Eine Stadt beweist Rückgrat:Flüchtlinge willkommen

Eine Stadt beweist Rückgrat: Gut 90 Freisinger waren zum Infoabend über die neue Flüchtlingsunterkunft an der Wippenhauser Straße gekommen. Protest äußerte niemand, alle wollen nur helfen.

Gut 90 Freisinger waren zum Infoabend über die neue Flüchtlingsunterkunft an der Wippenhauser Straße gekommen. Protest äußerte niemand, alle wollen nur helfen.

(Foto: Marco Einfeldt)

Obwohl niemand die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Schulturnhalle ideal findet, ist die Hilfsbereitschaft in Freising groß. Bei einer Informationsveranstaltung muss der Elan fast ein wenig gedämpft werden

Von Alexandra Vettori, Freising

Was niemand jemals wollte, ist vom 1. Juli an nicht mehr zu vermeiden: In der Turnhalle an der Wippenhauser Straße müssen 120 Asylbewerber untergebracht werden - vorübergehend, bis Zelte und Container auf dem Grundstück daneben stehen. Am Dienstagabend hat dazu im Landratsamt eine Informationsveranstaltung für Anwohner stattgefunden. Gut 90 Interessierte waren der Einladung gefolgt.

Wer jedoch Protest oder Kritik erwartet hatte, der konnte sich eines Besseren belehren lassen. Denn alle Anwesenden wollten vor allem eines: helfen. Irmgard Eichelmann, im Landratsamt Freising zuständig für die Flüchtlingsunterkünfte, musste den Elan fast ein wenig dämpfen.

Zuerst aber gab es einige Informationen: allgemeiner Art zum Flüchtlingsstatus und spezielle, die geplante Turnhallenunterbringung betreffend. So wird um die Halle ein Bauzaun aufgestellt, ein Sicherheitsdienst ist rund um die Uhr vor Ort und kontrolliert den Eintritt. Hinein kommt nur, wer einen Berechtigungsschein hat, Flüchtlinge ebenso wie ehrenamtliche Helfer.

Ein Caterer bringt das Essen, auf Porzellantellern, um die Müllproblematik einigermaßen in den Griff zu bekommen. Für die Mahlzeiten wird ein Zelt aufgestellt, in dem 100 Menschen gleichzeitig essen können. Die Unterbringung selbst wird aus Platzmangel eher spartanisch ausfallen, jeder Asylbewerber erhält ein Bett und einen Stuhl. "Bitte also keine Möbel- oder Kleiderspenden, dafür ist schlicht kein Platz", betonte Eichelmann.

Die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft und im Camerloher-Gymnasium ist groß. Eine Lehrerin erzählte, "von den 900 Schülern möchten 700 etwas tun". Die Schule selbst könne das allerdings nicht koordinieren, kritisierte sie, weshalb sie sich das vom Landratsamt wünschte.

Das aber ist nicht nur personell problematisch. "Die Menschen haben in der Turnhalle keine Intimsphäre, da können nicht einfach Gruppen hineinmarschieren", betonte Eichelmann. Wer helfen wolle, solle das regelmäßig tun, sonst helfe es wenig.

Das gelte auch für die Deutschkurse, die wichtigste Hilfe, die man leisten könne. "Deutschkurse stehen und fallen mit den Ehrenamtlichen", unterstrich Eichelmann, weil es dafür kein hauptamtliches Personal gebe. Dabei sei es aber trotzdem wichtig, einen gewissen Standard zu wahren. "Die Leute wollen alle arbeiten und das steht und fällt mit ihren Deutschkenntnissen", sagte Eichelmann.

Das Procedere bei den Deutschkursen läuft in der Regel so ab, dass das Landratsamt für Räume sorgt und Freiwillige sich in Listen eintragen und entsprechend ihrer Zeit regelmäßige Stunden anbieten.

Die Räume für den Deutschunterricht der Turnhallen-Flüchtlinge werden voraussichtlich bei der Arbeiterwohlfahrt sein, im evangelischen Gemeindehaus in der Saarstraße und bei der Deula-Schule, auch in St. Georg ist angefragt. Auf die Schulen will man nicht zugehen, hier soll der Betrieb so wenig wie möglich gestört werden.

Eichelmann warnte auch vor Enttäuschungen, zum Beispiel, wenn nicht alle Flüchtlinge regelmäßig oder rechtzeitig zum Unterricht kämen: "Die haben eine andere Zeitauffassung, das hat nichts mit Missachtung zu tun, ist aber am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig." Noch weiß niemand, aus welchen Ländern die Flüchtlinge kommen und ob es sich um alleinstehende Männer oder Familien handelt. "Wenn wir Glück haben, erfahren wir es zwei Tage davor, es kann aber auch am gleichen Tag sein", erklärte Eichelmann.

Freizeitvergnügungen oder Sport sind, so weiß die Sozialpädagogin, zumindest am Anfang nicht so gefragt. "Die Leute wollen erst mal zur Ruhe kommen, sich sortieren und schauen, was kann ich machen. Von den gut 800 Asylbewerbern im Landkreis trieben derzeit gerade mal 30 aktiv Sport, dämpfte Eichelmann die sprudelnden Ideen.

Die Anregung, eine Art schwarzes Brett in der Unterkunft aufzuhängen, nahm sie jedoch auf. Am Ende des Abends waren es jedenfalls mehrere Listen mit Namen und Mailadressen, die kursieren. Was genau die Flüchtlinge dann brauchen, wird man erst am 1. Juli abschätzen können.

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