sehr detailliert und fundiert" Einwendungen gegen den Startbahnbau erhoben und sich bei den Erörterungstermin "massiv und gewichtig" eingebracht hätten, schreibt Dittmann. Um die Kosten möglichst gering zu halten, klagt er nicht gegen den Planfeststellungsbeschluss insgesamt, sondern nur gegen die Aufhebung der sogenannten 62-Dezibel-Grenzlinie, an der Kranzberg bisher liegt. Außerhalb dieses Bereichs, dessen Form an einen Hundeknochen erinnert, darf es gemäß der ersten Genehmigung des Flughafens nirgendwo so laut werden, dass Lärmschutz erforderlich wird. Dieser Schutz werde jedoch durch den neuen Planfeststellungsbescheid aufgehoben. Damit werde "der Weg freigemacht für Flugrouten über beliebiges Gebiet", kritisiert Dittmann.

Sollte er verlieren, rechnet der Kranzberger mit Kosten von mindestens 15 000 Euro. Insgesamt 2000 Euro habe er bereits von mehreren Mitstreitern bekommen. Von Seiten der Rechnungsprüfer im Landratsamt Freising gibt es laut Scholz keine Bedenken gegen eine Unterstützung. Dittmann fungiere quasi als "Musterkläger der Gemeinde", sagte der Bürgermeister. Für Kranzberg sei dieser Prozess eine "existenzielle Frage". Sollte der Fluglärm stark zunehmen, könnte die Gemeinde eine Reihe von Bauvorhaben vergessen.

"Der Widerstand in Kranzberg hat viel Kompetenz und Leidenschaft", betonte Martin Oberprieler (Kranzberger Gemeindeliste). Die übrigen Gemeinderäte sahen dies genauso und stimmten für die Zuschuss-Zusage. Andreas Adldinger (CSU) wandte ein, dass dabei sichergestellt sein müsse, dass es sich um einen Einzelfall handele und die Gemeinde in anderen Auseinandersetzungen, beispielsweise um den Bau von Windkraftanlagen, keine Privatkläger unterstützen werde. Der Widerstand gegen die Startbahn sei für Kranzberg "eine fast überlebenswichtige Sache", erwiderte Scholz, schließlich gehe es darum, die Lebensqualität aufrecht zu erhalten.

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