Empfangskomitee von  "Plane Stupid":Erwin Huber in Bedrängnis

Empfangskomitee von  "Plane Stupid": "Heimat bewahren, nicht zerstören": Die Startbahngegner zeigen Flagge. Und Erwin Huber (rechts) hört ihnen zumindest zu.

"Heimat bewahren, nicht zerstören": Die Startbahngegner zeigen Flagge. Und Erwin Huber (rechts) hört ihnen zumindest zu.

(Foto: Toni Heigl)

Beim Politischen Aschermittwoch der CSU in Vierkirchen setzen die Startbahngegner dem erklärten Ausbau-Befürworter Erwin Huber zu. Der hört sich die Argumente geduldig an und bleibt bei seiner Meinung.

Von Benjamin Emonts und Birgit Goormann-Prugger, Freising/Dachau

Die Startbahngegner von "Plane Stupid" und "Aufgemuckt" sind am Mittwochabend nach Vierkirchen im Landkreis Dachau gereist, um dort den CSU-Landtagsabgeordneten Erwin Huber zu empfangen. Huber, erklärter Befürworter der dritten Bahn am Flughafen, war von der dortigen CSU zum ihrem Politischen Aschermittwoch eingeladen worden. Nach seinem Auftritt stellte er sich auch den Fragen der Startbahngegner. Zusammenfassend lässt sich wohl sagen: Freunde werden die Startbahngegner und Erwin Huber nicht mehr.

"Die Aussagen des Herrn Huber waren durchweg geprägt von seiner festen Überzeugung, dass die 3. Bahn unbedingt gebaut werden müsse", erklärt Ludwig Grüll, Sprecher von Plane Stupid, am Tag nach der Veranstaltung. Diese Überzeugung habe er ohne jede Rücksicht auf die zahlreichen Fakten zum Ausdruck gebracht. Seine Gründe für die dritte Bahn, so Grüll, "sind bei nüchterner Betrachtung allerdings nichtssagend oder ausweichend". Hubers Bereitschaft und Ausdauer zur Diskussion empfanden die Startbahngegner allerdings als "anerkennenswert".

Mit 40 Personen waren die Startbahngegner am Mittwoch nach Vierkirchen gereist, zehn von ihnen stellte sich Huber nach der Aschermittwochsveranstaltung in privater Runde noch über eine Stunde lang. Er hatte dabei einen schweren Stand. Ludwig Grüll konfrontierte Huber mit einem Zitat, das der Politiker im November 2015 in der BR-Sendung "Quer" geäußert hat: "Wer kommt auf die Schnapsidee, dass unter der dritten Startbahn jemand leiden könnte?" Huber, nun deutlich in Bedrängnis, erwiderte: "Dieser Satz stammt nicht von mir." In der Gesprächsrunde brach daraufhin höhnisches Gelächter aus. Huber seinerseits reagierte gereizt auf die emotionale Eröffnung der Diskussionsrunde. "Wollen Sie ein Tribunal mit mir machen?", fragte er, um etwas später anzufügen: "Ich bin nicht euer Depp." Bereits vor der Diskussion im kleinen Kreis musste sich Huber vor dem Sportheim in Vierkirchen deutliche Kritik gefallen lassen. Auf dem Radweg gegenüber vom Sportheim versammelten sich etwa 40 Demonstranten - aus Vierkirchen, Röhrmoos, Freising, Attaching, Fahrenzhausen.

Aus Respekt vor den Opfern des Zugunglücks von Bad Aibling verzichteten die Demonstranten auf Trillerpfeifen. Umso eindrücklicher waren ihre zahlreichen Transparente. "Anständige Bayern zerstören nicht Heimat und Umwelt", stand da etwa geschrieben. Erwin Huber hielt sich etwa fünf Minuten lang im eisigen Wind bei den Demonstranten auf. Er machte deutlich: "Ich bin überzeugt, dass die dritte Startbahn kommen wird - weil München eine große Entwicklung nimmt und der internationale Flugverkehr wachsen wird."

Später, in der Gesprächsrunde, legten die Startbahngegner Erwin Huber Zahlen vor, wonach die Flugbewegungen zurückgegangen sind und die aktuelle Kapazitätsgrenze des Münchner Flughafens längst nicht erreicht ist. Huber jedoch ließ die ihm vorgelegten Statistiken meist unkommentiert und hielt entgegen, dass der Flughafen bereits jetzt zu den Stoßzeiten an seine Grenzen gelange. Der ehemalige CSU-Parteivorsitzende und aktuell Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Landtag, ist überzeugt, dass der Flugverkehr auf lange Sicht zunehmen wird. "Das zeigen alle Prognosen." Oswald Rottmann von der BI Freising hielt Huber daraufhin ein Diagramm vor. Demnach war der Flughafen am verkehrsreichsten Tag im Jahr 2015 lediglich zu 90 Prozent ausgelastet. Die Prognosen für die Flugbewegungen, auf die sich Huber beruft, seien fehlerhaft errechnet. Im Jahr 2030, so Rottmann weiter, bewege sich die Zahl der Flugbewegungen maximal auf dem Niveau des Jahres 2008. Der Bau der dritten Startbahn diene weder Bayern noch München, sondern einzig der Umsatzsteigerung der FMG.

Huber betonte die Bedeutung der Umsteiger, welche eine dritte Startbahn generiere und mit Hilfe derer die Drehkreuz-Funktion des Flughafens erst gewährleistet werde. Ohne eine Vielzahl an Umsteigern könne die Zahl der Destinationen nicht wachsen. Auf einer Grafik demonstrierten die Startbahngegner jedoch, dass München mit 240 Destinationen bereits exzellent in der Welt vernetzt und die Zahl der Ziele im Vergleich zum Jahr 2005 sogar rückläufig sei. "Ist Ihnen die Bequemlichkeit wichtiger als das Wohl der Menschen?", fragte eine aufgebrachte Freisingerin.

"Wir leben seit zehn Jahren in Ungewissheit, ob wir unser Haus vererben können", klagte ein Mann. Huber sagte darauf: "Ich bin für eine schnelle Entscheidung." Von der Stadt München fordert er, dem Startbahnbau zuzustimmen. Schließlich nehme die Stadt für ihre zahlreichen Verkehrsprojekte Zuschüsse in Milliardenhöhe vom Freistaat an. Auf die Frage, ob ihm die Ablehnung der Bevölkerung nichts bedeute, antwortete Huber: "Wenn ich nach Umfragen gehe, muss ich jeden Tag was anderes entscheiden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: